Bayerischer Landtag:Parteien schließen Bündnis gegen die AfD

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Am Mittwochnachmittag steht die Wahl von 15 ehrenamtlichen Verfassungsrichtern samt Stellvertretern an - darunter sind auch Bewerber der AfD. (Foto: Imago)

Per Dringlichkeitsantrag wollen CSU, Freie Wähler, Grüne und SPD am Mittwoch im Landtag ein Zeichen gegen Rechtsextremismus setzen.

Von Andreas Glas und Johann Osel

Im Zuge der Anti-AfD-Demonstrationen rücken auch die Parteien in Bayerns Parlament zusammen. Mit einem gemeinsamen Dringlichkeitsantrag samt Debatte möchten CSU, Freie Wähler, Grüne und SPD am Mittwoch im Landtag ein Zeichen gegen Rechtsextremismus setzen. "Wenn Demokraten zusammenhalten, haben Extremisten keine Chance", teilt CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek mit. "In den Farben getrennt, in der Sache vereint", sagt Grünen-Vizefraktionschef Johannes Becher. Der Antrag liegt der Süddeutschen Zeitung vor, darin verurteilen die vier Fraktionen jegliche "Bestrebung, die Demokratie in Bayern und die Organe unserer bayerischen Demokratie gezielt zu schwächen, zu schädigen und zu delegitimieren".

Der Antrag spiegelt das bundesweite Entsetzen nach Berichten des Recherchenetzwerks Correctiv über ein Treffen von Rechtsradikalen in Potsdam, an dem AfD-Politiker teilgenommen haben. Dort soll diskutiert worden sein, wie man ausländische Staatsbürger und Menschen mit Migrationsgeschichte in großer Zahl aus Deutschland vertreiben kann. Neben der nationalen Dimension gibt es aber auch die Skandale der AfD in Bayern.

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Da ist nicht nur die Affäre um den AfD-Landtagsabgeordneten Daniel Halemba, gegen den weiterhin Ermittlungen wegen mutmaßlicher Volksverhetzung laufen - auch wenn das Landgericht Würzburg einen gegen Auflagen außer Vollzug gesetzten Haftbefehl am Dienstag mit der Begründung aufgehoben hat, dass keine Gefahr mehr bestehe, dass Halemba Beweise manipulieren oder Zeugen beeinflussen könnte. Trotz eines Rauswurf-Beschlusses beim AfD-Landesparteitag hält Halemba an seinem Mandat fest - und die Landtagsfraktion an ihm. Da waren auch Überlegungen in der AfD, den im Oktober mit Haftbefehl gesuchten Halemba öffentlichkeitswirksam im Parlament festnehmen zu lassen, um Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) zu "delegitimieren". "Solche Tabubrüche erinnern an die schlimmsten Zeiten deutscher Geschichte und dürfen nicht geduldet werden", heißt es im Dringlichkeitsantrag.

Mitte Januar kursierten dann Videos aus einer Gredinger Diskothek, auf denen nach dem AfD-Landesparteitag rechtsradikale Parolen gesungen wurden. Darin zu sehen: die Abgeordneten Benjamin Nolte und Franz Schmid. Beide bestreiten, mitgesungen haben. Für AfD-Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner ist die Sache damit ebenso "erledigt" wie der Fall Halemba. Für die übrigen Fraktionen nicht, auch deshalb der Dringlichkeitsantrag, den CSU-Fraktionschef Holetschek initiiert hat.

Anlässlich der Correctiv-Recherchen gab es kürzlich auch im Bundestag eine Debatte über die Gefahren für die Demokratie und die richtige Strategie im Kampf gegen Rechtsextremismus. In die Debatte mischte sich die übliche Auseinandersetzung zwischen Union und Ampelregierung. Und jetzt, in Bayern? Werden einerseits CSU und FW und andererseits SPD und Grüne darauf verzichten, sich gegenseitig zu beschuldigen, die AfD groß gemacht zu haben? Grünen-Vizefraktionschef Becher betont, dass es um "gemeinsames Handeln" und "ein Zurückgewinnen von Respekt und Vertrauen in die demokratischen Parteien" gehe.

Eine Rolle in der Debatte dürfte die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts spielen, das am Dienstag entschieden hat, der rechtsextremen NPD, die sich inzwischen "Die Heimat" nennt, die staatliche Parteienfinanzierung zu streichen. Dies könne eine "Blaupause" für die AfD sein, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) nannte die jüngsten Demos am Dienstag ein "beeindruckendes Zeichen der breiten bürgerlichen Schichten gegen Rechtsextremismus und auch die AfD". Zugleich müssten die Veranstalter "aufpassen", wem man eine Plattform gebe. Münchens Alt-OB Christian Ude (SPD) habe das mit seiner Kritik an "linken Sektierergruppen" gut auf den Punkt gebracht.

Die Wahl der ehrenamtlichen Verfassungsrichter sorgt weiter für Zündstoff

Der Dringlichkeitsantrag steht erst für den Mittwochabend auf der Tagesordnung. Die Frage nach dem Umgang mit AfD und Rechtsextremismus dürfte aber schon vorher Thema im Landtag sein. Am Vormittag findet ein Gedenkakt für die Opfer des Nationalsozialismus statt, am Nachmittag steht die Wahl von 15 ehrenamtlichen Verfassungsrichtern samt Stellvertretern an. Alle Fraktionen dürfen Personen benennen, sie ergänzen die Berufsrichter. Weil der Landtag aber nicht einzeln, sondern nur über die gesamte Kandidatenliste abstimmen kann, wollen die Regierungsfraktionen CSU und FW die Bewerber der AfD, zwei Richter samt zwei Vizes, mitwählen. Andernfalls wäre wohl - bei der erwartbaren Ablehnung von AfD-Kandidaten - das Gericht formal nicht arbeitsfähig. Rechtliche Bedenken gegen eine Einzelwahl haben dem Vernehmen nach Verfassungsgerichtspräsident Hans-Joachim Heßler und das Innenministerium dem Landtag übermittelt.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Bayern schlägt derweil vor, die Richterwahl zu vertagen. Sie gehörte zum breiten Bündnis, das zu den Münchner Protesten aufgerufen hatte, und fordert zunächst eine Neuregelung des Verfahrens, das klarstelle, dass alle Kandidaten "auf dem Boden des Grundgesetzes stehen müssen". Zudem müsse eine Regelung her, dass der Verfassungsgerichtshof auch mit unvollständiger Besetzung als arbeitsfähig gelte. GEW-Landesvorsitzende Martina Borgendale stellt die Brandmauer gegen Rechtsextremismus infrage, wenn AfD-Kandidaten mit Unterstützung der CSU ins Richteramt befördert würden.

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