Eklat nach Parteitag:AfD-Mitglieder sollen in Disco "Ausländer raus" gegrölt haben

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Nach dem Parteitag der AfD in Greding am Wochenende kam es zu dem Eklat in der Disco. (Foto: Daniel Löb/dpa)

In einer Gredinger Diskothek sollen Besucher des Landesparteitags rechtsradikale Parolen skandiert haben. Der Staatsschutz ermittelt. Möglicherweise sind unter den 30 Personen auch Landtagsabgeordnete.

Von Johann Osel und Olaf Przybilla, Nürnberg/München

Kriminalpolizei und Staatsschutz in Mittelfranken ermitteln offenbar gegen Besucher des AfD-Landesparteitags in Greding am Wochenende wegen ausländerfeindlicher Parolen in einer Diskothek. Nach Zeugenaussagen feierten zahlreiche Gäste in einer Diskothek in der Bahnhofstraße. Nach Mitternacht skandierte demnach eine Gruppe von circa 30 Personen zu einem Lied Zeilen mit entsprechendem Inhalt. Wie die das Polizeipräsidium Mittelfranken auf Anfrage der SZ bestätigte, handelte es sich um den mehrfach gerufenen Slogan "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus".

Der Betreiber der Diskothek soll daraufhin auf die Gruppe eingewirkt haben, meldete die Polizei, sodass diese die Gesänge einstellte. Der Betreiber wollte sich auf SZ-Anfrage zunächst nicht zu dem Vorfall äußern, er will vor einer Einlassung einen Rechtsvertreter konsultieren. Er stehe aufgrund des Parteitags ohnehin bereits im Fokus, da müsse er sehr vorsichtig sein. Die Polizei wurde in dieser Nacht nicht hinzugezogen. Nach Zeugenaussagen leiteten die Kripo Schwabach und der Staatsschutz am Folgetag das Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachts volksverhetzender Äußerungen ein.

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Am Wochenende fand in Greding ein Mitgliederparteitag der Bayern-AfD statt, traditionell im dortigen Veranstaltungssaal Hippodrom. Etwa 800 Mitglieder und weitere Besucher waren zu Gast, es standen Vorstandswahlen an sowie eine Debatte über den umstrittenen Burschenschafter und Landtagsabgeordneten Daniel Halemba. Das Verfahren läuft zunächst gegen unbekannt, der Polizei liegen jedoch Anhaltspunkte vor, wonach es sich bei den Personen um Teilnehmer des Parteitags gehandelt hat. Diese werden derzeit geprüft.

Nach einem Bericht von BR24 sollen unter den Disco-Besuchern auch Mandatsträger der AfD gewesen sein, darunter Landtagsabgeordnete, sowie Mitglieder der Jungen Alternative, der Jugendorganisation der AfD. Dem BR liegt eigenen Angaben zufolge auch ein Video davon vor. Nach SZ-Informationen soll das in Rede stehende Video in der besagten Nacht von Samstag auf Sonntag aufgenommen worden sein. Auf dem Video sollen Personen mit Armbädern zu sehen sein, die mit jenen Bändern identisch zu sein scheinen, die auf dem Parteitag getragen wurden.

Dort gab es dunkelfarbigere Bänder für Mitglieder und Besucher, gelbe für Presse. Nach SZ-Informationen sollen die darauf vermutlich zu erkennenden Bänder einer ersten Einschätzung nach "dunkel" sein - also jedenfalls nicht gelb. Es könnte sich demnach nach erstem Stand um AfD-Mitglieder wie auch andere Gäste handeln. Das Lokal liegt nur einige Gehminuten vom Parteitagsort entfernt. Für Volksverhetzung grundsätzlich infrage kommende Gesten sind nach SZ-Informationen auf dem Video zu erkennen. Von wem diese gezeigt werden, sei Gegenstand der Ermittlungen. Inwiefern die gesungene Parole selbst justiziabel ist, dürfte noch einer staatsanwaltschaftlichen Bewertung unterliegen. Gesucht werden Zeuginnen und Zeugen, die den Vorfall beobachtet oder möglicherweise sogar fotografiert oder gefilmt haben.

Näheres wurde zunächst nicht bekannt. AfD-Landesvorsitzender Stephan Protschka, der auf dem Parteitag im Amt bestätigt worden war, teilte auf Nachfrage mit: "Es ist bis dato nicht belegt, dass an dieser Feier in der Disco am Rande des AfD-Parteitags ein AfD-Mitglied teilgenommen hat." Seine Partei "war, ist und wird nie ausländerfeindlich sein". In AfD-Kreisen war am Dienstag nur von "Gerüchten" die Rede, es handele sich womöglich um zwei Abgeordnete. Mit Bildung der neuen Landtagsfraktion im Oktober war eine ganze Reihe junger männlicher Abgeordneter mit stramm-rechter Gesinnung ins Parlament eingezogen. Die Junge Alternative in Bayern steht noch stärker im Visier des Verfassungsschutzes als die Gesamtpartei. Die Sicherheitsbehörden haben den AfD-Nachwuchs in das "Verzeichnis extremistischer oder extremistisch beeinflusster Organisationen" aufgenommen, es bestehen inoffiziell Verbindungen zur rechtsextremen "Identitären Bewegung", obwohl diese auf der sogenannten Unvereinbarkeitsliste der AfD steht. Nach Informationen von BR24 war in der Gruppe in der Diskothek sowie als Gast auf dem Parteitag selbst auch ein Mitglied der "Identitären Bewegung" anwesend.

Melodische Basis für die Parolen war nach SZ-Informationen ein bereits älteres Lied eines italienischen DJs. In rechtsradikalen Kreisen deutschlandweit ist es seit einigen Monaten üblich, auf Partys oder auch in Tanzlokalen Flashmob-artig die besagte Parole dazu zu grölen. Dies gilt als "Ohrwurm" zum Thema so genannter Remigration, also der strategischen Abschiebung nicht nur ausreisepflichtiger Ausländer, sondern auch weiterer Menschen mit Migrationshintergrund; notfalls per "Assimilationsdruck". Laut BR24-Informationen ist das Lied aus der Gruppe heraus als Musikwunsch in der Diskothek eingegangen.

AfD-Parteichef Protschka lässt sich zudem mit der Mutmaßung zitieren, "vielleicht werden solche Veranstaltungen auch inszeniert, um den Wunsch der Altparteien für ein AfD-Verbot voranzubringen". Der bayerische Grünen-Landesvorsitzende Thomas von Sarnowski bedankte sich dagegen beim Wirt der Diskothek für dessen Eingreifen. "Gut, dass der Staatsschutz ermittelt", die AfD sei "eine Gruppe von stumpfen Rechtsextremen und Ausländerhassern".

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