Es ist ein leises Leiden und Sterben an der aktuellen Hitze. Dieser Tage erreichen die Biologin und Artenschutzexpertin beim Bund Naturschutz (BN), Christine Margraf, immer wieder Nachrichten von Maulwürfen, die aus verdorrten Wiesen fliehen und wenig später verenden, von völlig dehydrierten Igeln und von austrocknenden Tümpeln und Bächen, in denen Hunderte Salamanderlarven sterben. Auch viele Moorböden sind strohtrocken.
"Wetterschwankungen und Extreme gab es immer wieder", sagt Margraf. "Aber inzwischen lässt die Häufung von Trockensommern, Dürrezeiten und Rekord-Temperaturen der Natur und vielen Arten keine Zeit mehr für eine Erholung." Trotz der ausgiebigen Regenfälle in diesem Frühjahr erreichen die Hitze- und Trockenschäden wieder einmal ein dramatisches Ausmaß. Und dabei hat der Sommer eben erst begonnen.
Für gewöhnlich werden die immer häufigeren Hitze- und Trockenschäden in der Natur mit der weltweiten Klimaerwärmung in Zusammenhang gebracht. Aber das ist nur die eine Seite. Die andere ist hausgemacht. Es ist die tiefgreifende Umgestaltung der vormaligen Naturlandschaften in moderne Kulturlandschaften - durch die moderne Landwirtschaft genauso wie durch den Bau von immer mehr Siedlungen, Gewerbe- und Industriekomplexen und Verkehrswegen, aber auch durch die Begradigung und Kanalisierung der allermeisten Flüsse und Bäche. Experten wie Professor Karl Auerswald, der an der School of Life Science der TU München den Lehrstuhl für Grünlandlehre innehat, sind schon seit langem überzeugt davon, dass "die schlimmen Auswirkungen der immer häufigeren Trockenperioden auch bei uns regional und lokal bedingt und nicht auf den globalen CO₂-getriebenen Klimawandel zurückzuführen sind".
Beim BN sehen sie das wie Auerswald. "Wiedervernässte Moore, renaturierte Flüsse, Bäche und Auen und strukturreiche Landschaften mit vielen Bauminseln, Hecken und Hagen trocknen nicht so schnell aus wie unsere normalen Agrarlandschaften", sagt Margraf. "Sie bieten in Hitzeperioden wie der aktuellen sehr viel länger Rückzugsräume für Tiere und Pflanzen." Der BN fordert eine Kombination aus Sofort- und längerfristigen Maßnahmen, um aktuelle und künftige Trockenschäden in der Natur so gering wie möglich zu halten.
Eine Maßnahme, die in Hitzeperioden regelmäßig umgesetzt werden sollte, ist laut BN ein Verzicht auf die Mahd öffentlicher Grünflächen und der Randstreifen an Gewässern. Längerfristig helfen demnach die Renaturierung von Flüssen, Bächen und vor allem der Moore. Letzteres hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) schon seit längerem zugesagt, allerdings hinkt der Freistaat seinen Ankündigungen deutlich hinterher.
Auch andere Naturschutzmaßnahmen sind aus Sicht des BN entscheidend für eine Stärkung des Wasserhaushalts. Die Organisation zählt dazu beispielsweise den ebenfalls seit längerem zugesagten landesweiten Biotopverbund, den Umbau der Wälder, aber auch eine Sanierung und Freilegung der in den vergangenen Jahrzehnten verfüllten Kleingewässer und Feuchtflächen und das konsequente Anlegen von Grünflächen in Siedlungsgebieten. Nach Überzeugung des BN setzt der Freistaat in seinem Kampf gegen Trockenperioden zu sehr auf technische Lösungen, wie zum Beispiel das neue überregionale Trinkwasserleitungsnetz vom Bodensee nach Franken und in die Oberpfalz, das Söder am Mittwoch vorgestellt hat. "Solche technischen Lösungen sind sicher sinnvoll", sagt der BN-Landesbeauftragte Martin Geilhufe. "Aber sie sind nur die halbe Miete."