Masken-Untersuchungsausschuss:Aiwanger machte extrem Druck beim Maskenkauf - mit wenig Erfolg

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Hubert Aiwanger bei einem Termin im ersten Corona-Jahr. (Foto: Catherina Hess)

Zu Beginn der Pandemie verlangte Bayerns Wirtschaftsminister, elf mögliche Lieferanten für Corona-Schutzkleidung täglich anzurufen. Besonders pikant: Der erste Name war ein Parteifreund der Freien Wähler, der heute wegen Betrugsverdacht angeklagt ist.

Von Klaus Ott, München

An diesen recht ungewöhnlichen Vorgang mit Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger kann sich Christian Wittstadt, einer der wichtigsten Zeugen im Masken-Untersuchungsausschuss des bayerischen Landtags, noch genau erinnern. Es geht um eine Liste von Aiwanger mit möglichen Lieferanten von Schutzkleidung gegen das Coronavirus, um SMS und Anrufe des Ministers, und um massiven Druck. Und darum, dass dies alles nicht viel gebracht hat beim Kampf gegen die Pandemie. Besonders pikant: An erster Stelle von Aiwanger Liste, er ist Landeschef der Freien Wähler, stand ein Parteifreund von ihm. Gegen den wiederum liegt heute ein Anklage wegen Betrugsverdacht bei Maskenverkäufen an den Freistaat vor.

Wittstadt, er ist Vizechef der Bereitschaftspolizei in Dachau, hat im Frühjahr 2020 eine Sondereinheit des Freistaats zur Beschaffung von Schutzkleidung gegen das Coronavirus geleitet. Diese "Unterstützungsgruppe Beschaffungen Corona-Pandemie" bestand aus Polizei und Technischem Hilfswerk und war in Geretsried bei München. Am Montag, 6. April gab es dort eine größere Runde der Unterstützungsgruppe mit Vertretern von Wirtschafts- und Gesundheitsministerium und weiteren Organisationen.

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Ziemlich rasch bei dem Treffen habe Aiwanger eine "handgeschriebene Liste" mit elf Namen und Telefonnummern hochgehalten und gesagt, "die telefonieren wir jetzt jeden Tag ab". So berichtet das der Polizeibeamte Wittstadt, als er am Freitag vor Pfingsten im U-Ausschuss des Landtags aussagt. Dort wird Aiwangers Liste gezeigt, geschrieben mit grüner Tinte, der Ministerfarbe. Wittstadt weiß auch noch, wen Aiwanger mit "wir" alles gemeint habe. Sowohl die Unterstützungsgruppe als auch das Gesundheits- und das Wirtschaftsministerium hätten täglich mit diesen möglichen elf Lieferanten telefonieren sollen, um damals dringend notwendige Schutzkleidung zu besorgen.

Er habe versucht, den Prüfprozess "extrem zu beschleunigen"

In den Tagen darauf, erinnert sich Wittstadt, habe sich Aiwanger bei ihm per SMS und Telefon gemeldet und mitgeteilt, "da kommt jetzt dies und das". Das sei mit "extremen Druck verbunden" gewesen. Aiwanger habe "wahnsinnig angeschoben", er habe versucht, den Prüfprozess "extrem zu beschleunigen". Aufgabe der Unterstützungsgruppe war es gewesen, die mehreren Tausend Angebote für Masken und andere Schutzkleidung zu sichten und zu prüfen. Und anschließend dem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelkontrolle (LGL) vorzuschlagen, was sich bei wem beschaffen ließe.

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Bei Aiwangers Liste kam dabei laut Wittstadt nicht besonders viel heraus. "Wenn die alle hätten liefern können, was ursprünglich erhofft war, wären wir sehr schnell aus dem Schneider gewesen." Doch die meisten Leute auf Aiwangers Liste hätten nichts besorgen können. Einer, der zusammen mit einem Partner über ein gemeinsames Unternehmen aus der Oberpfalz immerhin rund elf Millionen sogenannte OP-Masken im April liefern konnte, war der Freie-Wähler-Kommunalpolitiker Matthias Penkala.

Doch bereits Mitte 2020 setzte Wittstadts Unterstützungsgruppe Penkalas Firma auf eine Liste unzuverlässiger Anbieter. Wovon Aiwanger laut Wittstadt aber nichts erfuhr. Später folgten Ermittlungen und kürzlich eine Anklage, weil für einen Teil der Masken falsche Zertifikate vorgelegt worden sein sollen. Penkala und sein Partner weisen das zurück.

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