Streckbetrieb AKW:Häme und Spott aus der CSU für Habeck

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Der Reservebetrieb von Isar 2 steht dem Bundeswirtschaftsministerium zufolge auf dem Spiel. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Zwei süddeutsche Kernkraftwerke werden laut Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck wohl bis zum Frühjahr 2023 laufen dürfen. Ein Erfolg für die CSU, die nun gegen die Grünen austeilt.

Von Andreas Glas und Christian Sebald, München

Martin Stümpfig hatte schon leichtere Auftritte als diesen, am Dienstagabend im Landtag. Er muss sprechen, für die Grünen, Thema: Atomkraft. Und das, nur eine Stunde nachdem solche Eilmeldungen aufblinkten: "Habeck knickt ein - Zwei AKW bleiben am Netz". Stümpfig müht sich um Balance. "Sichere Stromversorgung ist durch Atomkraft nicht möglich", sagt der energiepolitische Sprecher der Grünen-Fraktion. Aber auch: "Robert Habeck macht das sehr verantwortungsbewusst." Der Spott ist Stümpfig und den Grünen trotzdem sicher. Lacher, Zwischenrufe, alles sehr hämisch.

Zwei der letzten drei deutschen Atomkraftwerke werden wohl länger laufen, das war die Botschaft von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), die Bayern besonders betrifft. Neben dem Kraftwerk Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg soll ja auch der Meiler Isar 2 in Essenbach bei Landshut bis Mitte April 2023 am Netz bleiben statt, wie geplant, am 31. Dezember 2022 abzuschalten. Vor allem Ministerpräsident Markus Söder und seine CSU hatten monatelang dafür getrommelt, dass Isar 2 weiterläuft. Nun ist die Schadenfreude groß.

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"Ein weiteres Indiz seiner Unfähigkeit", twittert als einer der ersten CSU-Politiker der Bundestagsabgeordnete Florian Hahn über Habeck. Söder, der erst am Sonntag Habecks Rauswurf gefordert hatte, teilt den Tweet umgehend. Auch CSU-Generalsekretär Martin Huber spottet über den grünen Bundesminister, der die Kernkraft-Verlängerung verkündet, "nachdem er wochenlang krakeelt hat und ideologisch verblendet war". Der Schritt sei richtig, "kommt aber zu spät und geht nicht weit genug". Geht es nach der CSU, sollen ja nicht nur zwei, sondern alle drei Kernkraftwerke am Netz bleiben - und zwar bis 2024.

Beim BN haben sie wenig Verständnis für Habeck

Am Morgen danach ist Stümpfig immer noch sehr deutlich anzuhören, wie schwer es ihm fällt, die Kröte zu schlucken. "Die Lage in Frankreich ist einfach sehr viel angespannter, als wir alle gedacht haben", sagt er dann. "Dort sind nach wie vor die Hälfte der AKW vom Netz, es ist gut möglich, dass der Engpass dort sehr ernste Auswirkungen auch auf uns hat." Deshalb nennt Stümpfig Habecks Erklärung, nach aktuellen Stand sei ein Streckbetrieb von Isar 2 und Neckarwestheim über den Winter nötig, "den logischen Schritt - auch wenn wir uns natürlich alle am 31. Dezember das definitive Ende der Atomkraft in Deutschland gewünscht haben".

Beim Bund Naturschutz (BN) bringen sie viel weniger Verständnis für Habeck auf. "Der Streckbetrieb kann einen möglichen Strommangel in Deutschland nur zu einem sehr geringen Teil auffangen", teilt BN-Chef Richard Mergner mit. "Die Risiken, die von einem Weiterbetrieb der AKW ausgehen, sind dagegen erheblich und Türöffner für weitere Laufzeitverlängerungen." Gleichzeitig keilt Mergner gegen die CSU. "Man muss sich auch immer wieder vor Augen führen, wer diese Lage mitverschuldet hat", sagt er. "Es war die CSU, die den Ausbau der erneuerbaren Energien in Bayern jahrelang blockiert hat und uns mit ihrer Politik so abhängig von russischem Gas gemacht hat wie kein anderes Bundesland."

Was die CSU anbelangt, geht Ludwig Hartmann noch einen Schritt weiter. "Söder geht es ja nicht in erster Linie darum, dass Energieversorgung in diesem Winter sicher ist", sagt der Grünen-Fraktionschef. "In Wirklichkeit will er - genauso wie sein Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger - eine Renaissance der Atomkraft, zumindest für die nächsten zehn Jahre." Die aber werde definitiv nicht kommen, das hätten Habeck und die AKW-Betreiber in ihrem Eckpunktepapier über den Streckbetrieb klargemacht. "Auch wenn die beiden AKW jetzt ein Vierteljahr länger laufen: Es bleibt beim Atomausstieg", sagt Hartmann. "Das ist es, was zählt."

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