Die Woche in Bayern:Die Erosion der CSU

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Gillamoos-Besucher vor Plakaten der AfD in Abensberg. (Foto: REUTERS)

Vom einstigen Selbstbewusstsein der Partei ist nichts mehr übrig geblieben. Außerdem gab es in dieser Woche Bierzelt-Frotzeleien und versteigerte TV-Auftritte. Ein politischer Rückblick.

Von Sebastian Beck

Gut einen Monat vor der Landtagswahl befindet sich die CSU in einem Zustand, in dem sie einem fast leidtun kann. Vom einst dröhnenden Selbstbewusstsein der Partei, von ihrer ganzen Überheblichkeit, mit der sie über Bayern herrschte, ist nichts übrig geblieben. Im Gegenteil, wer mit Abgeordneten über die Stimmung auf dem Land spricht, der bekommt Erlebnisse geschildert, die nicht nur Parteianhänger schaudern lassen: Merkel und Flüchtlinge, das sind die beiden Themen, die alles andere überlagern. "Wir können tun, was wir wollen", fasst eine Abgeordnete die Lage zusammen, wenn sie mit AfD-Sympathisanten redet, kommt meist eins zurück: "Du kannst mich mal."

Seit der verlorenen Bundestagswahl vor einem Jahr hat sich die Stimmung eher noch verschärft und weiter gegen die CSU gedreht. Dass die Staatsregierung auf etlichen Feldern erfolgreiche Politik betrieben hat - die Heerschar der Beleidigten interessiert das alles nicht: Die Flüchtlingskrise im Herbst 2015 und Merkels "Wir schaffen das" hat bei der konservativen CSU-Klientel ähnliche Spuren hinterlassen wie einst die Agenda 2010 bei den Linken in der SPD.

Das anfängliche Gefühl der Bedrohung und der Ohnmacht angesichts der Flüchtlinge ist bei vielen Menschen der Verachtung gewichen. Das schließt auch Politiker der CSU mit ein, die sich selbst stets als Sensoren des demokratischen Systems betrachtet haben. Sie müssen sich vorhalten lassen, dass sie zwar dauernd gegen die verhasste Kanzlerin gestänkert hätten, um am Ende doch vor ihr zu kuschen. Das gilt insbesondere für Parteichef und Innenminister Horst Seehofer, dessen erratische Äußerungen zu den Vorgängen in Chemnitz auch bei den eigenen Leuten für Entsetzen sorgen.

Der Verdruss über Merkel, ihre Flüchtlingspolitik und die CSU führt in der Konsequenz dazu, dass demnächst eine Partei in den Landtag einziehen wird, die in ihrer Wut fast alles zerschlagen will, was dieses Land nach 1945 ausgezeichnet und groß gemacht hat - allen voran Toleranz und Mäßigung. Deren Klientel scheint das nicht zu stören: "Ich wähle jetzt AfD!", bekam ein CSU-Politiker von einem Bekannten zu hören. Ob er deren Programm gelesen habe? Nein, gab der Mann zurück, das sei ihm völlig wurscht.

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DAS KOMMT AUF UNS ZU

Rund um die Parteizentralen in München könnten kommende Woche leichte Erschütterungen zu spüren sein. Ein Erdbeben ist es nicht, vielmehr das große Zittern vor dem Bayerntrend, einer regelmäßigen Umfrage des BR-Politmagazins "Kontrovers." Geht es für die CSU nach zuletzt 36 Prozent noch weiter nach unten? Wird die SPD tatsächlich von der AfD überholt? Gibt es eine natürliche Obergrenze für den Höhenflug der Grünen?

Parteiübergreifend lässt sich eine Reaktion schon mal voraussehen: "Nicht Umfragen", werden die Spitzenkandidaten sagen, "Wahlen müssen wir gewinnen." Nur für einen klitzekleinen Moment wird man ihnen abkaufen, dass das eine das andere ausschließt.

Bahn-Mitarbeiter haben es in diesen Tagen schwer: Ständig gibt es Ärger mit Schwarzfahrern, verstopften Toiletten oder wütenden Kunden, die doch nur mal das Wlan benutzen möchten. Teure Klamotten, der Effekt ist vom Frustshoppen bekannt, können über derartigen Stress hinwegtrösten - zumal, wenn sie vom Designer kommen. 250 bayerische Mitarbeiter haben eine von Guido Maria Kretschmer entworfene, neue Dienstkleidung der Deutschen Bahn in den letzten Wochen getestet. Wie zufrieden sie damit sind, wollen sie am Montag verraten. Für die Bahn gilt das Motto: Es gibt keine schlechten Verbindungen. Nur falsche Kleidung.

© SZ vom 08.09.2018/infu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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