Festival:Filmische Liebeserklärungen

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In ihrem neuen Spielfilm "Treasure" spürt Regisseurin Julia von Heinz den Auswirkungen des Holocaust auf nachfolgende Generationen nach. (Foto: Anne Wilk)

Werke zwischen gestern und heute: Was Filmschaffende aus Bayern auf der Berlinale zeigen.

Von Josef Grübl

Der Blick geht zurück ins Jahr 1968, in ein Münchner Mädchengymnasium. Dort will der Jungregisseur Edgar Reitz über die Geschichte und Ästhetik der Filmkunst lehren. Ziel des Kurses ist, dass die Mädchen eigene Super-8-Kurzfilme schreiben, drehen und schneiden. 55 Jahre später treffen sich der Lehrer und seine Schülerinnen von einst wieder: Der Dokumentarfilm "Filmstunde 23" ist als filmische Liebeserklärung angekündigt, seine Premiere feiert er bei der Berlinale. Das bedeutendste Filmfestival Deutschlands wird am 15. Februar eröffnet. Der mittlerweile 91-jährige Reitz will auch nach Berlin fahren, neben der Premiere des neuen Films (den er in Co-Regie mit Jörg Adolph realisierte) steht eine Ehrung an: Das Festival zeichnet ihn mit der Berlinale Kamera aus, einem Preis für Persönlichkeiten, die sich um das Filmschaffen besonders verdient gemacht haben.

Reitz verknüpft in seinem Film Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit, er schaut nach vorn, zur Seite und zurück. Seine Kollegin Julia von Heinz, Regisseurin und HFF-Professorin, versucht etwas Ähnliches: In ihrem neuen Spielfilm "Treasure" geht es um die Auswirkungen des Holocaust auf nachfolgende Generationen. Sie erzählt von einer Amerikanerin, die in den Neunzigerjahren mit ihrem Vater nach Polen reist, um die Orte zu sehen, in denen ihre im Holocaust ermordeten Familienmitglieder einst lebten. Der Spielfilm ist eine Koproduktion des Bayerischen Rundfunks, gezeigt wird er in der Reihe "Berlinale Special Gala". Ebenfalls als Berlinale Special soll der neue Film des Amerikaners Abel Ferrara uraufgeführt werden: "Turn in the Wound" ist ein Werk, das die Musik von Patti Smith mit Bildern aus dem Ukraine-Krieg verbindet. Der Münchner Philipp Kreuzer hat den Film produziert.

In der Reihe "Forum" feiert der zwischen Realität und Fiktion, Musical und Theater angesiedelte Film "Shahid" Premiere: Die aus Iran stammende und an der HFF München ausgebildete Regisseurin Narges Kalhor erzählt darin genreübergreifend von sich selbst, ihrem Urgroßvater und einem bayerischen Kreisverwaltungsreferat. An der HFF studiert hat auch Eva Trobisch, die sechs Jahre nach ihrem gefeierten Debütfilm "Alles ist gut" in Berlin ihren zweiten Spielfilm vorstellt: "Ivo" erzählt die Geschichte einer Krankenpflegerin, die sich in den Partner einer sterbenden Patientin verliebt. Die Hauptrollen spielen Minna Wündrich, Pia Hierzegger und Lukas Turtur, der Film läuft in der Reihe "Encounters".

Die Retrospektive "Das andere Kino" widmet sich Filmen aus dem Archiv der Deutschen Kinemathek, darunter "Die endlose Nacht" von Will Tremper, "Fegefeuer" von Haro Senft oder "Supermarkt" von Roland Klick. Es ist ein Blick in die Vergangenheit, in die damalige Zukunft des Kinos.

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