Kommunalpolitik:Klimaneutral bis 2030? Bayreuther Bürgerentscheid vor Gericht

Lesezeit: 2 min

Dürfen die Bayreuther per Bürgerentscheid die städtische Klimapolitik bestimmen? Diese Frage muss jetzt ein Gericht beantworten. Das Bild zeigt den Famabrunnen und den Zunftbaum in Bayreuths Fußgängerzone. (Foto: imago images/H. Tschanz-Hofmann)

Eine Initiative in Bayreuth hat mehr als 5000 Unterschriften gesammelt, um über die städtische Klimapolitik entscheiden zu lassen. Vergeblich. Nun muss die Justiz entscheiden.

Von Olaf Przybilla, Bayreuth

Für die Übergabe der Unterschriften hatte man sich etwas einfallen lassen. Einen Teppich hatte die Initiative "Klimaentscheid Bayreuth" ausgelegt, Instrumente bereitgehalten und dem Oberbürgermeister mehr als 5000 Unterschriften übergeben, akkurat in einen Koffer gepackt. Wie die Stadt für mehr Klimaschutz zu sorgen versuche, reiche bei Weitem nicht aus, das war die Botschaft der Klimaentscheidler. Mit den Unterschriften wollten sie einen Bürgerentscheid über die Klimapolitik in Bayreuth erzwingen.

Vorläufig vergeblich, denn die Stadt ließ das nicht zu. Im Juni 2022 erklärte der Stadtrat einen solchen Entscheid für nicht zulässig. Zwar sei die Zahl der Unterschriften hinreichend, die ebenfalls notwendigen "materiellen Voraussetzungen" aber seien nicht erfüllt, argumentierte die Stadt. Schon nach der Übergabe der Unterschriften hatte OB Thomas Ebersberger (CSU) konkrete Zweifel angemeldet. So sei ein Bürgerentscheid dann nicht zulässig, wenn er das Gleichgewicht des städtischen Haushalts so massiv störe, dass "die stetige Aufgabenerfüllung" nicht gesichert sei. Dies sei beim Plan, die Stadt 2030 klimaneutral zu machen, der Fall. Mit 25 zu 15 Stimmen schloss sich der Stadtrat dieser Haltung letztlich an.

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Nun hatte die "Initiative Klimaentscheid" bereits vor der Abstimmung im Stadtrat betont, man behalte sich im Fall einer Ablehnung juristische Mittel vor. Und tatsächlich haben sich die Klimaentscheidler zu diesem Weg entschieden. An diesem Donnerstag wird die vierte Kammer des Verwaltungsgerichts Bayreuth ihre Klage mündlich verhandeln. Die Klägerseite, so erklärt es vorab eine Gerichtssprecherin, habe bei der Stadt ein Bürgerbegehren eingereicht, das im Wesentlichen darauf abziele, dass Bayreuth einen "verbindlichen Maßnahmenplan" aufstelle, um damit "echte Klimaneutralität" bis 2030 erreichen zu können. Nachdem die Stadt dieses Begehren als unzulässig ansehe, habe sich die Klägerseite ans Gericht gewandt.

Dass in der Causa bereits am Donnerstag ein Urteil ergeht, gilt als unwahrscheinlich. Zum einen ist der Sachverhalt komplex. Zum anderen gilt die Klage in der Form als juristisches Neuland. Die Juristin Veronika Thalhammer, die die Aktivisten vor Gericht vertritt, hat über Klimaentscheide wissenschaftlich gearbeitet. Ein solcher Klagefall sei ihr bislang nicht untergekommen, sagt sie im SZ-Gespräch.

Im Kern dürfte es bei der Verhandlung um verschiedene Komplexe gehen. Erstens um die Frage, ob die Forderungen der Aktivisten tatsächlich zu unbestimmt sind, sodass Abstimmende gegebenenfalls gar nicht erkennen könnten, worüber sie exakt entscheiden sollen. Zumal schwer erkennbar sein könnte, welche Maßnahmen für eine "Klimaneutralität 2030" wirklich notwendig wären - und was dies kosten würde. Die Klage hält dagegen, die Forderungen seien sehr wohl zu verstehen, von unmündigen Abstimmenden dürfe man nicht ausgehen. Das exakte Beziffern von etwaigen Kosten wiederum könne nicht Aufgabe eines Bürgerbegehrens sein.

Zum Zweiten dürfte es in Bayreuth um die Frage gehen, ob die Forderungen der Aktivisten auf lokaler Ebene tatsächlich faktisch unmöglich umzusetzen sind; darum also, ob der Klimawandel nicht vielmehr eine globale Aufgabe darstellt und die finanziellen Ressourcen von Kommunen für dergleichen nicht viel zu beschränkt sind. Dass dies angeblich so sein soll, bestreiten die Klimaentscheidler. Nicht zuletzt erhoffen sie sich von der Klage, dass auch "ungeklärte Rechtsfragen" zu Bürgerbegehren und den Klimaschutzanstrengungen der Kommunen nun gerichtlich geklärt werden.

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