Ebersberger Forst:Die neuen Wirtsleute an der Hohenlindener Sauschütt

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Veronika und Werner Schmidt sind die zweitjüngsten Wirte seit der Ersteröffnung der Gastronomie an der Sauschütt 1954. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Veronika und Werner Schmidt übernehmen den Biergarten. Öffnen dürfen sie ihn wegen Corona noch nicht - dennoch werden ihre Gäste verköstigt.

Von Korbinian Eisenberger, Hohenlinden

Damit der Schweinsbraten gelingt, ist die richtige Einstellung entscheidend. Der Kombidämpfer muss punktgenau programmiert sein. In den vergangenen Wochen haben sie diese Küche neu eingerichtet: Veronika und Werner Schmidt ließen die Fliesen erneuern und verpassten der Theke einen wasserfesten Aufsatz in Holzoptik. "Die komplette Elektronik und Wasserleitung, das ist alles neu", sagt Werner Schmidt. 30 000 Euro haben die beiden dafür investiert. "Es fehlt nur noch die Lüftung." Sie muss noch korrekt angeschlossen werden, ehe der Kombidämpfer loslegen kann.

Alles eine Frage der Einstellung. "Viele haben gesagt, dass jemand die Sauschütt weiter machen müsste", sagt Werner Schmidt. "Wir haben gesagt, pack ma's an." So kommt es, dass Veronika und Werner Schmidt die neuen Wirte an der Hohenlindener Sauschütt werden. Anders als 2020 soll der dortige Waldbiergarten dieses Jahr also wieder bewirtschaftet werden. Die Schmidts haben den Vertrag mit dem Forstbetrieb Wasserburg bereits unterzeichnet, wie deren Leiter Heinz Utschig bestätigt. 16 Monate nach dem bis dato letzten Öffnungstag der Gaststätte soll die Wirte-Tradition dort nun eine Fortsetzung finden. Und zwar mit dem jüngsten Ehepaar seit der Ersteröffnung der Gaststätte im Jahr 1954.

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Nieselwetter über dem Ebersberger Forst, auch an solchen Tagen sieht man die Schmidts mit ihren Kindern auf dem Areal der alten Gaststätte herumwuseln. Anders ist an diesem Dienstagmittag nur, dass beide fürs Foto Tracht tragen - ihre künftige Arbeitskluft, wenn im Biergarten Gäste sitzen. Nun, da sich nur vereinzelte Spaziergänger im Wald bewegen, steht Werner Schmidt an seiner Ausschankbude und erzählt von früher, wie er als kleiner Bub mit seinem Radl um die Sauschütt sauste und die Wildschweine beobachtete. Mit 34 Jahren ist der Forstinninger zwei Jahre älter als der seiner Zeit erste Wirt der Sauschütt, Rudolf Schierl aus Hohenlinden. Veronika Schmidt, 30, steht jetzt mit ihrem Mann in der Schänke neben den Zapfhähnen. Ein fast schon vergessenes Bild.

An sonnigen Wochenenden ist hier gut zu sehen, wie sehr es die Menschen an diesen Ort drängt. "Die Autos stauen sich dann bis raus zur Hauptstraße", sagt Werner Schmidt. Seine Beobachtung: Am Samstag kommen die Menschen von überall her: München, Ingolstadt, "teilweise bis aus dem Freisinger Hinterland", sagt er. Nummernschilder sind dafür ein guter Indikator. Der Sonntag ist dann eher der Tag der Einheimischen aus dem Kreis Ebersberg und der näheren Umgebung. Die Menschen nehmen die Anfahrt aber nicht nur wegen des Waldlehrpfades und der guten Luft in Kauf. Sie kommen auch, weil sie wissen, dass Werner Schmidt dort am Wochenende seine Würstlbude aufgebaut hat.

Man könnte auch sagen, dass ihm diese Menschen die Bude regelrecht einrennen, sobald er den Laden öffnet und der Duft von Bratwürsten, Pommes und Fleischbällchen über den Parkplatz weht. Werbung, sagt Schmidt, brauche er wahrlich keine. Seine Botschaft an die Waldbesucher ist von anderer Natur. Er freue sich über jeden Gast. "Die Leute müssen aber ihren Müll mitnehmen", sagt er. Dem Sauschüttgelände mit dem Wildschweingehege ist bisweilen allzu gut anzusehen, dass es sich um das Freizeitzentrum in einem der größten Wälder Südbayerns handelt: Taschentücher, Hundekotbeutel, Plastikverpackungen. "Das ist das Hauptproblem."

