Wasserqualität:Bayern kann ruhig baden gehen

Lesezeit: 3 min

Ministerpräsident Markus Söder (rechts) und Gesundheitsminister Klaus Holetschek nehmen am Regattaparksee eine Wasserprobe beziehungsweise tun sie so, als ob sie eine nehmen würden. (Foto: Johann Osel)

Das Landesamt für Gesundheit hat tausend Proben gezogen: Mehr als 97 Prozent der Badegewässer im Freistaat werden demnach als gut oder ausgezeichnet eingestuft. Bedenklich sind nur wenige Seen - einer davon im Münchner Norden.

Von Johann Osel, Oberschleißheim

Der Ministerpräsident beschreitet in Regenjacke mit Freistaat-Wappen den Pfad zum See, erkennt aber gleich das Potenzial zum Hineinspringen. "Muss ich auch mal demnächst durchschwimmen", murmelt Markus Söder am Donnerstag seinen Begleitern zu. Schwimmen sei ja auch für ihn "etwas Wundervolles, das reinigt Körper und Seele", sagt er dann, angekommen am Ufer des Regattaparksees in Oberschleißheim nördlich von München. Und, meint Söder: "Baden und Bayern gehört eng zusammen." Man lebe in einem "Freizeit- und Wasserland", es gebe "echtes, gutes Beach-Feeling", da müsse man gar nicht an die Adria, die Riviera oder nach Mallorca fahren. Erst recht angesichts einer fast flächendeckend unbedenklichen, behördlich gecheckten Wasserqualität.

Deshalb hat Söder mit seinem Gesundheitsminister Klaus Holetschek (beide CSU) und dem Präsidenten des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), Christian Weidner, die Presse an den Regattaparksee geladen - um den Menschen in Bayern und auch den Touristen "unbeschwerten Badespaß" an den heimischen Seen in Aussicht zu stellen. Seit Ende April hat das LGL mehr als tausend Wasserproben mikrobiologisch untersucht, die zuvor von lokalen Gesundheitsämtern genommen wurden. Dies tun sie übrigens nicht nur vor der Badesaison, sondern regelmäßig immer wieder bis zum September. Mehr als 97 Prozent der Badegewässer seien von ihrer hygienischen Qualität her als "ausgezeichnet" oder "gut" eingestuft worden, erklärten Holetschek und Weidner.

Newsletter abonnieren
:Mei Bayern-Newsletter

Alles Wichtige zur Landespolitik und Geschichten aus dem Freistaat - direkt in Ihrem Postfach. Kostenlos anmelden.

Nur einzelne Proben hätten erhöhte Konzentrationen von Darmbakterien nachgewiesen, sofortige Kontrollproben hätten aber in allen Fällen anschließend wieder eine gute hygienische Wasserqualität bestätigt. Das Fazit "größtenteils" laute: "erstklassig". In einem Online-Atlas des Landesamtes lassen sich die Ergebnisse und gegebenenfalls passgenaue Hinweise der Behörden kompakt nachlesen - www.lgl.bayern.de/badegewaesserkarte.

Es geht konkret um alle 373 offiziellen EU-Badestellen an 291 Seen in Bayern. In diese Liste werden nur die Gewässer aufgenommen, bei denen mit einer großen Zahl von Badenden gerechnet wird und für die nicht ohnehin vom Hineingehen dauerhaft abgeraten wird. Laut einem EU-Bericht vom Juni, mit Daten von 2022, sollen nur zwei Seen in Bayern eine schlechte Wasserqualität haben: der Garchinger See in Garching nahe München sowie der See Freigericht-Ost in Kahl am Main. Zudem gab es einige Seen mit lediglich ausreichender Wasserqualität. Maßgeblich für die Gesamtbewertung ist immer der Zeitverlauf, laut LGL-Chef Weidner ein "Stabilitätsindex", also nicht die Momentaufnahme.

Die Darmbakterien sind laut Weidner Mängel, "die man nicht gleich sehen kann". Anders sei dies bei Blaualgen, Cyanobakterien. Besteht an Seen der - in der Regel rasch sichtbare - Verdacht, dass sie in höherer Konzentration vorkommen, werden Proben zusätzlich darauf untersucht. Durch den Klimawandel würden womöglich künftig an mehr Gewässern Probleme mit Blaualgen auftreten, hieß es. Diesbezüglich bedenklich sind aber in den neuen Datensätzen auch nur einzelne Gewässer, etwa der Mandichosee im Großraum Augsburg. Für vereinzelt schlechtere Messergebnisse können laut Ministerium Verunreinigungen durch Starkregen oder durch Wasservögel der Auslöser sein. "Jeder von uns kann dazu beitragen, die Wasserqualität unserer Badeseen zu erhalten: indem wir zum Beispiel unseren Müll ordnungsgemäß entsorgen und an Badegewässern keine Wasservögel füttern", sagte Holetschek.

"Wir wollen kein bewachtes Schwimmen"

Söder ergänzte, dass für den Badespaß auch Schwimmkenntnisse nötig seien, "der alte Satz mit Hänschen und Hans gilt hier auch". Nach Umfragen können 20 Prozent der Grundschüler nicht sicher schwimmen. Daher sei das Seepferdchen-Gutscheinprogramm der Staatsregierung wichtig, lobte er. Vor einigen Wochen hatte sein Kabinett zudem eine bessere Förderung von Kommunen beim Bau von Schulschwimmhallen und bei der Bäder-Sanierung beschlossen. Die Grünen rügten indes die Maßnahmen damals als zu wenig wuchtig, "reine Augenwischerei" - der Sanierungsstau bei kommunalen Bädern belaufe sich inzwischen auf 1,8 Milliarden Euro. Die Seepferdchen-Aktion nütze nichts, wenn Bäder und Personal für Schwimmunterricht fehlten.

Apropos Freibad. In der bundesweiten Debatte ist derzeit nicht von Badeseen die Rede, sondern von Freibädern - nach Berichten über eskalierende Aggression, augenscheinlich vor allem von arabischstämmigen Jugendlichen, in einem Berliner Freibad sowie teils anderorts. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) etwa hatte mehr Polizeipräsenz in den Einrichtungen angeregt. Söder sagte dazu in Oberschleißheim, bisherige Vorkommnisse in Bayern seien damit "nicht vergleichbar". Dem Freistaat gelinge Integration am besten, trotz stärkster Zuwanderung, das erkenne man in Statistiken zu Kriminalität und Arbeitsmarkt. Aber: "Das Freibad als Gefahrenlage, das geht überhaupt nicht." Kommunen seien gefordert, Sicherheitskräfte bei Bedarf einzusetzen. Polizeipräsenz könne nur die Ausnahme sein, "wir wollen kein bewachtes Schwimmen".

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusFreizeit
:Biergarten und Berggipfel: Sieben Lieblingstouren der SZ-Bayernredaktion

Jochberg, Oberstdorf, Starnberger See - an Wochenenden stöhnen diese Ausflugsgebiete unter dem Touristenandrang. Die SZ verrät ein paar Ziele, die genauso schön sind, aber lange nicht so überlaufen.

Von SZ-Autorinnen und -Autoren

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: