Landtagswahl in Bayern:In der Opposition kämpft jeder für sich allein

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Wahlkampf unter dem Motto "Anstand": Natascha Kohnen von der SPD. (Foto: Matthias Balk/dpa)
  • Die SPD in Bayern setzt im Wahlkampf auf die Themen Wohnen, Familie und Arbeit. Dabei hilft auch SPD-Bundeschefin Andrea Nahles.
  • Die Grünen wollen eine positive Zukunftsvision in den Köpfen der Wähler entstehen lassen und präsentieren sich frech und bunt.
  • Die Bevölkerung auf dem Land sprechen die Freien Wähler besonders an. Sie wollen insbesondere in der politischen Mitte Wähler gewinnen.

Von Lisa Schnell, München

Selten war ein Wahlausgang so offen wie jetzt in Bayern. Selten war es für Kandidaten so sinnvoll, sich in den Wahlkampf zu stürzen. Anders als 2013 weiß Umfragen zufolge mehr als die Hälfte der Wähler noch nicht, wie sie sich am 14. Oktober entscheiden wird, die absolute Mehrheit der CSU scheint so gefährdet zu sein wie noch nie. Und anders als 2013, beim Duell Horst Seehofer gegen Christian Ude, gibt es ihn nicht: den einen Herausforderer von Ministerpräsident Markus Söder, der der Opposition helfen könnte, die CSU mit vereinten Kräften zu schlagen.

SPD, Grüne und die Freien Wähler kämpfen dieses Mal alle für sich alleine und liegen in den Umfragen so nah beieinander wie lange nicht. In der jüngsten Untersuchung liegen die Grünen bei 17 Prozent, die SPD bei zwölf und die Freien Wähler bei acht. Mit welchen Themen, Sprüchen und Aktionen wollen sie die Wähler für sich gewinnen? Eine Übersicht über die Kampagnen der Opposition im Landtag.

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Die SPD: Ein neuer Stil

"Es ist ein Wort, das schon fast ein bisschen aus der Mode gekommen war", sagt SPD-Generalsekretär Uli Grötsch. Jetzt sieht die SPD die Zeit gekommen, um es in großen Lettern zu plakatieren: "Anstand". Anständig, das ist aus Sicht der SPD die Frau hinter den großen Buchstaben: ihre Spitzenkandidatin Natascha Kohnen, die für Zusammenhalt stehe. Nicht anständig, das seien "die Egoisten" in der bayerischen Politik. So steht es auf dem Plakat.

Eine "subtile Botschaft", sagt Kohnen und verrät doch, wen sie meint: die CSU, die völlig außer Rand und Band geraten sei. Die SPD will mit gutem Beispiel vorangehen und "keine Schmutzkampagne gegen die politische Konkurrenz führen", sagt Grötsch. Welche Formulierungen, die Kandidaten für ihre Plakate wählen, sei ihnen selbst überlassen. So wie in München.

Da ist zu lesen, die SPD könne gar nicht so schnell bauen, wie die CSU Wohnungen an Spekulanten verkaufe. "Ein Faktum", sagt Kohnen, auch wenn es wohl nicht ganz ihre Sprache ist. "Heftig" könne es aber werden, wenn sie persönlich auf Söder treffe. Bis jetzt allerdings habe es der vermieden, sich ihr zu stellen. Zu ihrer Veranstaltung "Kohnen-Plus" wird sie ihn wohl nicht einladen. Dafür kommt SPD-Bundeschefin Andrea Nahles. Nicht immer sahen es Wahlkämpfer gerne, mit der Bundespolitik in Verbindung gebracht zu werden, Kohnen sieht darin eine Bereicherung. Die schlechten Umfragewerte in Bayern erklärt sie sich vor allem mit der schwierigen Lage im Bund. Die Lösung: Es gemeinsam besser machen.

Wohnen, Familie und Arbeit, auf die drei Themen konzentriert sich die Kampagne, für die etwa zwei Millionen Euro zur Verfügung stehen. Keinen Bauchladen an Ideen, sondern Zuspitzen lautet die Strategie. Vor ein paar Monaten gehörte auch noch die Integration dazu. Jetzt sagt Kohnen: "Das Thema wurde missbraucht, um zu hetzen und zu spalten. Wir versuchen, die sozialen Themen nach vorne zu schieben." Auf einigen Plakaten finden sich Symbolbilder wie spielende Kinder, von den meisten blickt Kohnen, oft in seriösem Dunkelblau. Sie verstehe sich als Teamspielerin, im Zentrum der Kampagne aber stehe sie, sagt Kohnen. Einige in der SPD hatten angedacht, ihr ein Kompetenzteam an die Seite zu stellen. Neue Wege will die SPD bei ihren Abschlusskundgebungen gehen, die es an mehreren größeren Orten geben soll. Die Jusos planen einen Live-Stream hundert Stunden vor der Wahl. Kohnen will ihre Pläne noch nicht verraten. Es soll aber "ein Miteinander" werden - ganz im Sinne des neuen Stils.

Die Grünen: Positiv denken

Gerüstet für den Wahlkampf: Katharina Schulze und Ludwig Hartmann von den Grünen. (Foto: Grüne/oh)

Die Spitzenkandidatin Katharina Schulze trägt gerne knallige Blusen und Röcke. Ebenso knallig kommen die Plakate ihrer Kampagne daher: giftgrün und schreiend pink. Die Gesichter von Schulze und Ludwig Hartmann, dem männlichen Part des Spitzenduos, sind dabei nicht oft zu sehen. Inhalte statt Personen, das war schon immer die Philosophie der Grünen, auch wenn sie diese schon länger etwas großzügiger auslegen.

Etwa eineinhalb Millionen Euro haben sie für ihre Kampagne, die eine Vielzahl an Themen aufreiht und das oft in Gegensatzpaaren: Grün statt Beton, Mut statt Angst, Freistaat statt Überwachungsstaat. Trotzdem wollen sie in erster Linie nicht zeigen, was falsch läuft. Machen statt Meckern, so lautet das Motto von Schulze, die nicht immer nur sagen möchte, wie grauenhaft alles ist.

Stattdessen versuche sie, eine positive Zukunftsvision im Kopf des Wählers entstehen zu lassen - und ein Verantwortungsgefühl. "Du willst es? Dann wähl' es", sprechen die Grünen ihre Wähler direkt an. Konkret, frech und bunt, so präsentieren sie sich. Eine Ansprache, die in der Stadt besser funktionieren könnte als auf dem Land. Dort kamen sie vor allem mit ihrem Volksbegehren gegen den Flächenfraß gut an, das vor Kurzem vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof gestoppt wurde. Auf ihren Plakaten findet es sich trotzdem wieder.

Freie Wähler: Die Mitte locken

Kämpft unter anderem für schnelleres Internet und mehr Ärzte auf dem Land: Michael Piazolo von den Freien Wählern. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Michael Piazolo muss sich anstrengen, dass seine Plakate nicht vom Wind davongeweht werden. Insgesamt elf präsentierte der Generalsekretär der FW in München. Die meisten von ihnen aber sollen Wähler auf dem Land ansprechen, wo die FW immer am stärksten waren: schnelles Internet, ein starker Mittelstand, mehr Ärzte auf dem Land. Dazu lächelt ein Kind beim Kinderarzt von den Plakaten oder eine junge Schreinerin. Bezahlbares Wohnen und eine kostenlose Kita sind das Angebot für die Stadt. Außerdem gibt es noch eine Auflistung, was die FW im Landtag alles schon erreicht hätten, von der Abschaffung der Studiengebühren über die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium bis zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge.

Es sind die Wähler der Mitte, die von der CSU gerade verschreckt wurden, auf die Michael Piazolo abzielt. "Das ist der Platz, wo wir uns wohlfühlen", sagt er und erinnert daran, dass 85 Prozent der Wähler nicht radikal abstimmen. Hubert Aiwanger, der Spitzenkandidat der Freien Wähler, macht manchmal trotzdem den Eindruck, er schiele auch auf den rechten Rand. Ein eigenes Plakat zur Migrationspolitik haben die FW nicht, nur eines, auf dem sie im sichersten Bundesland Bayern mehr Sicherheit einfordern. Insgesamt haben die FW mit rund 300 000 Euro am wenigsten Geld für den Landtagswahlkampf, da sie auf Spenden von Großkonzernen verzichten.

© SZ vom 14.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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