Bayern:Besessen davon, stattzufinden

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Führt jetzt das bayerische Digitalministerium, das in seinen Worten eigentlich ein "Zukunftsministerium" ist: Fabian Mehring. (Foto: IMAGO/Rolf Poss/IMAGO/Rolf Poss)

Fabian Mehring ist einer der wichtigsten Unterstützer Hubert Aiwangers bei den Freien Wählern, nun bekommt der 34-Jährige sein erstes Ministerium in der bayerischen Regierung. Über seinen Weg nach der Methode Söder.

Von Andreas Glas

Nicht lange her, da hat Fabian Mehring auf seinen sozialen Kanälen geprahlt, dass die Presse ihn gerne mit dem jungen Markus Söder vergleicht. Nach seiner Beförderung zum bayerischen Digitalminister war dann wieder so ein Moment, in dem man genau hinschauen musste, ob da wirklich Mehring spricht oder nicht doch ein junger Söder. Das Digitalministerium, sagte Mehring, sei das "Zukunftsministerium schlechthin" und er selbst jetzt "Architekt für ein modernes Bayern". Man muss wissen: Als der heutige Ministerpräsident Söder (CSU) 2007 sein erstes Ministerium bekam, das kleine Europaressort, pustete er sich zum "bayerischen Außenminister" auf. Mehring (Freie Wähler) hat diese Strategie genau beobachtet. Künftig darf er die Methode Söder aus nächster Nähe studieren.

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Bei den Freien Wählern gilt Mehring als größtes Talent. Dass ihn FW-Chef Hubert Aiwanger nun zum Minister macht, ist keine Überraschung. In der Flugblatt-Affäre hat sich Mehring inbrünstig vor Aiwanger geworfen. Er tut, was ihm nutzt, so oder ähnlich sagen das nicht wenige über Mehring. Er gilt als Generalist, kann zu praktisch jedem Thema druckreif sprechen. Dass er speziell fürs Digitale brennt, ist bisher nicht aufgefallen. Und es passt zu diesem Mann, dass er im Moment seiner Beförderung schon an den nächsten Karriereschritt denkt. Seine Rolle als Digitalminister sehe er auch persönlich als "gewaltige politische Chance", sagte Mehring am vergangenen Donnerstag. Und ließ bedeutungsschwanger fallen, was für "ein gewaltiges Privileg" es doch sei, mit 34 Jahren schon Minister zu sein.

Es ist ja wirklich ein rascher Aufstieg, den Mehring hingelegt hat. Ein Aufstieg, den er akribisch geplant hat. Mit 18 Jahren trat Mehring den FW bei, gründete im Landkreis Augsburg den Kreisverband der FW-Parteijugend. 2014 wurde er Fraktionsvorsitzender im Augsburger Kreistag, als Mittzwanziger. Und als er im Herbst 2018 den Sprung in den bayerischen Landtag schaffte, machte ihn die FW-Fraktion direkt zum Parlamentarischen Geschäftsführer. Mehring hat alles auf die Politik gesetzt, auch Politik studiert. "Fast track", wie er mal sagte, auf der Überholspur. Mit 29 Jahren machte er seinen Doktor in "Internationale Beziehungen".

Wahrscheinlich muss man auch besessen sein, um neben Söder und Aiwanger aufzufallen

Wie Mehring Politik macht, war exemplarisch in der Corona-Krise zu begutachten. Als Ministerpräsident Söder von Exit-Strategien noch nichts hören wollte, gründete Mehring in der FW-Fraktion eine Task-Force "Exit-Strategie". Dass ihm das Aufmerksamkeit brachte, wird ihn kaum überrascht haben. Dann, als Söder die ersten Lockerungen verkündete, forderte Mehring direkt die nächsten. In der CSU fanden sie das dreist, da Mehring als Parlamentsgeschäftsführer im Koalitionsausschuss saß und deshalb einschätzen konnte, welche Lockerungen bald beschlossen würden. Mehring hielt das nicht davon ab, hinterher sehr öffentlich zu betonen, auf wessen Druck diese Lockerungen angeblich zustande kamen: auf seinen. "Er ist besessen davon, stattzufinden", sagte damals jemand, der ihn oft erlebt.

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Nach der Verteilung und Neusortierung der Ministerien feiern sich CSU-Chef Markus Söder und FW-Chef Hubert Aiwanger für ihre jeweilige Durchsetzungskraft. Bei nüchterner Betrachtung zeigt sich allerdings: Einer hat nach Punkten die Nase vorn.

Von Roman Deininger und Andreas Glas

Aber wahrscheinlich muss man auch ein bisschen besessen sein, um neben den raumgreifenden Egos Söder und Aiwanger stattzufinden. Mehring ist das gelungen. Mit Dreistigkeit und rhetorischem Talent. Seine Fähigkeit, sich mit Worten größer zu machen, als er ist, wird er auch brauchen, um als Digitalminister wahrgenommen zu werden. Das Ministerium ist ein Mini-Ressort, kaum Kompetenzen, kaum Personal, kaum Budget.

Wie sich das anhört, wenn ein Mini-Minister seine Rolle aufpumpt, hat Mehring nun also schon durchblicken lassen. "Wer da die Nase vorne hat, der hat die Chance, sich heute schon die Spitzenplätze auf den Märkten von morgen zu sichern", sagte Mehring. Er sagte das über die Digitalisierung. Aber ein bisschen wohl auch über sich selbst.

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