Der Bayerische Rundfunk hat eine Menge traumatischer Erfahrungen mit der Politik gemacht, eine besonders einschneidende war sicherlich ein Fernsehbeitrag aus dem Januar 2015. Der damalige Heimat- und Finanzminister Markus Söder (CSU) durfte sich selbst in der Heimatserie "Dahoam is Dahoam" spielen und großzügig über sein Lieblingsthema Heimat reden, er tat das natürlich derart überzeugend, dass die Kritiker völlig aus dem Häuschen waren - jedoch nicht vor Begeisterung. Sie empörten sich, wie der BR dem versierten Inszenierungskünstler Söder eine derartige Bühne bereiten könne. Der Sender erklärte den Auftritt zunächst zum Konzept, auch Politiker anderer Parteien sollten in der Serie noch auftreten dürfen. Geworden ist daraus nichts mehr. Inzwischen ist die umstrittene Folge aus der Mediathek getilgt.
Seit jenem Vorfall herrscht beim öffentlich-rechtlichen BR eine gewisse Sensibilität, was die Privatinteressen von praktizierenden und angehenden Politikern betrifft. Helmut Markwort dürfte diese Vorgeschichte bekannt gewesen sein. Er ist einer der erfahrensten politischen Journalisten des Landes, kennt das Innenleben des BR als langjähriger Moderator des "Sonntags-Stammtischs". Mit 81 Jahren schickt er sich jetzt an, für die FDP in den Landtag einzuziehen. Dennoch hat er nun fast eine Wiederholung von Söderschem Format produziert - mit anderer Rollenbesetzung zwar, aber mit ähnlich unangenehmen Fragen für die Beteiligten.
Wahlkampf:Große Werte, kleiner Zuspruch
Wie es SPD, Freie Wähler und FDP schaffen wollen, bei der Landtagswahl besser abzuschneiden als auf Platz vier, fünf und sechs.
Vor Tagen saß Markwort mit Freunden und Unterstützern bei einer Wahlveranstaltung in einem Münchner Lokal zusammen. "Es war ein erlauchter Kreis der FDP Bayern zugeneigter Bürger, der mir (...) die Ehre gab", schreibt er auf seiner Facebook-Seite: "Die Gäste mussten einen Beitrag für Abendessen und mein Wahlkampfkonto zahlen, konnten aber dafür auch an der Versteigerung von drei außergewöhnlichen Preisen teilnehmen." Zur Wahl standen zwei VIP-Karten für ein Fußballspiel des FC Bayern München, ein Abendessen für zwei Personen bei der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft sowie "eine maßgeschneiderte Rolle" in einer Folge der Fernsehserie "Hubert ohne Staller". "Heiß umkämpft" seien die Preise gewesen, schreibt Markwort, der Versteigerer habe die Bieter professionell wie ein hauptberuflicher Auktionator in die Höhe getrieben. Markworts Fazit: "Am Ende konnte sich meine Wahlkampfkasse über gute Erlöse freuen."
Markwort dürfte der prominenteste Kandidat der FDP in Bayern sein, er hat Radiosender und das Nachrichtenmagazin Focus aufgebaut, im Stimmkreis München-Land tritt er direkt an, auf der oberbayerischen Liste auf Platz 16. Sein Motto: Auch als Politiker kämpfe er "für Fakten und Klartext, der normale Bürger nicht abschreckt". Der Klartext in seinem Facebook-Beitrag hat nun allerdings manche aufgeschreckt. Kritiker wittern eine fragwürdige Verquickung privater Wahlkampfzwecke mit der Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Fernsehens.
"Ein absolutes No-Go" sei das, "Skrupellos"
"Hubert und Staller" ist eine der erfolgreichsten Sendungen im ARD-Vorabendprogramm. Weil einer der beiden Hauptdarsteller ausgestiegen ist, läuft sie künftig unter dem Namen "Hubert ohne Staller". Sie wird redaktionell betreut vom BR, im Ersten Programm erreicht sie ein Millionenpublikum. Für Ulrike Gote, medienpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, ist deshalb völlig klar: "Politische Parteien oder Parteivertreter dürfen keinen redaktionellen Einfluss auf Sendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks haben." Genau das aber habe Markwort getan: Es sei "ein absolutes No-Go" und "skrupellos", dass Markwort seine Wahlkampfkasse aufbessere, indem er eine Rolle im öffentlich-rechtlichen Fernsehen versteigere. Der BR müsse klar Stellung beziehen, fordert Gote.
Helmut Markwort versteht die Aufregung nicht. Die Sendung werde im Auftrag des BR von einer privaten Firma produziert, der ihm bekannte Produzent habe ihm eine Rolle für seine Versteigerung "zur Verfügung gestellt". Weder werde er, Markwort, selbst in der Serie auftreten, noch nehme er auf Inhalte Einfluss. Die Karten für den FC Bayern etwa habe er persönlich finanziert, Platin-Klasse, beste Sicht. Auch Harald Schmidt, der Entertainer und Kabarettist, sei an dem Abend aufgetreten, gratis, und habe die Gäste toll unterhalten. Er unterstütze "keine Partei, sondern nur den Markwort", habe Schmidt gesagt. Sagt Markwort. Und die Rolle? Ein Interessenskonflikt?
Am Ende scheint alles ein Missverständnis
Viele Menschen hätten mitgesteigert. Am Ende habe sie ein Mann als Geschenk für seine Freundin erworben. Den Betrag möchte Markwort nicht nennen. Der Preis sei jedenfalls attraktiv gewesen. Der Frau solle eine Rolle auf den Leib geschrieben werden, mit eigenem Text.
Womöglich wird aber auch nichts aus der erhofften Fernsehkarriere. Der Sender sei in den Vorgang nicht eingebunden gewesen, Komparsenrollen würden ohne Detailabsprache von der Produktionsfirma vergeben, sagt ein Sprecher des Ersten Programms. Ob es vereinbar sei, dass ein Landtagskandidat eine Rolle in einer öffentlich-rechtlichen Fernsehserie versteigere? "Ganz klar, nein." Der Produzent sei davon ausgegangen, dass die Versteigerung zu wohltätigen Zwecken erfolge und nicht zur Wahlkampfhilfe. Er bedauere das Missverständnis und werde mit Herrn Markwort nun Kontakt aufnehmen - "mit der Bitte um Unterlassung".