Genossenschaftliches Bauen in Freising:Das beste Konzept zählt

Lesezeit: 3 min

Genossenschaftliches Bauen ist am Steinpark vorgesehen. Bis die Wohnungen bezugsfertig sind, wird es aber noch eine Weile dauern. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Freisinger Initiative FreiSam hat sich mit der Münchner Wohnbaugenossenschaft Wagnis einen erfahrenen Partner gesucht und bewirbt sich um ein Grundstück im Steinpark, um preisgünstigen Wohnraum und neue Formen des Zusammenlebens anbieten zu können.

Von Peter Becker, Freising

"Wie Menschen denken und leben, so bauen und wohnen sie." Legt man dieses Zitat des Ästhetikers Johann Gottfried von Herder aus seinen Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit zu Grunde, dann könnte aus dem Vorhaben der Freisinger Initiative FreiSam und der Münchner Wohnbaugenossenschaft Wagnis im Norden von Freising ein richtiges Vorzeigemodell entstehen. Diese Partner bekunden Interesse an einem Grundstück im Freisinger Steinpark, für das die Stadt genossenschaftliches Bauen und Wohnen fördern will.

FreiSam und Wagnis werden nicht die einzigen potenziellen Bewerber sein. "Das generelle Interesse ist groß", bestätigt Pressesprecherin Christl Steinhart für die Stadt Freising, ohne Namen von Mitbewerbern zu nennen. Dies gehe aus den Anmeldungen für eine Online-Infoveranstaltung an diesem Dienstagabend hervor. Christine Grosse, bei Wagnis zuständig für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit, teilte per Presseinformation mit, dass die Freisinger Interessenten für das Genossenschaftsprojekt einen starken, erfahrenen Partner gesucht hatten. Der Anfrage stimmten Vorstand und Aufsichtsrat der Wohnbaugenossenschaft vor Kurzem zu.

Newsletter abonnieren
:SZ Gerne draußen!

Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.

"Wir können das Projekt nicht alleine stemmen"

"Wir haben das Projekt nicht alleine stemmen können", begründet Stefan Hotop, Ansprechpartner der Gruppe FreiSam, das Vorgehen. Diese hatte sich unter den Genossenschaften im Umland umgesehen und sich schließlich für die Wohnbaugesellschaft Wagnis entschieden. "Deren Leitbild hat mit unseren Ideen zusammengepasst", sagt Hotop. Im Januar sei dann der Zusammenschluss für eine gemeinsame Bewerbung besiegelt worden.

Die Gruppe FreiSam besteht aus 40 Personen aus Stadt und Landkreis Freising. "Wir haben uns auf die Bezeichnung Bürgerinnen und Bürger von Freising geeinigt", sagt Hotop und fügt zur Erklärung hinzu, dass wohl nur jemand wie eine echte Freisingerin oder ein echter Freisinger empfinden könne, wenn sie oder er auch dort geboren sei. "Wir haben unseren Lebensmittelpunkt hier", begründet Hotop diese Wortwahl. Gefunden hat sich die Gruppe über ein Padlet, eine digitale Pinnwand, welche die Stadt ins Internet gestellt hatte.

Bewerber müssen drei Jahre in Freising gewesen sein

Hintergrund ist, dass die Stadt für den Steinpark zusammen mit der Stattbau München GmbH ein Konzeptvergabeverfahren für genossenschaftlichen Wohnungsbau gestartet hat. Dabei sollen etwa 80 Wohnungen in fünf Gebäuden entstehen. "Für die Vergabe eines Grundstücks ist in diesem Verfahren nicht das höchste Preisgebot entscheidend, sondern das beste Konzept für diesen Ort", hatte die Stattbau München angekündigt. Es sollen vor allem Einheimische zum Zug kommen. Das heißt, Bewerberinnen und Bewerber müssen mindestens drei Jahre in Freising gewohnt, gelebt, gearbeitet oder ein Ehrenamt inne gehabt haben.

"Um mit einem erfahrenen Partner eine gemeinsame Bewerbung zu realisieren, ist FreiSam auf die Münchner Genossenschaft Wagnis zugegangen", schreibt Christine Grosse in der Pressemitteilung. Diese Wohnungsbaugesellschaft ist vor 21 Jahren in München gegründet worden. Sie zählt mittlerweile 3800 Mitglieder und hat seit ihrem Bestehen sieben Projekte mit etwa 600 Wohnungen gebaut.

Freising
:Sozial bunt gemischt

In fünf Gebäuden im Steinpark soll günstiges Wohnen möglich sein. Nun müssen sich genügend Leute zusammenfinden, um sich ein gutes Konzept zur Gründung einer Genossenschaft einfallen zu lassen.

Von Alexandra Vettori

"Nicht nur billig zusammenleben"

"Die Häuser zeichnen sich nicht nur durch nachhaltige Bauweise aus, sondern bieten zahlreiche Gemeinschaftsräume an und fördern mit vielfältigen Angeboten die Vernetzung im Viertel", heißt es in der Presseinformation. Darauf legt FreiSam besonderen Wert. "Wir wollen nicht nur billig zusammenleben", betont Hotop.

Christine Grosse beschreibt die Vorteile für die künftigen Bewohnerinnen und Bewohner. "Sie erhalten sicheren preisgünstigen Wohnraum und müssen keine Eigenbedarfskündigung befürchten." Und sie könnten ihr künftiges Umfeld mitgestalten. Diese Chance, neue Formen des Zusammenlebens darzustellen, sieht auch Hotop. Man könne sicher leben, ohne aber Eigentümer zu sein, sagt er. Der genossenschaftliche Wohnungsbau wird auf Erbpacht vergeben. Die Laufzeit beträgt 80 Jahre. Was Hotop wichtig ist: "Wir beteiligen uns nicht an Spekulationen", sagte er mit Hinblick auf die Preise, die normalerweise für Wohnraum in Freising verlangt werden.

Generationenübergreifendes, nachhaltiges und inklusives Wohnen

Zu den Ideen, die FreiSam vorschweben, gehören etwa ein Café auf einer Dachterrasse oder ein Zentrum für Gemeinsamkeit. Denn auch die anderen Bewohner des Steinparks werden willkommen sein. Bei den Häusern selbst wird Wert auf ressourcenschonendes Bauen gelegt. Sie sollen langlebig sein. Im Inneren soll ein angenehmes Raumklima herrschen. Photovoltaik steht natürlich auf der Agenda. Die zur Verfügung stehenden Autos für das Carsharing sollen mit selbst produziertem Strom geladen werden. Schließlich sei es FreiSam ein Anliegen, die Anzahl der Autos pro Person zu reduzieren.

Der Inklusionsgedanke ist ebenso berücksichtigt, sowohl was ein behindertengerechtes Wohnen anbelangt als auch ein generationsübergreifendes Zusammenleben. Die Altersstruktur von FreiSam umfasst Studenten ebenso wie junge Familien oder Menschen an der Schwelle zum Rentenalter. "Möglicherweise haben ja ältere Menschen Spaß daran, sich um die Kinder einer alleinstehenden Mutter zu kümmern", sagt Hotop. Bis es soweit ist, dauert es allerdings noch eine Weile. Die Wohnungen sollen erst 2026 bezugsfertig sein.

© SZ vom 16.02.2022 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusAmpel-Koalition
:Woran die Wohnungsbauoffensive scheitern könnte

Bauministerin Klara Geywitz will die Mieten in vielen Städten wieder erschwinglich machen. Aber klimaneutrales Bauen ist teuer - und Geld ist bei Weitem nicht das einzige Problem.

Von Roland Preuß

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: