Politik in Bayern:Der Ministerrat vorm Zeugnistag

Lesezeit: 2 min

Ministerpräsident Markus Söder (links) könnte bald sein Kabinett umbilden, Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (rechts) gilt dabei vielen Beobachtern als Wackelkandidatin. (Foto: Stefan Puchner/dpa)

Markus Söder plant eine Kabinettsumbildung, nur wann? Das Thema hängt wie ein tiefer Nebel über dem politischen München. Und vermeintliche Wackelkandidaten legen sich offensichtlich ins Zeug.

Von Johann Osel, München

Es liegen arbeitsreiche Wochen hinter Kerstin Schreyer. Die Bau- und Verkehrsministerin von der CSU machte mit dem Ministerpräsidenten eine Testfahrt in einem Batteriezug in Mittelfranken, startete auf Presseterminen unter anderem eine "bayerische Radoffensive" oder verteidigte die Bilanz des staatlichen Wohnungsbaus. Nebenbei erstatte sie im Landtag Bericht zum Nahverkehr, zeterte gegen das österreichische Tirol wegen der Laster-Abfertigung an der Grenze und beantragte eine Sonderkonferenz der deutschen Bauminister. In Augsburg gab sie noch den Startschuss für ein Servicebüro ihres Hauses und schneite beim Winterdienst in Sauerlach nahe München vorbei: Alles paletti?

Anfang 2020 kam Schreyer in das "Superministerium", das einst für Ilse Aigner gezimmert worden war - und absolvierte bis vor Kurzem selten Pressetermine. Dabei könnte man in dem Beritt täglich ein Spatenstich-Foto in die Welt senden oder auf Lokomotiven posieren. Manche rätselten schon, was wohl ein junger Markus Söder medial in dem Ressort fabriziert hätte. Corona, sagte Schreyer der SZ mal, sei der Grund, die Bürger "möchten nicht, dass wir jetzt Eitelkeiten produzieren". Sie setze im Hintergrund und in "Schalten" mit Verbänden Grundsätzliches aufs Gleis. Jetzt nehmen viele in der CSU gesteigerte "Ambitionen" wahr. Nicht nur bei Schreyer, sondern bei mehreren Kabinettsmitgliedern.

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Manche Minister sind in Action seit Söder eine "Verfeinerung" des Teams ankündigte

Wohlmeinende sagen, dass Omikron das eben zulasse, logisch. Andere meinen, dass manche Minister just in Action sind, seit Söder angekündigt hat, sein "Team zu verfeinern", wahrscheinlich mit einer größeren Kabinettsumbildung dieses Jahr. Und seit in Medienberichten bereits mutmaßliche Wackelkandidaten benannt wurden, auch Schreyer. Dieser Tage hing das Thema wieder wie tiefer Nebel über dem politischen München. "Das Ding liegt in der Luft", wähnen kundige Leute - offen sei nur, wann Söder "die Zeit für reif hält".

Anlass für Spekulationen ist akut, dass es in der CSU-Fraktion vergangene Woche eine Grundsatzaussprache gab, als Ersatz für die ausgefallene Klausur. "Ich sauge das alles in mich auf, an Ideen und Wünschen", sagte Söder davor auf die Frage, ob da was entschieden werde. Um den "Markenkern" der CSU soll es dann in der vertraulichen Zusammenkunft im Landtag gegangen sein, um den Lockerungskurs bei Corona und um die Konkurrenz mit den Freien Wählern auf dem Land. Teilnehmer beteuern, Personalien hätten überhaupt keine Rolle gespielt, Söder habe auch nichts dazu gesagt - nicht mal pfiffige "Zwischen-den-Zeilen-Leser" würden da fündig. Das spräche wiederum dafür, dass das Ganze doch noch nicht so bald kommt. Und dass mehr Zeit wäre für Minister, sich zupackend zu zeigen.

Söder selbst hat nie Namen oder vermeintliche Wackler genannt

Söder selbst hat nie Namen oder vermeintliche Wackler genannt - aber die öffentliche Sichtbarkeit seiner Minister gefordert und bedeutende Themen skizziert. Da reimt sich mancher rasch etwas zusammen. So wie ohnehin unter landespolitischen Auguren längst potenzielle Tableaus kursieren, inklusive Regionalproporz und Geschlechterquote. Im Grunde dürfte sich kaum einer der zwölf Minister und Staatssekretäre der CSU hundertprozentig sicher fühlen. Am meisten wohl: der Söder-Vertraute Albert Füracker (Finanzen), Florian Herrmann (Staatskanzlei), dem Söder neulich einen "subba Job" attestierte; ähnliches soll für Michaela Kaniber (Landwirtschaft) gelten.

Gesetzt sein dürfte Klaus Holetschek (Gesundheit), der durch die Pandemie enorme Präsenz hat und im BR-Bayerntrend als drittpopulärster Landespolitiker abschnitt, hinter Söder und Landtagspräsidentin Ilse Aigner. Zudem Innenminister Joachim Herrmann, sofern er nach den bald 15 Jahren auf dem Posten weitermachen will. Anzeichen von Amtsmüdigkeit zeigt er indes nicht.

Der CSU-Chef sei keiner, der coram publico schlechte Noten an den Ministerrat verteile, hört man noch, "anders als andere". Gemeint ist damit Vorgänger Horst Seehofer, der dazu neigte. Beim Zeugnis für den damaligen Finanzminister Markus Söder sprach er übrigens von den berühmten "Schmutzeleien", die im Rennen um die Kanzlerkandidatur der Union vergangenes Jahr als politischer Fachbegriff Karriere machten.

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