Oberpfalz:Moscheebau in Regensburg löst Spam-Flut aus

Lesezeit: 2 Min.

Das Minarett der geplanten Moschee im Regensburger Osten wird 21 Meter hoch sein - der Dom misst 105 Meter. (Foto: Entwurf: Yilbirt Architekten)
  • Die Regensburger Rathaus-SPD wird überschwemmt von Tausenden E-Mails: Darin wird gefordert, den Neubau einer Moschee der Ditib-Gemeinde zu stoppen.
  • Mitangeheizt wurde die Diskussion von der Regensburger AfD, die mit einem Facebook-Post suggerierte, das Minarett sei höher als der Dom.
  • Bisher ist unklar, wer hinter der Flut an Protest-Mails steckt.

Von Andreas Glas, Regensburg

Klaus Rappert hat nachgezählt. 10 448 E-Mails waren es, Stand Montagfrüh. Alle im gleichen Wortlaut verfasst, alle landeten im Postfach der Regensburger Rathaus-SPD, deren Fraktionschef Rappert ist. Die Absender fordern, den Neubau der Moschee "sofort zu stoppen" und das "vom Christentum geprägte Stadtbild" zu erhalten.

Tausende solcher E-Mails gingen in den vergangenen Tagen auch bei anderen Stadtratsfraktionen ein. Inzwischen hat die SPD reagiert und die Sache tatsächlich gestoppt. Nicht den Bau der Moschee, sondern die E-Mail-Flut. Die Protest-Mails landen jetzt nicht mehr im SPD-Postfach. Sie werden automatisch gelöscht. Es sei offensichtlich, dass es den Absendern "nicht um eine sachliche Diskussion" gehe, sagt Rappert.

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Mitangeheizt hatte die Diskussion die Regensburger AfD, die in der vergangenen Woche ein Bild auf ihrer Facebook-Seite postete: im Hintergrund der Regensburger Dom, im Vordergrund das Minarett einer Moschee. So weit, so korrekt: In Regensburg wird erstmals eine Moschee mit Minarett gebaut. Das hat die Stadt kürzlich genehmigt. Nicht korrekt war dagegen der Maßstab auf der AfD-Fotomontage. Auf dem Bild überragt das Minarett die Domtürme. Tatsächlich ist der Dom 105 Meter hoch, das geplante Minarett 21 Meter. Die Moschee wird auch nicht in der Nachbarschaft zum Dom stehen, sondern zehn Autominuten entfernt, im Stadtosten.

Drei Tage nach dem AfD-Post schaltete sich die Regensburger CSU in die Debatte ein. "Die CSU bekennt sich zur Religionsfreiheit", hieß es in einer Presseerklärung. Dass die CSU den Moscheebau trotzdem ablehnt, begründet sie mit der Nähe der Bauherrin Ditib zum türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Ditib ist die größte islamische Dachorganisation Deutschlands. Kritiker bezeichnen sie als verlängerten Arm Erdoğans. Die CSU beklagt, die Stadtverwaltung habe den Stadträten die Baugenehmigung "zur bloßen Kenntnisnahme" und "ohne jegliche Beteiligung der Öffentlichkeit" vorgelegt.

Auch SPD-Fraktionschef Rappert steht Ditib kritisch gegenüber: "Dass sie eine Nähe zum türkischen Staatspräsidenten haben, ist mir politisch nicht angenehm." Er sagt aber auch: "Sie haben an dieser Stelle Baurecht, dann dürfen sie natürlich auch bauen." Die Stadt formuliert das ähnlich: "Baurecht hat jeder, der sich an alle baurechtlichen Vorschriften hält." Ist das der Fall, sei keine Zustimmung durch den Stadtrat nötig. Dass der Bau rechtens ist, bezweifelt selbst die CSU nicht. Doch habe die Nachricht vom Moscheebau "in der Bevölkerung für große Irritationen und Unruhe gesorgt". Was nach Ansicht der CSU vermeidbar gewesen wäre, hätte es vor der Baugenehmigung eine öffentliche Debatte über die Moschee gegeben.

Es sei "wünschenswert, dass vorher eine offene Information stattfindet", sagt auch SPD-Stadtrat Rappert. Doch sei dies die Aufgabe der Ditib-Gemeinde. Die Gemeinde war am Dienstag nicht für Nachfragen erreichbar. Ihr früherer Vorsitzender, Ercüment Baysal, hatte dem Bayerischen Rundfunk kürzlich gesagt: "Jeder kann zu uns reinkommen und sich informieren." Derzeit hat die Gemeinde ihre Gebetsräume in der Altstadt. Im März 2019, wenn die neue Moschee fertig sein soll, will sie umziehen.

Zur Kritik an Ditib sagte Baysal: "Politik interessiert uns überhaupt nicht und wir achten auch darauf, dass die Politik nicht ins Gotteshaus hineinkommt." Unklar ist, wer hinter der Flut an Protest-Mails steckt. Die Mails wurden über eine Homepage verschickt, auf der man Name und E-Mail-Adresse angeben und den vorformulierten Text offenbar mit einem einzigen Klick an die Stadträte schicken kann. Ein Impressum gibt es nicht auf der Homepage. Lediglich eine Beschreibung, in der sich die Macher als "Initiative aufrechter Patrioten" bezeichnen.

Aus den Stadtratsfraktionen heißt es, dass die Mails teils anonym und aus Österreich und der Schweiz verschickt worden seien. Den Moscheebau verteidigt auch SPD-Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer und verweist auf Baurecht und Religionsfreiheit. Dennoch müssten die Sorgen der Bevölkerung "ernst genommen werden". Es gehe darum, den Bau der Moschee "und was darin passieren soll, öffentlichkeitswirksam und transparent zu begleiten." Um dies zu gewährleisten, habe die Stadt bereits Kontakt mit der Ditib-Gemeinde aufgenommen.

© SZ vom 07.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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