Solange die Pandemieregeln geöffnete Biergärten untersagen, werden die Schmidts ihrem aktuellen System treu bleiben: Coffee to stay - statt to go. Die Getränke und Speisen aus dem Imbiss reicht Werner Schmidt stets in Mehrweg-Geschirr. Die Schalen für Würstl, Pommes und Co. sind aus stabilem Kunststoff, die Kaffee-Becher aus nicht minder robustem Bambus. Dieses umweltfreundliche System funktioniert gut, solange die Leute ihr Geschirr zurück bringen. Schmidt sagt: "Wir erwarten von unseren Gästen ein Bewusstsein für den Wald."

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An der Außenwand des Nebengebäudes mit der neuen Küche hängt ein Banner der Brauerei Ayinger. Ein Überbleibsel und Hinweis darauf, was sich im Dunstkreis dieses prominenten Gebäudes vergangenes Jahr abspielte. Nachdem die langjährigen Wirtsleute den Betrieb mit dem 31. Dezember 2019 einstellten, entwickelte sich die Neubesetzung zu einem Durcheinander mit Stoff für eine Seifenoper. Es fand sich zwar schnell ein neuer Wirt aus Ebersberg - der passte aber nur der damaligen Brauerei Wildbräu, nicht aber den Staatsforsten als Eigentümer. So wurden die fünfstelligen Investitionen des Ebersbergers obsolet - und dessen Vertrag ungültig.

Das Ayinger-Banner fand seinen Weg an die Sauschütt-Wand, weil die Brauerei Wildbräu und der Forstbetrieb in Folge der Querelen ihre Zusammenarbeit nach mehr als 30 Jahren beendeten. Ayinger (Kreis München) übernahm. Der zweite Kandidat, ein Münchner Gastronom, war nun zwar von der neuen Brauerei und dem alten Eigentümer akzeptiert - bekam aber mitten in der Corona-Krise Schwierigkeiten bei der Beschaffung einer Zulassung. So scheiterte auch dieses Engagement. Die Schmidts starten nun den dritten Versuch.

Am Wochenende sind an der Sauschütt in diesen Tagen alle Parkplätze belegt. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Werner Schmidt steht in seiner Würstlbude und lässt Milchkaffee aus seiner Maschine, während zwei seiner vier Töchter um ihn herwuseln. Auch die Kinder sind an sonnigen Sonntagen hier, wenn der Papa den Waldgästen Essen zubereitet. Die Älteste erzählt, dass sie dann die jungen Frischlinge beobachte - und dass es zur Stärkung bisweilen eine Portion Pommes für sie vom Papa gibt. Jetzt, wo die Fritteuse so kalt ist wie der Wind, begnügt sie sich mit einem Fruchtsaft.

Der Kiesboden hat seit längerem keine Biertischgarnituren mehr getragen. Wann sie hier Gäste auf Bänken empfangen dürfen? Hoffentlich bald, sagen beide. Ihr Vertrag gilt befristet bis Oktober 2021 vorerst. Ob sie dann auch das Gasthaus übernehmen? "Wir haben uns dafür beworben", sagt Veronika Schmidt. Bis zur Entscheidung der Staatsforsten wollen die Schmidts im Biergarten "bayerische Hausmannskost mit einem modernen Touch" servieren. Und zweierlei Bier: das Benediktiner aus Ettal und von Schweiger aus Markt Schwaben. Noch ist das Wissen vorhanden, wie ein Humpen Fassbier in Geleit einer Portion Schweinsbraten von der Küche auf einen Biertisch gelangt.

Geplante Öffnungszeiten des Biergartens: Mittwoch bis Freitag 14 bis 22 Uhr, Samstag und Sonntag 10 bis 22 Uhr. Am 1. Mai gibt es an der Würstbude Steckerlfisch, am 2. Mai Hendl, an beiden Tagen Ochsenfetzensemmeln. Alles zum Mitnehmen auf Vorbestellung unter (0151) 42179686.

© SZ vom 23.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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