Atomausstieg:Aiwanger verspricht Neustart der Energiewende

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In Bayern stammen 45 Prozent des Stroms aus Biomasse sowie Wasser-, Wind- und Sonnenkraft. Die Freien Wählen waren bereits in der Vergangenheit Verfechter einer dezentralen Energiewende. (Foto: Franz Xaver Fuchs)
  • Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger hält die Energiewende für "eine unserer wichtigsten politischen Aufgaben".
  • Nun hat er zu einem Energiegipfel eingeladen, bei dem Politiker und Experten das Thema vorantreiben wollen.
  • Die Freien Wähler waren in der Vergangenheit stets Verfechter einer dezentralen Energiewende mit einem hohem Anteil alternativer Energien.

Von Christian Sebald, München

Zwei Minister, ein Staatssekretär, alle möglichen Spitzenvertreter der Energiebranche, der Wirtschaft, der Kommunen und der Landtagsfraktionen, aber auch aus Forschung und Wissenschaft: Der Energiegipfel an diesem Donnerstag im Wirtschaftsministerium in München soll ein mächtiger Aufschlag werden. Entsprechend hoch sind die Erwartungen von Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler). "Die Energiewende ist eine unserer wichtigsten politischen Aufgaben", sagt er. "Um den Stillstand der vergangenen Jahre zu überwinden, brauchen wir ein Gesamtkonzept. Wir müssen jetzt alle Kräfte für den Neustart mobilisieren." Der Energiegipfel macht den Auftakt für die Entwicklung dieses Gesamtkonzepts.

Aiwanger und die Freien Wähler waren in der Vergangenheit stets Verfechter einer dezentralen Energiewende mit möglichst vielen Solarkraftwerken, Windrädern, Biogasanlagen und kleinen und mittleren Wasserkraftwerken. Dabei hatten sie vor allem die ländliche Bevölkerung, das Handwerk und den Mittelstand sowie die kleinen und mittleren Kommunen im Blick: Sie alle sollten von der dezentralen Energiewende profitieren. Vor allem natürlich durch den Verkauf des Stroms aus den Anlagen, aber auch durch ihre Planung, ihren Bau und ihre Wartung.

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Obwohl die neue Koalition an der umstrittenen Abstandsregelung für Windräder festhält, will der Wirtschaftsminister mehr Strom in Bayern produzieren.

Vor allem wollte Aiwanger das umstrittene Abstandsgesetz 10 H für neue Windräder aufweichen, mit dem die CSU den Ausbau der Windkraft praktisch gestoppt hat. Und bei den Gegnern der beiden Stromautobahnen SüdLink und SuedOstLink, die einmal große Mengen Windstrom aus Norddeutschland nach Süddeutschland transportieren sollten, beförderte er Erwartungen, dass zumindest eines der Projekte überflüssig sei und verhindert werden kann.

Diese Erwartungen sind am Mittwoch herb enttäuscht worden, als der Netzbetreiber Tennet seine vertieften Planungen für den SuedOstLink zwischen dem oberfränkischen Hof und Pfreimd in der Oberpfalz präsentiert hat. Sie machen einmal mehr klar, dass die Stromautobahn kommen wird, so wie das per Bundesgesetz festgelegt ist. "Aiwanger muss endlich zur Kenntnis nehmen, dass es längst nicht mehr um das Ob der Stromautobahnen, sondern einzig um das Wie geht", sagt ein Teilnehmer des Gipfels, der nicht genannt werden will.

So wie Aiwanger auch zur Kenntnis nehmen hat müssen, dass sich die CSU in Sachen Windkraft um keinen Millimeter bewegt. Der FW-Chef wollte unbedingt eine Überprüfung des 10-H-Gesetzes in den Koalitionsvertrag hineinverhandeln. Sein Ziel: Die Staatsregierung sollte den Mindestabstand zwischen Windrädern und Wohnsiedlungen mittelfristig von derzeit zwei Kilometer auf einen Kilometer verringern, damit der Ausbau der Windkraft wieder an Fahrt aufnimmt. Die CSU, die sich den Windkraft-Gegnern verpflichtet fühlt, ließ die Forderung abperlen, im Koalitionsvertrag steht sogar ausdrücklich, dass die neue Staatsregierung an 10 H festhält.

Die Stromversorgung muss sichergestellt sein

Es gibt allerdings auch kleine Hinweise, dass es mit Aiwangers Neustart der Energiewende womöglich nicht so weit her sein wird. So versäumte das Wirtschaftsministerium, einen Vertreter der Erneuerbare-Energien-Branche auf die Rednerliste des Energiegipfels zu setzen. Dabei stammen doch bereits 45 Prozent des in Bayern erzeugten Stroms aus Biomasse sowie Wasser-, Wind- und Sonnenkraft. Und nach Aiwangers Bekenntnissen steht und fällt die Energiewende mit ihrem weiteren Ausbau. Erst nachdem die Branche massiv interveniert hat, darf nun auch ein Vertreter des Bundesverbands Erneuerbare Energien auf dem Energiegipfel sprechen.

Nach außen hin geben sich die Teilnehmer der Veranstaltung derweil sehr zuversichtlich. "Wir sind offen für Konzepte zur dezentralen Erzeugung, wenn sie realistisch sind und zu keinen Strompreiserhöhungen führen", sagt zum Beispiel Bertram Brossardt von der mächtigen Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft. "Das ist zugleich auch die Erwartung an den Wirtschaftsminister: Wie alle seine Vorgänger muss und wird er darauf achten, dass Strom in Bayern jederzeit in ausreichender Menge verfügbar und zugleich bezahlbar bleibt - für den Einzelnen wie insbesondere für die energieintensive Industrie."

© SZ vom 13.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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