Tradition in Bayern:Hoch die Maibäume

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So funktioniert das traditionell und so soll es heuer wieder sein: Mitglieder eines Trachtenvereins stellen einen Maibaum auf. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Die Pandemie hat vielerorts den Maibaum-Rhythmus durcheinandergebracht. Dieses Jahr, da sind sich Trachtler und Burschenvereine einig, soll nichts dazwischen kommen.

Von Florian Fuchs und Matthias Köpf, Miesbach/Altusried

In Miesbach zum Beispiel sind sie sich ihres Maibaums dieses Jahr ziemlich sicher. Maibaumdiebe aus umliegenden Ortschaften sollten jedenfalls kein leichtes Spiel haben mit dem Trumm, das die Miesbacher gerade praktisch mitten in ihrer Stadt lagern, herrichten und bewachen. Vor allem aber verlassen sie sich auch in Miesbach darauf, dass das heuer bestimmt wieder was werden wird mit dem Maibaumaufstellen. Der Bund hat ohnehin schon die meisten Corona-Auflagen außer Kraft gesetzt, der Freistaat hat sie nur bis 2. April verlängert, und der Ministerpräsident war am Wochenende immerhin Ehrengast bei der Eröffnung des Frühjahrsvolksfests in Würzburg. Da sollte mit dem Maibaumaufstellen und den dazugehörigen Feiern in Miesbach und überall sonst in Bayern dieses Jahr wirklich nicht mehr allzu viel schief gehen.

Speziell die Miesbacher mussten sowieso nicht allzu lang ohne ihren Maibaum auskommen. Sie hatten noch 2019 einen neuen Baum auf den denkmalgeschützten Marktplatz gestellt, ein Jahr vor der Corona-Pandemie. Dass dieser Baum dann im vergangenen Herbst wegen Pilzbefalls vorzeitig abgebaut werden musste, ließ sich verschmerzen, denn dieses Jahr sollte es in der Stadt ohnehin einen neuen geben. Anderenorts sind die Gemeinden, Burschenvereine und Trachtler durch die Pandemie doch deutlicher aus dem Rhythmus gekommen.

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Wer im dorf- und gemeindeweise meist sorgsam abgestimmten Turnus in einem der beiden vergangenen Jahre dran gewesen wäre, musste oft mit dem alten vorlieb nehmen, ganz auf einen Maibaum verzichten oder stattdessen später im kleinen Kreis mit Abstandsregel und Maskengebot, aber ohne große Feierlichkeiten einen Baum aufstellen. In Finning im Landkreis Landsberg zum Beispiel gibt es schon seit 2020 einen nach dem damaligen Corona-Lockdown doch noch errichteten "Augustbaum". Dafür stand in Neubiberg der Baum damals sogar pünktlich am 1. Mai - und das gleich mehrmals in der Stunde. Unbekannte hatten eine Bahnschranke mit weiß-blauem Stoff umwickelt und mit dem Ortswappen dekoriert. In Sonthofen im Allgäu dagegen ging auch vergangenes Jahr noch gar nichts, weil der angestammte Platz des Maibaums auf dem Marktanger vom Corona-Testzentrum belegt war. Dieses Jahr soll es in Sonthofen aber wieder so weit sein, während etwa Bayrischzell bis 2023 baumlos bleibt. Auch in Tegernsee kümmert sich die dort sonst zum Aufstellen abgestellte Feuerwehr heuer lieber um den Bau ihres neuen Feuerwehrhauses.

Besonders aufs diesjährige Maifest freut sich der Bürgermeister von Altusried, Joachim Konrad. Das hat aber nicht nur damit zu tun, dass wieder eine Festivität ansteht. Konrad freut sich, weil "endlich, endlich", wie er sagt, der örtliche Maibaumstreit beigelegt wurde, der weit über die Grenzen des Allgäus hinaus Gelächter ausgelöst hat. Ein Anwohner hatte sich beschwert und schließlich ein Gerichtsverfahren losgetreten, weil er sich von Vogelkot auf seinem Grundstück gestört fühlte. Der Kot, meinte der Anwohner, stamme von Staren, die sich zum Ende des Sommers mit Vorliebe auf dem Maibaum niederlassen. Dafür allerdings, so mutmaßte der Altusrieder Trachtenverein, müssten die Stare "zehn Meter quer scheißen", weil der Maibaum doch recht weit vom Grundstück entfernt stehe. Es stand sogar zur Debatte, ob ein Ornithologe diese Frage als Gutachter klären soll - doch nun gibt es eine außergerichtliche Einigung.

Eine Güteverhandlung im vergangenen Jahr war noch gescheitert. Offenbar hat der Baubeginn der neuen Ortsmitte den streitfesten Anwohner nun umgestimmt. Ein neues Rathaus entsteht, auch ein neuer Marktplatz, spätestens 2025 soll der Maibaum dann von seinem bisherigen Platz auf das neue Gelände ziehen. "Es hat ihm wohl jetzt die Augen geöffnet, dass dort wirklich gebaut wird und der Umzug des Maibaums damit sicher ist", sagt Bürgermeister Konrad. Der Kompromiss sieht vor, dass der Maibaum die paar Jahre noch am alten Ort bleiben darf, dafür entfernt der Trachtenverein jeweils spätestens Ende August den Dolden, also die Spitze des Maibaums mit den Ästen, auf dass sich die Vögel dort nicht mehr sammeln - und damit nicht mehr hinunter koten können. Konrad zeigt sich erleichtert: "Ich bin froh, dass das nun vorüber ist, wir haben wirklich wichtigere Dinge zu tun."

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