Fünf für München:Freudig, süffig, schläfrig

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Désirée von Bohlen, die Gründerin von Desideria Care, mit Barbara Lange (rechts). Die Freisingerin hat ihren demenzkranken Vater preiswürdig fotografiert. (Foto: Willi Schneider/People Picture)

Barbara Lange hat ihren alten Vater mit der Kamera begleitet, Carl Mielau drängt mit einer jungen Vodka-Marke auf den Markt - die Münchnerinnen und Münchner der Woche.

Von Sabine Buchwald und Sonja Niesmann

Gerne erfreuen

Das Foto ist entstanden während eines Spaziergangs auf Teneriffa. Der Hintergrund ist eine Hauswand, unten dunkelgrau, oben weiß angemalt, darüber mit zartem Strich ein stilisierter Papierflieger aufgezeichnet. Barbara Lange, 55, sah die Wand und bat ihren Vater, sich so aufzustellen, als ob er das angedeutete Flugobjekt werfen würde. "So, wie man in Pisa den Leuten sagt, sie sollen den schiefen Turm stützen." So habe sie dem Vater ihre Intention erklärt, sagt Lange. Der Vater aber versteht nicht gleich. Aber er versteht, dass es ein schönes Foto werden soll, das die Tochter Freunden zeigen möchte, damit sie sich freuen. "Dass andere sich freuen, das hat ihn überzeugt", erzählt Lange weiter. Den Anspruch, etwas zu verstehen, habe ihr Vater nicht mehr, Hauptsache, es fühle sich nach Spaß an. Also machte er mit.

Der Vater vor einer Wandzeichnung: das Siegerfoto von Barbara Lange. (Foto: Barbara Lange)

Der Vater, früher Abteilungsleiter bei einem IT-Konzern, ein Tüftler und genauer Mensch, hatte einen Schlaganfall. Er ist nicht mehr der, der er einst war. Geblieben aber sei ihm die Freude, anderen eine Freude zu machen. Die "Leichtigkeit" des Fotos hat die Jury begeistert. Barbara Lange aus Freising hat den mit 2000 Euro dotierten ersten Preis in der Kategorie Amateure des "Desideria-Care-Preis für Fotografie" gewonnen. "Demenz neu sehen" ist das Motto des zum ersten Mal veranstalteten Wettbewerbs. 450 Bilder waren eingereicht worden. Die meisten sind im Familienkontext entstanden. Kranke Menschen zu fotografieren ist heikel, das wissen die Initiatoren von Desideria Care. Aber es sei "ein Thema, das nach Öffentlichkeit und Fortsetzung schreit." Informationen unter: www.demenzneusehen.de

Gut stapeln

Carl Mielau (rechts) und sein Vater Marc Mielau verwirklichten einen Business-Traum: eine eigene Vodka-Marke. (Foto: Markus Kluska/Studio Mierswa-Kluska)

Noch als Schüler und noch nicht volljährig bastelte Carl Mielau an einem Flaschendesign und einem Business-Plan. Nun ist er 19, hat seine Vorstellung verwirklicht - und darf auch trinken, was er verkauft. Im Mai brachte Mielau mit Unterstützung seines Vaters Marc Mielau einen Bio-Vodka auf den Markt, in einer Flasche, die sich stapeln lässt. Drei Zahlen zieren das Etikett: 145 (sprich: One Four Five), denn Vodka soll erstmals amtlich im Jahr 1405 im ehemaligen Königreich Polen erwähnt worden sein. Die in München destillierte Spirituose wurde mit dem Goldenen DLG-Preis 2022 ausgezeichnet.

