Europäische Union:Wie Bayern zu Europa steht

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Ohne die Europäische Union läuft auch im Freistaat nichts. Allerdings sind nicht alle Parteien in Bayern gleich positiv zur EU eingestellt. (Foto: Stephan Rumpf)
  • Der Europaabgeordnete Manfred Weber (CSU) kandidiert für den Posten des EU-Kommissionspräsidenten.
  • In den Parteiprogrammen der Parteien, die zur Landtagswahl antreten, finden sich unterschiedliche Haltungen zu Brüssel.

Von Christian Sebald, Katja Auer, Johann Osel und Wolfgang Wittl, München

Manfred Weber will EU-Kommissionspräsident werden und damit Chef der europäischen Regierung. Er wäre der erste Bayer auf diesem Posten, am Mittwoch hat er seine Kandidatur erklärt. Was, sagen Kritiker: Ausgerechnet ein Politiker der CSU, die gerne mal in Richtung Brüssel schimpft, will dort den Ton vorgeben? Nun: Der stellvertretende Parteichef Weber aus Wildenberg im Landkreis Kelheim ist als Europafeind unverdächtig, die CSU ist es aus seiner Sicht auch.

"Für mich ist die CSU, wenn es um Europa geht, die Partei von Franz Josef Strauß und Theo Waigel. Eine Europapartei", sagt Weber. Er freue sich immer, "wenn wir kritisch und lebendig diskutieren." Eine Partei müsse um große Leitentscheidungen ringen, das müssten die Menschen spüren und sehen. "Ich habe mich da in der CSU immer zu Hause gefühlt. Totenstille will ich nicht."

Still ist Markus Söder ohnehin selten. In seiner ersten Regierungserklärung sprach er zwar vor allem über Bayern und nicht zu Europa, ein Wahlprogramm der CSU gibt es noch nicht. Die erste Auslandsreise mit seinem Kabinett führte Söder allerdings nach Brüssel. "Wir wollen mitmischen, mitreden, uns einbringen", sagte der Ministerpräsident bei seinem Besuch im Mai. Und wenn die EU sich nicht zu sehr in die Angelegenheiten der europäischen Regionen einmische, "dann kommen wir gut zusammen". Dieser Grundsatz gilt auch heute noch. Aber wie stehen die anderen Parteien im Landtagswahlkampf zu Europa?

Die Freien Wähler verstehen sich als Pragmatiker und für die EU gilt das in besonderem Maße. "Viele bayerische Gesetze und Verordnungen haben ihren Ursprung in Europa", heißt es in ihrem Wahlprogramm. "Deswegen wollen wir (...) so früh wie möglich Einfluss auf politische Entscheidungen in Brüssel nehmen." Außerdem gelte es "Bayerns Stimme" in der EU zu stärken. Ansonsten schwingt in dem Wahlprogramm viel Europa-Skepsis mit, gleich ob es um Hilfen für Griechenland oder andere verschuldete EU-Mitgliedsstaaten geht, Freihandelsabkommen mit Drittstaaten, eine gemeinsame Finanz- und Steuerpolitik. In der Wirtschafts- und in der Sicherheitspolitik indes wollen die Freien Wähler die EU stärken.

Auf dem Gillamoos-Volksfest Anfang der Woche hat der Kelheimer Kandidat der AfD, Peter A. Gebhardt, die EU-Linie seiner Partei auf den Punkt gebracht. Er sprach von einer "drohenden Bürokratiediktatur". Was konkret damit gemeint ist? Das Programm führt für die Landtagswahl kein eigenes Europa-Kapitel, dafür das Grundsatzprogramm. Hier wird unter anderem gefordert, Kompetenzen an die Nationalstaaten zurückzugeben und eine Volksabstimmung über den Euro abzuhalten.

Die EU der Garant für Frieden, Sicherheit und die Wahrung der Menschenrechte in Europa

Europäische Schuldenpolitik war einst ein zentraler Gründungsgedanke der AfD, ist heute aber in der Partei fast schon eine Nische im Vergleich zum Flüchtlingsthema. Häufig wird in der AfD Brüssel auch für die Asylpolitik mit verantwortlich gemacht - demnach werde Zuwanderung von der EU und den Vereinten Nationen gezielt befördert. Diese "Zwangsbeglückung mit Migranten", wie es etwa der bayerische Bundestagsabgeordnete Martin Hebner nennt, diene dem Ziel der Auflösung der souveränem Nationalstaaten.

Anders SPD, Grüne und die FDP. Für SPD-Spitzenkandidatin Natascha Kohnen ist die EU der Garant für Frieden, Sicherheit und die Wahrung der Menschenrechte in Europa und das Fundament des Wohlstands in Bayern und Deutschland. So hat sie es im Juni im Landtag in einen emphatischen Bekenntnis zur EU formuliert. Derzeit sieht die SPD die EU freilich "auf eine harte Bewährungsprobe gestellt", wie es in ihrem Wahlprogramm heißt. Die Stichworte lauten Brexit, nationalistische Strömungen und Flüchtlingskrise. Die Antwort der SPD ist eindeutig: "Für uns gibt es kein Zögern und Zaudern. Europa braucht uns jetzt, wie wir Europa brauchen. Europa braucht ein starkes europäisches Bayern." Für die Partei ist Europa viel mehr als eine Wirtschaftsunion, sie wünscht sich gemeinsame Initiativen in der Sozialpolitik genauso wie in der Finanz- und der Steuerpolitik und der Flüchtlingspolitik.

Die Grünen positionieren sich auch im Landtagswahlkampf klar als pro-europäische Partei. Es sei sogar die Bedingung für eine wie auch immer geartete Koalition, dass sie sich klar zu Europa bekenne, sagt Spitzenkandidat Ludwig Hartmann. Entsprechend deutlich ist das Wahlprogramm. "Unsere Zukunft liegt in Europa", heißt es da. Die Grünen sprechen sich für eine gemeinsame europäische Flüchtlingspolitik und offene Binnengrenzen aus. "Grenzkontrollen zu Österreich durch die bayerische Landespolizei werden wir umgehend beenden", heißt es. Stattdessen solle Bayern wieder zum Motor der europäischen Integration werden.

Die FDP nennt sich selbst eine Europapartei und fordert ebenfalls offene Binnengrenzen und das Ende der Grenzkontrollen zu Österreich. Betont wird im Wahlprogramm die Bedeutung Europas für die Unternehmen. Die Liberalen setzen auf europäische Solidarität, fordern aber gleichzeitig die konsequente Anwendung des Subsidiaritätsprinzips, dass also in Bayern selbst geregelt werden soll, was selbst geregelt werden kann.

© SZ vom 06.09.2018 / cws, kaa, ojo, wiw - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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