A 94:Isental-Autobahn: Ein (Alb-)Traum wird Wirklichkeit

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Bayerns Verkehrsminister Hans Reichhart (vorne links) und Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer machen auf der A 94 den Weg frei. (Foto: Matthias Köpf)

Bayerns Verkehrsminister Hans Reichhart lobt das Projekt bei der Eröffnung als "Lebensader". Die Gegner skandieren "Kein Grund zum Feiern".

Von Matthias Köpf, Dorfen

Die ersten Fahrzeuge, die zur offiziellen Eröffnung am Montagnachmittag über die neue A 94 durch das Isental rollen sollten, waren eine Reihe von Oldtimern. Es waren wirklich alte Autos dabei, doch ein Anrecht auf den steuersparenden Oldtimer-Status haben gut erhaltene Gefährte schon nach 30 Jahren. Und 1989 war auch schon seit vielen Jahren über die Trasse der A 94 debattiert worden, die nun auf 33 Kilometern von Pastetten im Landkreis Erding über Dorfen bis Heldenstein im Landkreis Mühldorf verläuft - nach rund vier Jahrzehnten Streit und einer Bauzeit von gut dreieinhalb Jahren.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ist einer von denen, die sich erklärtermaßen über die neue Autobahn freuen. Er hatte für den Montag "natürlich auch alle Bürger herzlich eingeladen" zu der Eröffnungsfeier am Parkplatz Fürthholz-Nord, nachdem auch an der Einladungspraxis und der Gästeliste von etwa 800 Politikern, Planern, Firmenvertretern, Verbandsleuten und Journalisten noch Kritik aufgekommen war. Manche ehemaligen Grundeigentümer, über deren Wiesen und Felder jetzt die Autobahn führt, hatten sich ausgeschlossen gefühlt.

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Nach der erweiterten Einladung des Ministers hatte die Autobahndirektion Südbayern, eine bislang bayerische Behörde, die Anfang 2021 in der neuen Autobahngesellschaft des Bundes aufgehen soll, wissen lassen, dass man den möglichen Massen nicht allzu viel werde bieten können. Schlussendlich kamen laut Polizei etwa 900 Gäste, davon nicht wenige zu Fuß oder mit dem Rad.

Im Isental konnte sich der Staat fürs Erste aufs Planen, Bestellen und Kontrollieren verlegen, denn gebaut hat die Trasse ein privates Konsortium aus einem französischen und einem niederländischen Konzern sowie einer Passauer Baufirma. Diese Gesellschaft wird die Autobahn München-Passau, zu der die neue Strecke durch das Isental gehört, auf 77 Kilometern von Forstinning nach Marktl bis 2046 betreiben.

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Wie viel der Bund dafür zahlt, hängt vor allem davon ab, ob der Verkehr durchgehend auf allen Spuren fließen kann. Muss beispielsweise eine Spur wegen Bauarbeiten gesperrt werden, gibt es Abzüge. Dafür, dass der Abschnitt um vier Wochen früher freigegeben werden kann als ursprünglich geplant und vereinbart, gibt es einen Bonus vom Bund, der für diese ganze öffentlich-private Partnerschaft insgesamt Ausgaben von 1,1 Milliarden Euro veranschlagt hat. Die reinen Baukosten für den Isentalabschnitt betragen nach Angaben der Betreibergesellschaft etwa 440 Millionen Euro. Dieser Rahmen sei auch nicht durch Probleme mit der Brücke über das Ornautal gesprengt worden. Dort hatte eine minimale Abweichung beim Bau zu Spannungen in der ganzen Konstruktion geführt, sodass die Fahrbahn in einer Richtung noch einmal komplett neu gebaut werden musste.

"So schnell und so gut hätte der Staat das in einem Stück nicht bauen können", sagte dazu Minister Scheuer und verwies darauf, dass an den letzten fehlenden Teilstücken von Marktl durch Niederbayern Richtung Passau intensiv geplant oder bereits gebaut werde. Aus Sicht von Bayerns Verkehrsminister Hans Reichhart (CSU) ist schon mit dem Isentalabschnitt, der rund ein Fünftel der Strecke von München bis Passau ausmacht, in den vergangenen Jahren "eine Lebensader" entstanden, die Menschen verbinde und starke Wirtschaftsräume zusammenführe.

Die meisten Gegner dieses wohl auf absehbare Zeit letzten größeren Autobahnneubaus in Bayern zogen es vor, sich anderswo zu versammeln. Am Abend sollte es ein Treffen in Dorfen geben, bei dem sie auf ihren letztlich vergeblichen Widerstand zurückblicken wollten.

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Scheuer wollte sich mit den Protesten ohnehin nicht allzu lange aufhalten. "Ich weiß aus meiner gesicherten Erfahrung, dass mein Mikrofon lauter ist", sagte Scheuer am Montag, als drei junge Männer vor seinem Rednerpult Transparente entrollten und "Kein Grund zum Feiern" skandierten. Doch schon die Zahl der Blaskapellen, die der ehemalige Mühldorfer Bürgermeister und frühere SPD-Landtagsabgeordnete Günther Knoblauch und sein Verein "Ja zur A 94" für die Feier mobilisiert hatten, überstieg die Zahl der Demonstranten bei Weitem. Der Mühldorfer CSU-Landtagsabgeordnete und frühere Umweltminister Marcel Huber empfahl den drei Männern mit den Transparenten nachträglich, sich lieber beim Roten Kreuz oder der Feuerwehr zu engagieren.

Ganz unabhängig von diesem letzten bisschen Gegenwind hatte die Freiwillige Feuerwehr Obertaufkirchen in den frühen Morgenstunden wohl ihren ersten richtigen Einsatz an der A 94 fahren und am Parkplatz Fürthholz-Nord all die Pavillons und Zelte für das Fest gegen das Sturmtief Mortimer sichern müssen. Bis dahin war es auf der Isental-Autobahn weitgehend unfallfrei zugegangen, obwohl zuletzt viele Menschen die frisch asphaltierte Trasse abends und an den Wochenenden als Radweg benutzt und einzelne Autofahrer die A 94 abschnittsweise auch schon mal vorzeitig in Betrieb genommen hatten.

Wirklich freigegeben wird der Verkehr erst von diesem Dienstag an: Abschnittsweise und langsam will sich die Autobahndirektion dafür von Ausfahrt zu Ausfahrt vorarbeiten, um sicherzugehen, dass sich keine Hindernisse oder gar Fußgänger mehr auf den Fahrbahnen befinden, ehe der Autoverkehr rollt. Komplett befahrbar sein soll die Strecke zwischen Pastetten und Heldenstein vermutlich von Mittwoch an.

© SZ vom 01.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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