SZ-Pflegekolumne: Auf Station, Folge 50:Schleifen und Polieren von Kompetenzen

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Einen Meistertitel erhält man in vielen Handwerksberufen meistens nach einer zwei- bis dreieinhalbjährigen Weiterbildung. (Foto: Christian Endt)

Fachweiterbildungen in der Pflege bedeuten zwei Jahren harte Arbeit und zwölf Prüfungen. Der Titel einer Fachpflegekraft, wie Pola Gülberg eine ist, unterscheidet sich dennoch von einem Meister in Handwerksberufen.

Protokoll: Johanna Feckl, Ebersberg

Auf einer Intensivstation arbeitet Pflegepersonal mit unterschiedlichen Qualifikationen. So gibt es examinierte Kräfte, die eine dreijährige Grundausbildung in der Pflege absolviert haben. Darüber hinaus gehören noch Fachpflegekräfte, wie auch ich eine bin, zum Team: Wir haben nach unserer Grundausbildung noch eine zweijährige berufsbegleitende Fachweiterbildung im Anästhesie- und Intensivbereich abgeschlossen. In Ebersberg ist das Verhältnis fast 50 zu 50.

Die Voraussetzungen für die Bewerbung auf einen Platz in einem Fachkurs sind neben einer abgeschlossenen Grundausbildung mindestens ein halbes Jahr Erfahrung im Intensivbereich. Wer eine Zusage erhält, kann loslegen - für mich war das Anfang 2019 so weit. Die Kurse absolvieren wir zusammen mit Kollegen aus der Anästhesie, denn Notfallkompetenz und Wissen über Sedierungs- und Beatmungsmöglichkeiten benötigen wir auf beiden Seiten.

Die Fachweiterbildung besteht aus einem Drittel Theorie, die sowohl im Unterricht als auch im Selbststudium absolviert wird. Der Unterricht ist in sieben Module aufgeteilt, wovon jedes mit einer Prüfung abgeschlossen wird. Der praktische Teil besteht aus mindestens 1000 Arbeitsstunden im Intensiv- und 500 Stunden im Anästhesie-Bereich. In einem Anleitungstag pro Monat werden Sachverhalte aus der alltäglichen Arbeit vertieft, außerdem findet dort die Vorbereitung auf die insgesamt fünf praktischen Prüfungen statt. Der letzte Tag der Weiterbildung besteht aus einer mündlichen Prüfung, in der Fallbeispiele abgefragt werden.

Intensivfachpflegerin Pola Gülberg von der Ebersberger Kreisklinik. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Während der Weiterbildung hatte ich viele "Aha-Momente". Meine Grundausbildung lag zu dem Zeitpunkt 17 Jahre zurück. Nach einer solch langen Zeit ist manch ein Detail nicht mehr griffbereit, zum Beispiel der kleinteilige Aufbau der Galle. Die gesamte menschliche Physiologie und Anatomie noch einmal intensiv zu thematisieren, hat mir einen Push für meine Arbeit gegeben. Ich erkenne und verstehe ganzheitliche Zusammenhänge nun besser, besitze mehr Background zu jedem meiner Handgriffe. Das ermöglicht mir mehr Sicherheit in meiner Arbeit. Entsprechend trete ich selbstbewusster auf, was sich positiv auswirkt, wenn ich einem Arzt oder einer Ärztin eine Behandlungsmethode vorschlage.

Fachweiterbildungen gibt es viele, zum Beispiel in der Notaufnahme, im OP- sowie im Palliativ-Bereich oder in der Psychiatrie - das kann sich von Bundesland zu Bundesland unterscheiden. Sie sind jedoch nicht vergleichbar mit Titeln anderer Berufszweige, etwa einem Meister im Handwerk. Ein Meister darf im Gegensatz zu einem Gesellen etwa einen eigenen Betrieb führen und verdient wesentlich mehr. Wir Fachpflegekräfte hingegen machen keinen großartigen Gehaltssprung. Die Fachweiterbildung bei uns ist wie ein Schleifen und Polieren der Kompetenzen, die wir bis dahin durch Grundausbildung und Berufserfahrung erlangt haben.

Pola Gülberg ist Intensivfachpflegerin. In dieser Kolumne erzählt die 37-Jährige jede Woche von ihrer Arbeit an der Kreisklinik in Ebersberg. Die gesammelten Texte sind unter sueddeutsche.de/thema/Auf Station zu finden.

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