Cybertrading:Landtags-FDP fordert koordiniertes Vorgehen gegen Internetbetrüger

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Die 55-Jährige schickte dem Betrüger Codes von Geschenkkarten im Wert von fast 50 000 Euro. (Foto: Christin Klose/dpa-tmn)

Polizei und Justiz arbeiteten nicht eng genug zusammen, argwöhnen die Liberalen im Landtag. Cyberkriminelle agieren meist aus Callcentern im Ausland.

Von Johann Osel, München

Die FDP fordert von der Staatsregierung mehr Einsatz im Kampf gegen Anlagebetrug im Internet - sogenanntes Cybertrading. Dabei werden Bürgern über Plattformen und Callcenter erfundene lukrative Investitionen aufgeschwatzt, oft wird mit vermeintlichen Geheimtipps geködert. Nötig sei eine "ganzheitliche und ressortübergreifend abgestimmte Strategie gegen Cybertrading" und eine deutlich bessere Prävention, die ein ganz anderes Problembewusstsein schaffe, sagt Helmut Kaltenhauser, digitalpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. "Internetkriminelle legen immer wieder große Kreativität an den Tag. Und diese können unsere Strafverfolgungsbehörden nur bekämpfen, wenn sie geschlossen zusammenarbeiten."

Anlass für Kaltenhausers Vorstoß ist die Antwort auf eine Anfrage der FDP im Landtag. Darin hatte das Innenministerium auf die polizeiliche Präventionsarbeit verwiesen, vor allem in Social Media. In Kaltenhausers Augen klingt das ambitionslos; viel mehr stört er sich aber daran, dass unter Verweis auf die polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) eine Schadenssumme von nur sechs Millionen Euro seit 2015 gemeldet wurde - während Justizminister Georg Eisenreich (CSU) im Mai von einem seit 2017 entstandenen Schaden in Bayern von 250 Millionen Euro sprach. Kaltenhauser findet: "Wie will der Freistaat seine Bürger wirksam gegen diese Betrugsmasche schützen, wenn die linke Hand offenbar nicht weiß, was die rechte Hand tut?"

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Das Justizministerium erklärte die abweichende Datenbasis auf Nachfrage der SZ unter anderem damit, dass die Polizeistatistik den Tatort Ausland nicht mit erfasse. Wieso nur das Innenministerium der FDP antwortete, blieb indes unklar. Justizminister Eisenreich hatte im Mai eine Bilanz solcher Delikte bei der Zentralstelle Cybercrime Bayern gezogen, angesiedelt bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg. Bei den 250 Millionen Euro Schaden handele es sich überwiegend um bayerische Opfer. Die angeblichen Broker aber agierten meist aus Callcentern im ost- und südosteuropäischen Ausland, sie seien psychologisch geschult "und bringen ihre Opfer dazu, immer mehr Geld herauszugeben". Bayerns Justiz gehe mit internationalen Kooperationen entschlossen dagegen vor.

In den drei Jahren habe es mehr als 80 Festnahmen gegeben, unter anderem in Serbien und Bulgarien. Im Freistaat kam es bislang zu zehn Verurteilungen wegen banden- und gewerbsmäßigen Betrugs. "Schauen Sie im hochspekulativen Investment-Bereich genau hin, wem Sie Ihr Geld anvertrauen und zeigen Sie Betrugsfälle an", warnte Eisenreich potenzielle Anleger. "Wenn der versprochene Gewinn zu hoch ist, um wahr zu sein, dann stimmt meistens etwas nicht."

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