Waakirchen:Kommandant im Königreich

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Die Gebirgsschützen erinnern an Weihnachten an die Toten des Volksaufstandes vor mehr als 300 Jahren. (Foto: Tobias Hase/dpa)

Am Samstag erinnern Bayerns Gebirgsschützen und allerlei Politprominenz in Waakirchen an die Sendlinger Mordweihnacht. Die Befehle gibt dort einer, der seine Waffen selber schon längst abgeben musste.

Glosse von Matthias Köpf, Waakirchen

Anno 1705 sollen die Aufständischen aus dem Oberland recht schlecht bewaffnet gewesen sein, und besonders gut organisiert waren sie angeblich auch nicht. Jedenfalls im Vergleich zu den kaiserlich-habsburgischen Truppen, die damals Bayern besetzt hielten. In der eher unheiligen Nacht auf den 25. Dezember 1705 kam es so zu einem Gemetzel, das als Sendlinger Mordweihnacht in die Geschichte einging.

Die heutigen Verteidiger bayerischer Heimatlichkeit haben es da schon besser drauf mit der Organisation. Immerhin sind sie uniformiert, verstehen sich aufs Aufmarschieren und stehen gern in Reih und Glied. Außerdem ist die Staatsmacht längst mit ihnen - beim rituellen Mordweihnachtsgedenken am Samstag am Oberländerdenkmal in Waakirchen vertreten durch Landtagspräsidentin Ilse Aigner, Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger und Staatskanzleichef Florian Herrmann. Und Schusswaffen haben die Gebirgsschützen mittlerweile ja auch. Nur einer, der in Waakirchen das Kommando führt, musste schon vor ein paar Jahren seine Gewehre abgeben.

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Die Erinnerung an den Bauernaufstand von 1705 ist bis heute nicht verblasst. Offen ist, wie der Kampf gegen die österreichischen Besatzer zu bewerten ist. Waren die bayerischen Burschen Verteidiger der Heimat oder Rebellen?

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Und so trifft es sich vielleicht sogar ganz gut, dass Martin Beilhack Kommandant der Waakirchner Gebirgsschützen und Hauptmann von deren Mangfall-Leitzach-Gau ist. Denn so gibt er bei Bedarf zwar den Schießbefehl, muss aber nicht selber schießen, was er ja nicht dürfte. Denn Beilhack, der an seiner brauchtümelnden Königstreue nie große Zweifel ließ, hat vor einigen Jahren einen Antrag auf einen Staatsangehörigkeitsausweis nach dem Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 gestellt und als Land seines Aufenthalts "Königreich Bayern" eingetragen. So etwas gilt den Behörden als starker Hinweis auf das Gedankengewirr der "Reichsbürger". Daher sammelten 2017 etliche Polizisten Beilhacks Waffen ein, das Landratsamt Miesbach entzog ihm Waffen- und Jagdschein.

Der selbst erklärte Königreichsbürger sah sich da aber völlig verkannt. Er sei "von einem Spezi" etwas in die Irre geführt worden und habe schließlich bei der Bundeswehr, der Münchner Berufsfeuerwehr, als Gemeinderat in Waakirchen und als Kreisrat in Miesbach etliche Eide auf die Demokratie abgelegt. Das von ihm angerufene Verwaltungsgericht gab aber dem Landratsamt recht, denn Beilhack habe nicht alle Bedenken restlos ausräumen können. Der Verwaltungsgerichtshof lehnte seinen Antrag auf Berufung ab. Also dann: Stillgestanden!

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