Natürlich ruhen

Das Beschicker-Ehepaar Theresia und Peter Heim ist seit 25 Jahren mit seinen Kissen auf den Auer Dulten zu finden. Für ihr Engagement wurden sie jetzt ausgezeichnet. (Foto: Studio Liebhart/imago/STL)

Der Schlaf ist als Thema so alt wie das Leben, und doch scheint es so aktuell zu sein wie nie zuvor. Wie man gut schläft, ist zur Wissenschaft geworden. Theresia und Peter Heim, 87 und 85 Jahre alt, beschäftigen sich seit Jahrzehnten damit, ihre Erkenntnisse aber sind nicht akademischer Art. Sie produzieren in ihrem Münchner Betrieb Dinkel- und Hirsespreukissen, die Kieselsäure enthalten. Diese soll unter anderem die Wärmebildung im Körper anregen und die Abwehrkräfte stärken. Das Paar verkauft seine Naturprodukte auf Christkindlmärkten und seit 25 Jahren auf den Auer-Dulten. Dafür wurden die beiden soeben von der Stadt München geehrt.

Klug improvisieren

LMU-Professor und Traumaexperte Willi Butollo. (Foto: Alessandra Schellnegger)

"Welchen Stellenwert hat Improvisationskunst in einer Welt, in der Wandel die einzige Konstante ist?" Dieser Frage gehen die Schauspieler des Münchner Fastfood-Theaters in den kommenden Wochen nach. 30 Jahre und mehr als 4500 Aufführungen liegen hinter dem Ensemble um Karin Krug und Andreas Wolf. In ihrem Jubiläumsjahr setzt die Gruppe weiterhin auf Improvisation - niveauvoll und klug. Den Jubiläumsendspurt werden sie nun zusammen mit Gästen gestalten. Dem konstanten Wandel spielerisch zu begegnen und dem Publikum neben Unterhaltung auch Hilfestellungen mitzugeben, das ist die Intention der anstehenden Veranstaltungen unter dem Titel "Relevanz". Hierfür hat das Fastfood-Theater Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft eingeladen. "Angst hemmt, Trauma macht stumm, spontane Impulse helfen über Grenzen." Dies ist der Ansatz von Traumatherapeut Willi Butollo, Professor am Lehrstuhl für Psychologie und Leiter der Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie an der LMU. Er spricht am Sonntag, 13. November, im Neuhauser Trafo. Eine Woche später, also am 27. November, fragt die Arbeits- und Organisationspsychologin Gesine Hofinger: "Welche Rolle spielt Improvisation, wenn Notfallpläne nicht mehr greifen?" Zum Abschluss kommt die Ernährungswissenschaftlerin und emeritierte Professorin Hannelore Daniel am 11. Dezember ins Einstein Kultur. Sie weiß, wie unser Körper auf Nahrung reagiert, was gut tut und was nicht. "Improvisation kann nährend sein, weil sie uns Freiheit schenkt", wissen die Impro-Schauspieler. Infos und Karten unter www.fastfood-theater.de.

Schön singen

Nun schon zum 35. Mal hat der Münchner Konzertverein seinen August-Everding-Musikwettbewerb veranstaltet. Unter 52 Bewerbungen im Fach Gesang hat die Jury drei Finalistinnen und Finalisten ausgewählt, die sich in der Allerheiligen-Hofkirche der Residenz um die ausgelobten Preisgelder, insgesamt 20 000 Euro, bewarben. Der erste Preis - 7000 Euro, gespendet von der LfA Förderbank Bayern - ging an Maria Hegele. Der zweite Platz - 5000 Euro, gespendet von der Kurt-Redel-Stiftung - ging an Gerrit Illenberger und der dritte Preis - 3000 Euro von Donner & Reuschel - an Gabriel Fortunas Klitzing. Gerrit Illenberger erhielt außerdem den Publikumspreis, gestiftet vom Rotary-Club München-Hofgarten, er ist mit 5000 Euro dotiert. Unter den letztjährigen Preisträgern des hochkarätigen Wettbewerbs, der den Namen des Gründers der Münchner Theaterakademie trägt, sind Musikerinnen und Musiker wie der Flötist Michael Kofler, die Geigerin Isabelle Faust oder die Pianistin Ragna Schirmer.

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