Aus der Landespolitik:Die SPD muss sich neu erfinden

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Florian von Brunn, Chef der Bayern-SPD, fordert konsequentes Vorgehen gegen Landwirte, die beim Protest Straftaten begehen. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Gefragt ist nach dem Wahldebakel nicht der dröge Frachter einer vermeintlichen Volkspartei, sondern ein Schnellboot für den Markenkern soziale Gerechtigkeit. Mit mehr Realismus bei der Migration. Und vielleicht einer Prise Populismus.

Kommentar von Johann Osel

Vielleicht muss man, wenn es um die SPD geht, kurz zurück zum Wahlabend. Da waren die ersten Prognosen da, die SPD landete am Ende bei 8,4 Prozent. Und es gab eine Runde der Spitzenkandidaten im Bayerischen Fernsehen: Ergebnisse erklären, mitunter schönreden. Fertig, stellte die Moderatorin fest, und damit zurück ins Hauptstudio. Ups, oh je, "einer fehlt noch, Herr von Brunn". Der Frontmann der Sozis wurde glatt vergessen. Ein Versehen, klar, aber ein bezeichnendes. Die geschrumpfte SPD-Fraktion hat sich nun konstituiert. Was wird denn nur aus dieser Truppe, damit sie nicht vergessen wird?

Fest steht: Florian von Brunn, auch SPD-Landeschef, kann sich an der Spitze der Fraktion halten. Man hat sich in dem schon zuvor zerkrachten Team irgendwie zusammengerauft. Sicher war das nicht, nach diesem Wahldebakel, einem erneut historischen Tiefstand. Und nach dieser komischen SPD-Kampagne, die voll auf Brunn fixiert war, den Bayern "braucht" anstelle von Markus Söder. Bayern hat Brunn offenkundig nicht gebraucht. Der neue Fraktionsvorstand zählt übrigens acht Personen, bei 17 Köpfen Gesamtstärke. Brunn dürfte sich seinen Verbleib auch damit gesichert haben, dass viele nun mehr auf ihre Visitenkarten drucken können.

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Doch wie kann es weitergehen? Vor allem muss sich die SPD fragen, warum sie bei der Wahl bei den Arbeitern auf sieben Prozent kam, die AfD auf 25 Prozent. Nur ein Teil davon sind wohl rechtsradikale Geister, viele Protest- und Verzweiflungswähler. Die SPD muss endlich soziale Gerechtigkeit glaubwürdig verkörpern, abseits von Floskeln. Und ohne Realismus in der Migration, dem Mega-Thema laut Umfragen, wird es nicht gehen. Selbst im Flüchtlingsherbst 2015 ließen sich die sogenannten kleinen Leute ja damit beruhigen, dass ihnen "nichts weggenommen" werde durch Zuwanderung. Jetzt mit Inflation und Wirtschaftskrise haben viele aber genau das Gefühl, auch ohne den direkten Zusammenhang.

Ansonsten könnte sich die SPD ein Vorbild - Achtung: kein Witz - an der FDP nehmen. Als Mini-Fraktion hatte sie in den vergangenen Jahren ein taugliches Konzept parat, wie ganz früher die Grünen, als diese noch eine Zwergpartei waren: nicht auf jedes Thema gehen, nicht überall mitstinken wollen. Sondern als Schnellboot den Markenkern ansteuern und dort gut sein. Dafür müsste sich die Bayern-SPD aber mal von dem Glauben lösen, Volkspartei zu sein. Das ist sie im Saarland, im Freistaat nicht. Wendiges Schnellboot, auch mal frech und eine Prise populistisch, statt dröger Frachter - eine denkbare neue Rolle, um nicht vergessen zu werden.

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