Zu Beginn eine Entwarnung: Es ist kein Bär auf dem Weg nach Bayern. Das sagt Wolfgang Schröder. Der Wildbiologe ist Experte in Sachen Bär und Wolf und beobachtet die Szenerie sehr genau. Er war nicht wirklich überrascht, als Mitte April 2023 ein junger Braunbär in einem Gebirgstal im oberbayerischen Landkreis Miesbach aufgetaucht ist. Schröder hatte sogar damit gerechnet. Denn der Bär hatte sich zuvor monatelang unauffällig und weitgehend unbemerkt wenige Kilometer weiter in Tirol aufgehalten. "Nur in Fachkreisen war bekannt, dass er da ist", sagt Schröder. "Es war eine Frage der Zeit, dass er nach Bayern wechselte."
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Die Almbauern und die Politiker gaben sich gewohnt reflexartig höchst alarmiert. Dabei hat kein Mensch in Bayern den Bären zu Gesicht bekommen. Dass er da war, merkte man nur an den Tatzenspuren, die er im dahinschmelzenden Schnee der Bergwelt hinterlassen hat. Und daran, dass er ein paar Schafe gerissen hat, bei Oberaudorf etwa. Das reichte für starke Parolen. Zumal die Landtagswahl bevorstand und die Stimmung in der Landbevölkerung wegen der Wiederausbreitung der Wölfe eh aufgeheizt ist. Umweltminister Thorsten Glauber (FW) schloss gleich mal nicht aus, dass man den Bären abschießen werde. Und Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und sein Vize Hubert Aiwanger (FW) legten einen nicht minder wortgewaltigen Auftritt auf einer Alm hin.
Der Bär, der aus dem Trentino stammte, stapfte fernab von dem Trubel von den bayerischen Voralpen durch die Chiemgauer Berge ins Berchtesgadener Land. Dort riss er Mitte Mai noch mal ein Schaf, dann verschwand er nach Österreich. Eine Woche später wurde im Salzburger Land von einem Zug überfahren. Und warum ist sich Schröder so sicher, dass kein neuer Bär auf dem Weg nach Bayern ist? "Ganz einfach", sagt er. "Es ist weit und breit keiner in Sicht, weder in Österreich, noch in der Schweiz."