Mitten in Krün:Der letzte Max

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Künftig müssen die Kühe in Krün mit Sperma aus dem Tiefkühler klarkommen, ihr Stier hat seine letzte Reise längst hinter sich. (Foto: Georgine Treybal)

Die Gemeinde Krün hat bis vor Kurzem noch einen eigenen Stier für die Nachzucht der Rinder im Ort gehalten. Doch jetzt hat er seine letzte Reise zum Metzger antreten müssen.

Von Matthias Köpf, Krün

Bei Traditionen scheint stets jedes Pathos angebracht, also werden Traditionen, wenn es damit mal vorbei ist, gern zu Grabe getragen. In Krün im oberen Isartal war davon neulich auch die Rede, aber in Wirklichkeit haben sie es dort anders gemacht. In Krün haben sie ihre Tradition zum Metzger gefahren. Es wäre natürlich auch schade gewesen um die fleischgewordene Tradition, bei angeblich 1200 Kilogramm Lebendgewicht. Und das mit dem Metzger gehört ja eigentlich sogar dazu. Nur dass es dieses Mal halt das letzte Mal war.

Denn der Bürgermeister, der Landwirtschaftsreferent des Gemeinderats und der Schoggl, so der Hofname des seit 90 Jahren für die Haltung zuständigen Bauern, werden nicht mehr gemeinsam zum Zuchtviermarkt nach Weilheim fahren, um dort einen neuen Max zu ersteigern. Wobei in dessen Personalpapieren meistens andere Namen eingetragen waren, aber sobald so ein Zuchtstier mal der neue Krüner Gemeindestier war, hieß er eben Max.

Mit der letzten Reise des letzten Max endete nun also diese Reihe, die am Schogglhof von Max I. bis zu Max XXXVIII. gereicht haben könnte - jedenfalls mal ganz grob überschlagen, denn so genau weiß es auch niemand. Der Gemeindestier wurde aber turnusgemäß alle zwei oder drei Jahre ausgewechselt, damit es genetisch nicht allzu einfältig wird unter den Kühen in Krün. Auch sie werden jetzt also mit diesen in flüssigem Stickstoff tiefgekühlten Samenportionen von Stieren vorliebnehmen müssen, die sie nie persönlich kennenlernen. Aber die Dating-App hat in dem Fall auch noch nie die Kuh bedient, sondern immer nur der Bauer.

In Krün werden jetzt jedenfalls die auswärtigen Rechnungsprüfer Ruhe geben. Die hatten 2017 mal angemerkt, dass die Gemeinde von den Bauern wenigstens kostendeckende Gebühren verlangen soll, wenn sie sich schon unbedingt an ein Gesetz halten will, das ihr das Bereitstellen von Zuchtstieren aufträgt. Im Königreich Bayern wurde es angeblich 1888 erlassen. Inzwischen gilt es nicht mehr. Stattdessen soll es nun auch für Stiere eigene Boxen mit Auslauf geben und irgendwann gar keine Anbindehaltung mehr. Und das wird dann selbst den Krünern auf Dauer zu aufwendig. Ganz ausgestorben sind die Gemeindestiere damit zwar noch nicht, aber viele gibt es nicht mehr. Der letzte Max kommt in einem Gastronomiebetrieb in der Region auf den Tisch.

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