Dialektforschung:Zwischen Kulturerbe und Blamage

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"Man spricht deutsch": Bei Erwin Löffler alias Gerhard Polt, war das relativ, wenn man es mit der Schriftsprache genau nimmt. Die Szene stammt jedenfalls aus dem gleichnamigen Film aus dem Jahr 1988. (Foto: imago stock&people/United Archives)

Die Bayerische Akademie der Wissenschaften befasst sich mit dem Thema Dialekt. Eine Podiumsdiskussion soll Aufschluss geben. Welche Sprache wird dabei wohl gesprochen werden?

Von Susanne Hermanski

Die Sprache der Akademiker? Kann auch Bayerisch, Fränkisch und Schwäbisch sein. Und wer "nach der Schrift" spricht, ist noch lange nicht unbedingt ein "Saupreiß". Dialekte sind eine faszinierende Angelegenheit, und damit ein ebenso ausgezeichneter wie beliebter Forschungsgegenstand. Die "Dialektologie" als wissenschaftliches Fach gibt es an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (BAdW) - die dem Thema nun eine Podiumsdiskussion widmet - bereits seit 200 Jahren. Seit dem 17. Jahrhundert existieren Dialektwörterbücher. Offizielle Sprachatlanten verzeichnen, wo welcher Schnabel wie gewachsen ist.

Trotzdem hat - wer in den 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Bayern in die Schule gegangen ist, nicht unbedingt ermunternde Worte von seinen Lehrern erhalten, wenn er Dialekt sprach. Damals glaubte man, das wirke sich negativ auf das Erlernen der Schriftsprache aus. Heute dagegen ist das Staatsinstitut für Bildungsforschung gemeinsam mit der BAdW dabei, für Lehrer einen E-Learning-Kurs zum Dialekt im Unterricht zusammenzustellen - denn man glaubt, das Gegenteil dürfte richtig sein: Spricht ein Kind Dialekt und die Standardsprache, erhöht das seine Sprachkompetenz im Allgemeinen und die Fähigkeit weitere - also Fremdsprachen zu lernen.

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Das Vorurteil des Ungebildeten, Rückständigen und Unkultivierten trifft Dialektsprechende zu unrecht - jedenfalls nicht selten. "Personen des öffentlichen Lebens werden zur Zielscheibe für Satire-Sendungen, wenn sie vor der Kamera Antworten geben, die ihre regionale Herkunft erkennen lassen", heißt es in der Ankündigung der Akademie. Nichtsdestoweniger seien "Dialektismen als sprachliche Identitätsmarker gerade in der jüngeren Generation wieder stärker im Trend". Unter Jugendlichen seien Grußformeln der älteren Generationen angesagt: "Habe d'Ehre", "Servus" und "Griaß Gott beisammen!".

Zur Debatte an dem öffentlichen Diskussionsabend, der im Rahmen der 15. Bayerisch-Österreichischen Dialektologen-Tagung stattfindet, stehen Fragen wie: Welche Zukunft hat der Dialekt innerhalb des Spannungsfelds zwischen Kulturerbe und Klischee? Was können Wissenschaft, Medien und Politik zur Bewahrung und Stärkung des Dialekts in der Gesellschaft des 21. Jahrhunderts beitragen? Warum ist es für eine Gesellschaft wichtig, dass sprachliche Vielfalt erhalten bleibt? Auf dem Podium sitzen Bayerns Finanz- und Heimatminister Albert Füracker, die Kabarettistin Franziska Wanninger, der Leiter der wissenschaftlichen Arbeitsstelle "Sprache in Südwestdeutschland", Hubert Klausmann, der Projektleiter des Bayerischen Wörterbuchs, Anthony Rowley und der SZ-Journalist Hans Kratzer.

Dialekt zwischen Kulturerbe und Klischee, öffentliche Podiumsdiskussion, 13. September, 19.30 Uhr, Bayerische Akademie der Wissenschaften Alfons-Goppel-Straße 11, Plenarsaal, 1. Stock

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