Rechte Stimmungsmache:Der @PolizistdesJahres kommt aus Nürnberg

Die zunehmende Gewalt gegen Einsatzkräfte gehe von Flüchtlingen aus, behauptet einer bei Twitter. Doch die Polizei braucht nur wenige Worte, um das zu widerlegen.

Kolumne von Olaf Przybilla

Polizeipräsidien sind Behörden, die mit ernsten und gesellschaftlich hochrelevanten Dingen zu tun haben und durch eine stark hierarchisierte Struktur gekennzeichnet sind. Und so ist es zwar nervig, aber kaum zu verhindern, dass schriftliche Verlautbarungen der Polizei in meist bürokratischem, bestenfalls staatstragendem Ton gehalten sind.

Wobei das nur für die per Mail verschickte Erklärung gilt. Einem Außerirdischen würde man wohl schwer erklären können, worin exakt der Unterschied zur Twitter-Verlautbarung der Polizei liegt. Und auch einem Nichtaußerirdischen kann man's womöglich nur mit einem "ist halt einfach so" erläutern. Weil schriftlich sind Twitter-Mitteilungen nun mal auch - und es steht da als Urheber ebenfalls "Polizeipräsidium" drüber. Was von dort getwittert wird, hat also genauso als offizielle Verlautbarung zu gelten wie jede andere Polizeierklärung.

So. Und damit zum Polizisten des Jahres. Es ist zwar erst September, aber einen sprachgewandteren und cooleren Beamten als jenen, der kürzlich im Polizeipräsidium Mittelfranken Social-Media-Dienst hatte, dürfte dieses Jahr nicht mehr hervorbringen. Das Präsidium hatte eine Statistik über Gewalttaten gegen Polizisten in Mittelfranken getwittert. Woraufhin ein Troll sich genötigt sah, dies auf "Fachkräfte" zurückzuführen und dies ostentativ in Anführungszeichen zu setzen. Gemeint waren offenbar: Asylbewerber. Und natürlich - das gehört zum ritualisierten Jargon der monothematischen Hetzbacke mit Orthografieschwäche und Internetanschluss - schrieb der Troll nicht nur "seid (!) unsere 'Fachkräfte' hier sind". Er versah das auch mit der Bemerkung, darüber dürfe die Polizei "wahrscheinlich nicht reden".

Tweet des Polizeipräsidiums Mittelfranken zu Gewalt gegen Polizisten
(Foto: Screenshot: SZ)

Doch, darüber darf die Polizei reden. Was der Beamte - ein erfahrener Polizist Anfang vierzig - dem Troll antwortete, ist von so sprachlicher Prägnanz, inhaltlicher Schonungslosigkeit und erfrischender Direktheit, dass die Gesellschaft für deutsche Sprache sich den Fall für anstehende Preisverleihungen unbedingt aufbewahren sollte. Man kann sich die zwei Sätze aber auch einfach ins Büro hängen.

Der Beamte schrieb: "Wir können ganz offen darüber reden. Der größte Anteil ist männlich, weiß, deutsch und stark alkoholisiert." Mit Verlaub: Das ist brillant.

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Gewalt gegen Polizisten
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