Verkehrspolitik:Der längste Straßentunnel Bayerns wird eröffnet

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Anzeigentafeln weisen im neuen Tunnel Oberau den Autofahrern künftig den Weg. (Foto: Angelika Warmuth/dpa)

Für die verkehrsgeplagten Oberauer heißt das erstmal: Erleichterung. Doch rundherum wird weiter gegraben und gesprengt - denn weitere Tunnel werden bald fertig oder sind geplant.

Von Matthias Köpf, Oberau

Als Letztes haben die Arbeiter am Montag noch all die nagelneuen Kanaldeckel wieder zugeschweißt. Das ist nicht Standard im Straßenbau, denn grundsätzlich sind derlei Deckel ja zum gelegentlichen Öffnen da. Doch der neue Umfahrungstunnel um die Ortschaft Oberau im engen Loisachtal bei Garmisch-Partenkirchen ist gerade etwas Besonderes. Nicht nur, weil er mit seinen knapp drei Kilometern der längste Straßentunnel Bayerns ist. Das wird er sowieso nur bleiben, bis in zwei oder drei Jahren ein paar Kilometer südlich der 600 Meter längere Garmischer Umgehungstunnel durch den Kramer fertig wird. Doch der Tunnel um Oberau wird in ein paar Wochen auch Teil der Anfahrtsstrecke zum G-7-Gipfel auf Schloss Elmau werden, daher die sicherheitshalber verschweißten Gullys. Obwohl an dem Tunnel schon sehr viel länger gebaut wird, als von einem zweiten Gipfel in Elmau die Rede ist, sind die Arbeiten nun rechtzeitig zu Ende. An diesem Donnerstag wird der Tunnel Oberau feierlich eröffnet. Und rundherum wird weiter geplant, gegraben und gesprengt.

Denn der viele Verkehr, 45 000 Autos sind es an Spitzentagen, wird dann nicht mehr durch Oberau fließen, sondern durch den Mühlberg und den Kirchbichl und auch unter dem Gießenbachtal hindurch, wo neben dem Bach auch die B 23 von Oberammergau und Ettal herunterkommt. Richtung Süden geht es weiter durch den im Jahr 2000 fertig gestellten Umfahrungstunnel für Farchant - und dann entweder mitten durch Garmisch Richtung Fernpass oder mitten durch Partenkirchen Richtung Mittenwald und Innsbruck.

Als nächstes durch den Wank?

Aus Sicht der Anwohner führt deshalb auch kein Weg mehr vorbei an einem Wanktunnel um Partenkirchen. Für den gibt es seit einigen Wochen einen aktuellen Vorentwurf, nachdem erste Überlegungen aus den Siebzigerjahren ebenso in der Schublade verschwunden waren wie eine Planung aus dem Jahr 2011 - damals im Hinblick auf die Olympischen Winterspiele 2018, die dann aber nicht in München und Garmisch-Partenkirchen stattfanden, sondern im südkoreanischen Pyeongchang. Der Kramertunnel um Garmisch schwebt den Ingenieuren ebenfalls schon seit den Siebzigerjahren vor, 2007 gab es fertige Pläne, 2009 wies der Verwaltungsgerichtshof die letzte Klage des Bundes Naturschutz (BN) ab, der eine andere Trasse wollte.

Alexander Dobrindt (CSU) gab als damaliger Bundesverkehrsminister wenige Tage vor der Bundestagswahl 2017 den Bau für den Tunnel Oberau abermals frei. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Gebaut wurde im Kramer von 2010 an, doch drei Jahre später trat - wie von Experten für den BN vorhergesagt - Wasser in den Erkundungsstollen ein. Die Baustelle stand still, bis der örtliche Bundestagsabgeordnete und damalige Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) wenige Tage vor der Bundestagswahl 2017 den Bau abermals freigab. Seit Ende Oktober ist die Hauptröhre komplett durchgeschlagen, und Anfang April dieses Jahres gelang das schließlich auch an der wässrigen Problemstelle im ehemaligen Erkundungsstollen, der künftig als Rettungstunnel dienen soll.

All diese Tunnelprojekte sollen verhindern, dass sich im jeweiligen Ort ein neuer Flaschenhals bildet, wenn sich regelmäßig der überbordende Urlauber-, Ausflügler-, Skifahrer-, Pendler- und Durchgangsverkehr durch das Loisachtal wälzt. Endgültig den Korken aus der Flasche ziehen könnte dann aber ein weiterer Tunnel nördlich von Oberau. Am berüchtigten "Autobahnende bei Eschenlohe" - einem Klassiker der Verkehrsmeldungen im Radio - muss sich der viele Verkehr nämlich auf die B 2 Richtung Süden fädeln. In Zukunft aber soll er von der A 95 durch den im Bau befindlichen Auerbergtunnel praktisch direkt ans Nordportal des neuen Tunnels Oberau geleitet werden.

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Kein Geld für die Bahn

Während für die einen die Tunnelkette dann erst vollständig ist und der Verkehr endlich frei fließen kann, sehen viele Kritiker genau das als Problem an. Denn je leichter der Verkehr fließt, desto mehr Autos könnten es werden im Loisachtal und in Garmisch-Partenkirchen - zumal der Andrang der Ausflügler immer noch größer wird und von einem echten Ausbau der eingleisigen Werdenfelsbahn allenfalls in Form von Lippenbekenntnissen die Rede ist. Die Staatsregierung hat dem Bund den Ausbau nicht als vorrangiges Projekt gemeldet, und die Deutsche Bahn hat sogar Grundstreifen verkauft, die in bestimmten Abschnitten für ein zweites Gleis notwendig wären.

Für die vielen Straßentunnel jedoch wird eine Milliarde Euro an Gesamtkosten aller Voraussicht nach nicht reichen. Der Tunnel Oberau, der auf gut 200 Millionen Euro kalkuliert war, wird stattdessen rund 260 Millionen Euro kosten - ungefähr so viel, wie wiederum vorerst für den Kramertunnel kalkuliert ist. Den Wanktunnel schätzt das Straßenbauamt Weilheim einstweilen auf 306 Millionen Euro, der Auerbergtunnel soll 170 Millionen kosten. Dem örtlichen Abgeordneten Alexander Dobrindt hat all das in der Lokalzeitung schon einmal den Titel "Tunnelgott" eingebracht. Er wird in Oberau ebenso zu den Eröffnungsgästen zählen wie Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU).

Im Ort war kürzlich noch Unmut darüber laut geworden, dass bei Wartungsarbeiten in einer der beiden Tunnelröhren der halbe Verkehr womöglich doch wieder durch Oberau fahren wird, denn die Lüftung der Röhren auf Gegenverkehr auszulegen, hätte wieder etliche Millionen mehr gekostet. Zuletzt ging es noch darum, dass dieser oder jener nicht auf der Gästeliste für die Eröffnungsfeier steht. Doch zwei Stunden später ist der Tunnel ohnehin allgemein zugänglich: erst für die Oberauer Laufgruppe, dann für Radler, Skater und Fußgänger. Vielleicht kommen manche Gäste sogar mit dem Zug. Die ersten Autos sollen dann am Freitag rollen.

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