Brenner-Nordzulauf:Die Gleise werden trotz Protest kommen

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Die zweigleisige Bestandsstrecke zwischen Grafing-Bahnhof und Aßling, hier ein Kilometer nördlich von Aßling, unterhalb von Lorenzenberg. (Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Trotz demonstrativer Einigkeit der Ebersberger Politiker werden sich die Menschen in Grafing, Kirchseeon und Aßling mit diesem Gedanken anfreunden müssen.

Kommentar von Korbinian Eisenberger

Der Ostalpen-Pass "Brenner" stand für die Menschen in Bayern trotz phonetischer Hinweise nie für einen Feuerleger. Eher fürs Durchbrennen: hinaus aus dem kühlen Bayernland, hinein ins warme Italien. Der Begriff "Brenner" war über den Großraum München hinaus ein Signalwort für Urlaub, Sommer, Sonne, Hitze. Für viele ist der Brenner das bestimmt nach wie vor. Doch südöstlich von München hat der Ostalpen-Pass einen neuen Ruf bekommen.

So gern man die Brenner-Autobahn hatte - so wenig schätzt man dort die Aussichten auf einen Brennerbasistunnel und seine Ausläufer. 150 Kilometer weiter nördlich sollen in zehn Jahren 240 statt bisher 100 Güterzüge durchfahren. Im dort gelegenen Landkreis Ebersberg sollen zu diesem Zweck zusätzliche Eisenbahnschienen verlegt werden. Genauer durch die Gemeindegebiete von Grafing, Kirchseeon und Aßling.

Wie oft in solchen Fällen ist nachvollziehbar, dass sich die Vorfreude der Betroffenen in Grenzen hält. Das eigene Daheim ist wahrscheinlich den allermeisten Menschen auf dieser Erde, die ein solches Daheim haben, wichtiger als fast alles andere. Und so haben sich die Ebersberger Kreispolitiker nun zu einer Art überparteilicher Allianz für die Interessen der Leute in Gleisnähe vereint. In Grafing, Aßling und Kirchseeon wird man das begrüßen. Es ist ein durchaus deutliches Signal, das Einigkeit demonstriert. Nicht weniger, aber auch nicht viel mehr.

So sehr man die Fraktionen für ihr aufrichtiges Bemühen lobend erwähnen darf, muss klar sein, dass sich der Einfluss eines Kreisausschusses wo auch immer arg in Grenzen hält. SPD-Fraktionssprecher Albert Hingerl benannte es präzise: Auch wenn das Ebersberger Gremium sich mitverantwortlich fühlt, es ist nicht zuständig. Das dürfte man in Grafing, Kirchseeon und Aßling nun weniger gerne hören. Und trotzdem ist es gut, wie es ist.

Heiliger Sankt Florian, verschon' mein Haus, zünd' and're an. So schnell wird der Brenner vom Urlaubs-Nadelöhr zum Feuerteufel degradiert. Das ist legitim - aber kurz gedacht. Und auch nur im übertragenden Sinn eine Bedrohung. Die realen Feuersbrünste werden mehr. Je mehr Güter per Laster über die Brennerautobahn fahren, desto mehr wird die Klimaerwärmung befeuert. Deswegen braucht es die geplanten Eisenbahnschienen in Grafing oder Aßling - auch wenn Ebersberger Politiker dagegen sind.

Man stelle sich vor, dass zwischen Verona und Vaterstetten jedes kommunale Gremium in Gleisnähe den Daumen heben müsste, um internationalen Großprojekten eine Chance zu geben. Sei es für Handel, Klimaschutz. Oder zum Durchbrennen nach Italien. Es gäbe wahrscheinlich noch nicht mal die Brenner-Autobahn.

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Von Korbinian Eisenberger

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