Digitalisierung:Daten gegen Krisen

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Die Kosten für das Abwassermonitoring, das Oberstveterinärin Katalyn Roßmann hier Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek vorstellt, bekommt der Landkreis dank Förderung komplett erstattet. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Während der Corona-Pandemie hat der Landkreis Ebersberg digital stark aufgerüstet. Das könnte auch wichtig für die Zukunft werden.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Ein Landratsamt steht traditionell nicht gerade im Verdacht, der Digitalisierung besonders zugeneigt zu sein. Das jedoch ist in der Ebersberger Kreisbehörde - zumindest seit Ausbruch der Corona-Pandemie - komplett anders. Statt auf Faxgeräte setzt man dort auf virtuelle Dashboards, statt staubigen Aktenordnern gibt es technische Toolboxen. Digitale Lageführung nennt sich das, was der Landkreis in den vergangenen Monaten zusammen mit der Bundeswehr etabliert und sich damit eine Vorreiterrolle in ganz Deutschland erarbeitet hat. Vom Krisenmanagement in der Region wollte sich nun auch der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) ein Bild machen.

Zu der Veranstaltung im Landratsamt hatte dessen Parteikollege und Landtagsabgeordneter Thomas Huber am Montagvormittag geladen, der das Thema gleich auf den Punkt brachte: Man müsse weg von den traditionellen Eingabe- und Meldesystemen kommen, denn diese seien viel zu zeitaufwendig und fehleranfällig. Deshalb habe der Landkreis eine digitale "Control-Covid-Strategie" entwickelt. Was es damit auf sich hat, erklärte Katalyn Roßmann, Oberstveterinärin der Bundeswehr, die eng mit dem Corona-Krisenstab des Landratsamtes zusammenarbeitet. Man müsse in einer Krise anders reagieren, als in einer stabilen Lage, so Roßmann. "In einer Situation, in der es komplex wird, muss es um das Ziel und den Zweck gehen." Der Landkreis Ebersberg habe sich während der Corona-Pandemie offen und engagiert gezeigt, und sei so zu einer Blaupause für ganz Deutschland geworden.

CSU-Politiker aus allen Ebenen: Landtagsabgeordneter Thomas Huber (von links), Gesundheitsminister Klaus Holetschek, Bundestagsabgeordneter Andreas Lenz und Ebersbergs stellvertretender Landrat Walter Brilmayer. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Roßmann spielte vor allem auf das Dashboard an, das sich am Landratsamt inzwischen etabliert hat. Über dieses digitale Wissens- und Ressourcenmanagement erfasst die Behörde alles, was rund um das Coronavirus in der Region relevant ist: Von den Inzidenzen, über die Belegung von Krankenhausbetten bis hin zu den aktuellen Impfzahlen. Daraus wiederum ließen sich Handlungsempfehlungen für den Krisenstab ableiten, etwa welche Altersgruppe gerade besonders betroffen ist und deshalb gezielt angesprochen werden müsse. Die eingesetzte Software steht laut Roßmann theoretisch in allen Bundesländern zur Verfügung. Ziel sei daher eine flächendeckende Erfassung von Daten, um schnell auf neue Situationen reagieren zu können.

Ein zentrales Werkzeug dabei ist das Abwasser-Monitoring, das im Landkreis Ebersberg seit rund einem Jahr in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität München angewandt wird. Mit dieser Methodik lassen sich Vorhersagen darüber treffen, wie sich das Corona-Infektionsgeschehen in einer bestimmten Gegend entwickeln wird. "Man ist nicht mehr hintendran, sondern kann nach vorne blicken", sagte Roßmann. Außerdem ermögliche das wissenschaftsbasierte Verfahren eine bessere weil glaubhaftere Kommunikation mit der Bevölkerung. Noch kommt das Abwasser-Monitoring erst in wenigen Kommunen zum Einsatz, weitere Interessenten stehen aber bereits in den Startlöchern.

Georg Daser vom Klärwerk der Stadt Ebersberg zeigt ein Testpaket für die Probenentnahme von Abwasser. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Langfristiges Ziel soll eine flächendeckende Datenerfassung "an der Quelle" sein, wie Brigitte Keller, Abteilungsleiterin für Zentrales und Bildung am Landratsamt, sagte. Entsprechende Dashboards könnten demnach auch nach der Corona-Pandemie nützlich werden, etwa bei der Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest oder beim Energiemanagement von öffentlichen Gebäuden. Entsprechende Förderprojekte sind im Landkreis bereits angelaufen und könnten wie die digitale Corona-Bekämpfung als Vorlage für weitere Kommunen in ganz Deutschland dienen.

Von der Ebersberger Affinität für die Digitalisierung zeigte sich auch Gesundheitsminister Klaus Holetschek beeindruckt. Man müsse das Thema Daten in Zukunft anders begreifen, sagte er. "Corona hat gezeigt, dass wir hier Nachholbedarf haben." Er werde deshalb die weiteren Entwicklungen im Landkreis Ebersberg aufmerksam verfolgen.

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