Unter Bayern:Wenn bayerisches Bier von ganz woanders kommt

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Ist da auch drin, was drauf ist? Das ist die Frage, wenn mit Kloster Ettal geworben wird. (Foto: Alexandra Schuler/dpa)

Wahre Heimatliebe wird gern in Fässern und Flaschen verkauft. Manchmal ist sie aber auch ein bisschen gepanscht.

Glosse von Matthias Köpf

Wer ein Fass aufmacht, hat entweder was zu feiern oder verspürt dringenden Diskussionsbedarf, was denjenigen dann oft auch wieder ein wahres Fest ist. Vor Gericht überwiegt die zweite Bedeutung, so wie gerade am Landgericht München. Das muss eine Klage der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs verhandeln - eines Vereins, der aufs Fassaufmachen im zweiten Sinne regelrecht spezialisiert ist. Konkret geht es darum, ob ein Brauereikonzern mit Sitz in Bitburg in der Eifel ein paar seiner noch mal ganz woanders gebrauten Produkte bewerben darf mit Bayerns Bergen und dem Kloster Ettal davor. Das Kloster stünde jedenfalls tatsächlich vor bayerischen Bergen, aber nicht vor jenen zugespitzten Gipfeln, die sich die Werbegrafiker da teilweise zusammengeschoben haben.

Aber darum geht es ja gar nicht so genau, sondern ums Geld, und da müssen die Beteiligten eben das Urteil abwarten, das Mitte Juli verkündet werden soll. Für Lokalpatrioten ist das beklagte Bier sowieso eher nichts - ganz im Gegensatz zu vielen anderen. Denn an kaum etwas klammert sich mancher verwurzelungswillige Konsument so fest wie ans örtliche oder notfalls halt ans regionale Bier. Solange es schmeckt, spricht nichts gegen dieses Regionalprinzip - schon wegen der Transportwege. So haben manche kleine Brauereien im vergangenen Jahr das überregionale Ausliefern angesichts astronomischer Dieselpreise ganz sein gelassen.

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Im marketingmäßig besten Fall leitet sich der Markenname des lokalen Biers vom Sitz der Brauerei ab, das Aldersbacher kommt also aus Aldersbach, das Baumburger aus Baumburg, das Schönramer aus Schönram. Das Prinzip funktioniert aber nur, wenn es am Ort höchstens eine Brauerei gibt und nicht gleich ein Dutzend, wie es früher mal in jedem Marktflecken gewesen ist.

Die Ettaler etwa hätten aber eh ihr Ettaler. Das wird von genau jenen Benediktinern gebraut, die Teile ihres Sortiments ins ferne Hessen vergeben und damit auch nie hinter dem Berg gehalten haben, hinter welchem auch immer. Das mit dem Kloster beworbene Bier gehört in Anbetracht der Kampagne aber eher zu jenen sogenannten TV-Bieren, die oft im Umfeld von Sportübertragungen beworben werden. Vielleicht wäre es Zeit, sich noch eine Marke eintragen zu lassen, die da ganz authentisch bleibt: "Fernseher hell" oder - auch gut - "Fernseher dunkel".

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