Annegret Kramp-Karrenbauer:Die Kümmerin

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Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer unterhält sich in Taschkent mit Soldaten. (Foto: Marc Tessensohn/Bundeswehr/dpa)

Die Verteidigungsministerin nahm in Taschkent die letzten deutschen Soldaten aus Kabul persönlich in Empfang. Es sieht so aus, als wolle sie das Amt über die Wahl hinaus behalten.

Von Robert Roßmann

Es war einer der gefährlichsten Einsätze in der Geschichte der Bundeswehr. Entsprechend erleichtert ist Annegret Kramp-Karrenbauer, dass er ohne Todesopfer unter den deutschen Soldaten zu Ende gegangen ist. "Sie sind alle sicher aus Kabul zurück. Ihr herausragender Einsatz macht uns stolz", twitterte die Verteidigungsministerin am Freitag aus Taschkent. Die usbekische Hauptstadt war Drehscheibe des deutschen Einsatzes in Afghanistan. Und Kramp-Karrenbauer war ihren Soldaten entgegengeflogen. Es sollte ein Zeichen der Verbundenheit sein. Und ganz nebenbei war es auch ein Zeichen, dass die Ministerin noch nicht ans Aufhören denkt.

In einem Monat wird ein neuer Bundestag gewählt, anschließend eine neue Regierung gebildet. Und Kramp-Karrenbauer scheint Ministerin bleiben zu wollen. Gut zwei Jahre leitet sie inzwischen das Verteidigungsressort. Es war eine turbulente Zeit. Kramp-Karrenbauer hatte keinen schlechten Start - sie kam bei den Soldaten gut an. Das lag auch am Vergleich mit ihrer Vorgängerin Ursula von der Leyen, die der Bundeswehr pauschal "ein Haltungsproblem" und "einen falsch verstandenen Korpsgeist" vorgeworfen hatte.

Von Kramp-Karrenbauer fühlten sich die Soldaten besser verstanden. Außerdem hatte sie als erste Innenministerin in der Geschichte der Bundesrepublik schon früh mit Sicherheitspolitik zu tun - anders als von der Leyen, die vor ihrer Zeit im Verteidigungsressort Familien- und Arbeitsministerin war.

Das Verhältnis zwischen Kramp-Karrenbauer und der Bundeswehr trübte sich im Lauf der Zeit zwar etwas ein. Einige Reformbemühungen der Ministerin waren überhastet. Zuletzt gewann sie aber wieder an Ansehen. Den Soldaten, die sich um die Rettung von Menschen aus Kabul bemühten, versprach Kramp-Karrenbauer: "Was immer da vor Ort passiert: Ich halte den Kopf hin." Es kommt nicht alle Tage vor, dass ein Politiker, eine Politikerin ein solches Versprechen gibt. Außenminister Heiko Maas fand nicht so deutliche Worte - obwohl er mehr Verantwortung für das deutsche Fiasko in Kabul trägt als die Verteidigungsministerin.

Es gibt aber auch sonst manches, für das die CDU Kramp-Karrenbauer dankbar sein müsste. Vor der Bundestagswahl 2017 hatte sie maßgeblichen Anteil daran, dass der Lauf von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz in den Umfragen gestoppt wurde. Bei der Landtagswahl im Saarland holte die CDU unter der Führung Kramp-Karrenbauers 40,7 Prozent. Ein Ergebnis, von dem heute nicht einmal mehr die CSU zu träumen wagt. Gern vergessen wird auch, dass es die Saarländerin war, die nach ihrer Wahl zur CDU-Chefin das völlig zerrüttete Verhältnis ihrer Partei zur CSU wieder befriedete. Die heutigen Sticheleien von Markus Söder sind Wattebäusche im Vergleich zu den Angriffen der CSU während des Streits um die Flüchtlingspolitik.

Nach ihrer Rückzugsankündigung vom CDU-Vorsitz im Februar 2020 hat Kramp-Karrenbauer gesagt: "Ich hatte mich schon länger gefragt: Bin ich die Richtige für das Amt - und ist das Amt das richtige für mich?" Das habe auch für die Kanzlerkandidatur gegolten, auf die sie als Parteichefin das Erstzugriffsrecht gehabt hätte. Das Ergebnis dieser Überlegungen sei eindeutig gewesen: Wenn wegen der Vorbehalte gegen sie als Kanzlerkandidatin die Parteispitze nicht zusammenhalte, "dann ziehe ich zurück, da kann man nicht lange fackeln".

Man würde in diesen Tagen gerne wissen, ob Armin Laschet sich ähnlich hart selbst geprüft hat. Die Umfragewerte des CDU-Chefs sind in freiem Fall. Und von Begeisterung für seine Kanzlerkandidatur ist in der Parteispitze nichts zu spüren.

Aber wie geht es jetzt mit Kramp-Karrenbauer weiter? Sie wird es nicht leicht haben. Denn aus dem kleinen Saarland kommt neben ihr noch eine weitere Frau als Ministerin infrage: die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Nadine Schön. Kramp-Karrenbauer war zwar CDU-Chefin, Schön steht aber für die Zukunft der Partei. Sie ist erst 38 Jahre alt. Und in der Fraktionsspitze ist sie nicht nur für die Familien- und die Frauen-, sondern auch für die Jugendpolitik und die Digitale Agenda verantwortlich.

Doch inzwischen stellt sich ja nicht mehr die Frage, welche Christdemokratinnen der nächsten Bundesregierung angehören werden, sondern ob es überhaupt noch CDU-Minister geben wird.

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