Klassik-Festival:Dem König so nahe

Lesezeit: 2 min

Einen Walkürenritt auf "echten" Pferden sieht man im heutigen Musiktheater nicht mehr allzu häufig. Die von der internationalen Kritik begeistert aufgenommene Produktion der Opera Sofia aus Bulgarien ist jetzt im Festspielhaus Neuschwanstein zu erleben. (Foto: Setoslav Nikolov)

Richard Wagners "Ring" in Sichtweite zu Schloss Neuschwanstein: Bei der zweiten Ausgabe der Musikfestspiele Königswinkel steht "Die Walküre" im Mittelpunkt. Trotz des ambitionierten Programms plagen den Veranstalter Sorgen.

Von Sabine Reithmaier, Füssen

Kulturveranstalter zu sein, ist nicht unbedingt ein großes Vergnügen. Davon kann Florian Zwipf-Zaharia ein Lied singen. Zwar liefen die ersten Musikfestspiele Königswinkel, die er im Jahr 2021 veranstaltete, zufriedenstellend, "das kleine Defizit war zu verschmerzen." Doch bei den zweiten Festspielen (28. 9. bis 3. 10.), eigentlich schon im Vorjahr geplant und wegen der unsicheren Pandemie-Lage verschoben, ist irgendwie der Wurm drin. Zwar steht das hochkarätige Programm inzwischen, entspannt zurücklehnen kann sich Zwipf-Zaharia aber nicht.

Der Geschäftsführer der gemeinnützigen Königswinkel Kultur Gmbh trat vor zwei Jahren mit der Idee an, in Füssen auch die Oper zu etablieren. Natürlich mit Werken von Richard Wagner, schließlich liegt das Festspielhaus Neuschwanstein am Ufer des Forggensees direkt gegenüber dem gleichnamigen Schloss Ludwigs II., in dem der König seine Begeisterung für die Werke des Komponisten in Architektur und Fresken Ausdruck verlieh. 2021 wurde "Tristan und Isolde" gespielt, eine hochgelobte Produktion des Richard-Wagner-Festival Wels.

Alle Nachrichten im Überblick
:SZ am Morgen & Abend Newsletter

Alles, was Sie heute wissen müssen: Die wichtigsten Nachrichten des Tages, zusammengefasst und eingeordnet von der SZ-Redaktion. Hier kostenlos anmelden.

Für die zweite Auflage des Festivals hatte Zwipf-Zaharia den "Fliegenden Holländer", eine Produktion der Opera Sofia, vorgesehen. Doch als er im Frühjahr die Flüge für Sänger, Chor und Orchester buchen wollte, hatten sich die Preise verdoppelt. "Das hätte unser Budget gesprengt." Zum Glück feierte in der Oper der bulgarischen Hauptstadt im Juli auch "Die Walküre" Premiere. "Ideal für uns, weil dieses Wagner-Werk ohne Chor auskommt."

Die Oper wurde vor 153 Jahren in München uraufgeführt, gegen den Willen Wagners, der "Die Walküre" als Teil seines Gesamtkunstwerks "Der Ring des Nibelungen" auf der Bühne in Bayreuth uraufführen wollte. Doch das Festspielhaus war noch nicht fertig, und Ludwig II. hatte keine Lust, auf eine Aufführung in der Provinz zu warten. Er ordnete die Uraufführung am Münchener Hof- und Nationaltheater an. Wagner konnte die Premiere am 26. Juni 1870 nicht verhindern und blieb ihr beleidigt fern. In Füssen wird das Werk Lothar Zagrosek dirigieren (1./3.10.), die Einführung am Klavier übernimmt jeweils am Vortag Detlev Eisinger.

Neu beim Festival: Das Schumann Quartett ist in der St. Ulrich-Pfarrkirche in Seeg zu hören. (Foto: Harald Hoffmann)

Eine Novität im Programm des Festivals sind die Kammerkonzerte, die in vier Barock- und Renaissance-Kirchen des Königswinkels stattfinden. Zu hören sind das Schumann Quartett in der St. Ulrich-Pfarrkirche in Seeg, das Henschel Klavier Trio in der St. Nikolaus-Kirche in Pfronten, der Organist Hansjörg Albrecht in der Füssener Kirche St. Mang, und der Geiger Christoph Poppen, der mit Musikern seines portugiesischen Festivals in Marvão in der St. Johann Baptist-Kirche in Steingaden auftritt.

Abgesagt hat Zwipf-Zaharia das geplante Festkonzert im Festspielhaus. "Aus organisatorischen Gründen", sagt er, macht aber keinen Hehl daraus, dass der Vorverkauf nicht gut lief. Was ihn als langjährigen und, gerade was Jugendarbeit angeht, sehr ambitionierten Veranstalter wirklich erschüttert hat, ist die ausbleibende Rückmeldung auf das geplante Schulkonzert im Festspielhaus. Vor zwei Jahren nahmen daran 600 Schüler teil und waren begeistert; dieses Mal meldete sich keine einzige Klasse an, obwohl er zahlreiche Schulen im Allgäu anschrieb.

"Das macht mich ein bisschen ratlos", sagt Zwipf-Zaharia und denkt am Telefon darüber nach, ob er das schwierige Geschäft mit der klassischen Kultur noch lang weiterbetreiben wird. "Vielleicht liegt der mangelnde Zuspruch aber auch an der Region", mutmaßt er. Es ist generell nicht leicht, auswärtige Besucher ins Festspielhaus zu locken. Doch wie auch immer: Das Festival wird stattfinden. "Und dann reden wir weiter."

Musikfestspiele Königswinkel, 28. 9. bis 3. 10., im Festspielhaus Neuschwanstein und in Kirchen der Umgebung. Infos: https://das-festspielhaus.de/musikfestspiele-koenigswinkel/

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: