Landtagswahl in Bayern:Die CSU sucht einen Partner

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Welche Koalitionen sind rechnerisch möglich? Und welche sind wahrscheinlich? Eine Übersicht.

Von Jana Anzlinger und Benedict Witzenberger

"Die müssen sich melden", sagt Hubert Aiwanger nach Bekanntwerden der Prognose, "ich werde niemanden anrufen". Der Spitzenkandidat der Freien Wähler kann sich ein gesundes Selbstbewusstsein erlauben. Die Partei hat mit fast 12 Prozent ihr bislang bestes Ergebnis erzielt - und kann auf eine Regierungsbeteiligung hoffen.

Die Regierungskoalition braucht mindestens 103 Sitze im Landtag. Die CSU hat mit ihren 85 Sitzen also keine absolute Mehrheit. Ruft Ministerpräsident Markus Söder also wirklich bei Aiwanger an? Oder doch lieber beim Grünen-Spitzenduo? Hat die abgeschlagene FDP noch Chancen oder steht am Ende die Bayern-Groko ins Haus? Eine Übersicht über die möglichen (und unmöglichen) Koalitionen im Maximilianeum.

Schwarz-Orange: das bürgerliche Bündnis

Die Freien Wähler (FW) werden 27 Sitze im Landtag bekommen. Eine schwarz-orange Koalition käme auf 112 Sitze. Aiwanger hat sein Interesse daran im Wahlkampf deutlich gemacht. Während er verkündet, sich anrufen zu lassen, sagt Söder am Wahlabend in der ARD, seine CSU werde "mit allen demokratischen Parteien" verhandeln. Aber: "Ich präferiere schon ein bürgerliches Bündnis, ich denke das ist das, was die Mehrzahl unserer Wähler will." Das klingt wie eine Offerte. Aiwanger hat den Hinweis verstanden: "Wenn die CSU eine bürgerliche Regierung haben will, wird sie nicht um uns herumkommen", sagt er am Sonntagabend.

Inhaltlich stimmen die beiden Parteien in vielen Bereichen überein. Gerade bei der Flüchtlings- und Migrationspolitik würden sich hier zwei Hardliner verbünden. Ansonsten würde diese Koalition in Bayern keine revolutionäre Politik machen.

Ausgemacht ist diese Koalition aber keineswegs. Sie hat nur eine knappe Mehrheit im Landtag, gemütlich ist anders. Außerdem kommt in der CSU vor allem von Kommunalpolitikern Widerstand gegen ein solches Bündnis. Schon jetzt sind die FW in den Kommunen stark und könnten durch einen Platz in der Staatsregierung noch stärker werden, so die Befürchtung in der CSU.

Schwarz-Gelb: eine unmögliche Koalition

Am allerliebsten wäre den Christsozialen (neben der absoluten Mehrheit) wohl ein Bündnis mit der FDP gewesen. Man kennt sich, verfolgt ähnliche Ziele, man hat schon mal eine Legislaturperiode zusammen durchgemacht. Bloß: Es reicht nicht. Die schwarz-gelbe Koalition käme nur auf 96 Sitze.

Eine Dreierkoalition aus CSU, FDP und einer weiteren Partei ist dadurch unwahrscheinlich geworden, dass es der CSU mit allen anderen Parteien zu Zweierbündnissen reicht. Die FDP wird nicht gebraucht.

Schwarz-Grün: wie der Bayernplan, aber weiter links

"Man spürt es: Die Leute wollen uns regieren sehen", sagte Grünen-Spitzenkandidat Ludwig Hartmann vor der Wahl. Und die Grünen wollen sich offenbar beim Regieren sehen lassen, wie ihre Haltung im Wahlkampf zeigt. Eine komfortable Mehrheit hätten CSU und Grüne. Sie kämen auf 123 von 205 Sitzen. Die Grünen könnten als zweitstärkste Partei selbstbewusst auftreten und den Koalitionsvertrag, der dem aktuellen Bayernplan folgt, nach links rücken.

Inhaltlich könnten sie an manchen Stellen Kompromisse finden, etwa in der Umwelt- und Wohnungspolitik. Im Gespräch wäre ein gemeinsames Agrar- und Umweltministerium, um Bauern nicht durch Klimaschutz zu verprellen. Viele Bürger wünschen sich, dass der Kampf gegen die Wohnungsnot ein zentrales Ziel der nächsten Staatsregierung wird.

Doch an anderen Stellen können Grüne und CSU kaum zusammenfinden: Die Grünen wollen die von Söder neu geschaffene bayerische Grenzpolizei wieder abschaffen und das gerade erst eingeführte neue Polizeiaufgabengesetz rückgängig machen, weil sie es für verfassungswidrig halten. Sie wollen Gesamtschulen, an denen länger gemeinsam gelernt wird. Außerdem ist die CSU ihnen zu antieuropäisch.

Schwarz-Rot: von wegen "große Koalition"

Rechnerisch denkbar wäre auch eine große Koalition. Die wäre allerdings gar nicht groß. 107 Sitze hätten CSU und SPD im Landtag, das wäre eine Mehrheit von nur vier Sitzen. Inhaltlich gäbe es bei der nominellen Groko ähnliche Kompromisse und Konflikte wie bei Schwarz-Grün.

Von Seiten der Sozialdemokraten stößt das Bündnis nicht auf Begeisterung. In der Bayern-SPD heißt es wohl erstmal Wunden lecken und dann, wie bei der Bundes-SPD, die Erneuerung planen. Ein weiterer Vergleich mit der Bundesebene drängt sich auf: In den wenigen Monaten ihres Bestehens hat die Berliner Groko schon zwei Krisen erlebt. Beide hat CSU-Chef Horst Seehofer ausgelöst. Falls also Söder bei SPD-Spitzenkandidatin Natascha Kohnen anrufen sollte, dürfte er folgende Antwort bekommen: "Danke. Aber: Nein, danke."

Grün-Orange-Rot-Gelb-Blau-Bunt?

Eine Koalition ohne CSU ist mit diesem Wahlergebnis nahezu ausgeschlossen. Grüne, Freie Wähler, FDP und SPD kämen zusammen nur auf 98 Sitze. Eine sogenannte Regenbogenkoalition hätte also keine absolute Mehrheit. Die könnte sie mit der AfD erreichen. Aber mit den Rechtspopulisten will noch nicht einmal die CSU regieren.

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