Es kostet Geld, eine neue Technologie auf den Markt zu bringen. Viel Geld, gegebenenfalls Milliarden. Bei Elektroautos erreichen diese Investitionen neue Dimensionen. Dennoch geben die Hersteller die Summen aus - aus Imagegründen und weil es ein Weg ist, die ab 2020 geltenden, strengeren CO2-Grenzwerte einzuhalten. Dann dürfen 95 Prozent aller Neuwagen höchstens 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen - im Vergleich zu 130 Gramm im Jahr 2015. Nur mit effizienteren Verbrennungsmotoren ist das vor allem für die Anbieter von ertragreichen Nobelkarossen und schweren SUVs nicht zu schaffen.
Neben den Mehrausgaben, die bei der Entwicklung eines Elektromobils anfallen, und den teuren Materialien, die etwa bei den Akkus verwendet werden, belastet vor allem die Produktion die Bilanz. Besonders groß ist dieser Kostenfaktor bei BMW, das für sein Elektroauto i3 und den Hybrid-Sportwagen i8 neue kostspielige Fertigungsanlagen installieren musste. Ganz zu schweigen von dem Aufwand, der bei der Herstellung von Carbon nötig ist, ein ebenso leichter wie robuster Hightech-Werkstoff, der bei diesen Modellen zu großen Teilen eingesetzt wird.
Marktübersicht:Mit dem Elektroauto bis zum Gardasee
Auf dem Papier kommen der VW E-Golf und der BMW i3 endlich auf 300 Kilometer Reichweite. Ein neuer Opel schafft deutlich mehr. E-Mobile, die es bereits jetzt zu kaufen gibt.
Zudem gönnen sich die Münchner für ihre Elektroauto-Sparte die 2011 lancierte Submarke "BMW i". Auch das hat seinen Preis, denn Personal, Entwicklung, Fertigung, Marketing etc. kosten Geld. Insgesamt sollen bisher etwa sechs Milliarden Euro in die Entwicklung von i3 und i8 geflossen sein. Damit sich diese Investitionen lohnen, müssen die Verkäufe stimmen.
Ein leichter Trend
Zwar steigt die Nachfrage nach Autos mit E-Antrieb in Deutschland, aber der Markt wächst deutlich langsamer als erhofft. Laut Kraftfahrt-Bundesamt kamen 2014 bis Ende Juli 4785 neue Elektroautos auf die Straße. Die meisten gingen an Organisationen, Energieunternehmen und die Hersteller selbst, kaum eines an Privatkunden. Dennoch entspricht das einem Anstieg von 64,8 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Bei den Hybridautos griffen 16 011 Autofahrer zu - immerhin ein Plus von 9,5 Prozent. Eine Tendenz, aber mehr auch nicht.
Bei den deutschen Kunden überwiegt die Skepsis. Zu gering sind die Reichweiten von Elektroautos, zu hoch sind deren Preise. Ein Argument, das auch gegen viele Hybridautos spricht, wie ein Mercedes-interner Vergleich zeigt. Der E 250 Bluetec mit 204 PS starkem Dieselmotor und einem Normverbrauch von 4,6 Litern kostet mindestens 47 153 Euro. Die Hybridversion, zusätzlich mit einem 20 kW (27 PS) starken Elektromotor und serienmäßig mit einem Automatikgetriebe ausgestattet, startet bei 52 687 Euro. Deren Normverbrauch liegt bei 3,8 Litern - kaum weniger als bei der konventionell angetriebenen Variante. Herausfahren kann den Preisunterschied im realen Autoleben niemand.
In einigen ausländischen Märkten steigt dagegen die Nachfrage nach Hybrid- und Elektroautos. Deshalb hat BMW im Frühjahr die Produktion des i3 im Leipziger Werk von 70 auf 100 Einheiten pro Tag erhöht. Bleibt es bei diesem Takt, rollen bis Ende des Jahres etwa 20 000 Exemplare des Elektroautos vom Band. Vor allem in den USA ist der bayerische Stromer gefragt.
Trotzdem fällt es angesichts der immensen Summen, die BMW in die Modellreihe investierte, schwer zu glauben, dass der Hersteller mit dem i3 "vom ersten Tag an Geld verdient" hat, wie Vertriebsvorstand Ian Robertson bei dessen Präsentation im vergangenen Jahr betonte. "Es ist völlig normal, dass bei neuen Produkten zunächst eine geringere Marge herausspringt, bis die Stückzahlen hoch genug sind. Das gilt besonders für komplett neue Technologien wie Elektroautos", erklärt Dr. Thomas Schlick, Partner bei Roland Berger Strategy Consultants.
Marktübersicht Plug-In-Hybride:Sie haben alle das gleiche Manko
Sie sind kräftig, sollen aber wenig verbrauchen: Plug-In-Hybride fahren dank extern aufladbarer Batterien zeitweise emissionslos, zugleich lindert ihr Verbrennungsmotor die Reichweitenangst. Wäre da nicht das Problem mit dem Preis.
Hohe Preise, kleine Margen
Fallen bei einem gut ausgestatteten Mercedes E 250 Bluetec oder einem Mitsubishi Outlander ein paar Tausender für den Autohersteller ab, so sieht das bei der entsprechenden Hybridvariante ganz anders aus. Ist ein zusätzliches Elektromodul verbaut, verteuert sich das Modell schnell um 4000 bis 8000 Euro. Das drückt nicht nur die Gewinnmarge - es schluckt sie in vielen Fällen ganz. So verdient Mercedes trotz des höheren Preises an der E-Klasse mit Hybridantrieb pro Exemplar mindestens 5000 Euro weniger als bei einem Auto mit Verbrennungsmotor.
Bei kompakten Elektroautos sieht es noch düsterer aus. Werden die gigantischen Entwicklungskosten ernsthaft auf den Fahrzeugpreis umgelegt, ist an einen Gewinn nicht zu denken. Würden BMW i3, Denza, Renault Zoe oder Nissan Leaf jeweils zu einem Massenmodell, wäre das für den entsprechenden Hersteller ein finanzielles Desaster, das die ertragreichen Volumenmodelle ausgleichen müssten. Kein Wunder, dass finanziell schwächer aufgestellte Autobauer wie zum Beispiel Mazda auf Toyota-Technik zurückgreifen müssen, um überhaupt ein Hybrid-Modell auf die Räder stellen zu können.
Fahrbericht Audi A3 e-tron:Ökosiegel deluxe
Rein elektrisch, aber bei Bedarf auch weit und schnell: Obwohl er einige Zugeständnisse erfordert, ist der A3 e-tron das ideale Auto für alle Gelegenheiten. Richtig schade ist, dass sich Audi beim Preis verrechnet hat.
Preissenkungen bei den Nobel-Hybriden
Anders sieht das beim BMW i8 oder dem Tesla Model S aus. "Bei hochpreisigen Modellen ist die Marge generell höher. Das gilt auch für Hybrid-Modelle", so Berger-Analyst Schlick. Deshalb soll der Absatz von Hybridautos in der Luxus-Sparte möglichst schnell gesteigert werden, wodurch es nun sogar zu Preissenkungen kommt. Zum Beispiel bei Porsche. Mit 104 221 Euro kostet der Panamera S E-Hybrid jetzt etwa 6000 Euro weniger als zuvor. Damit ist er nur noch 2380 Euro teurer als ein Panamera S mit konventionellem V8-Benzinmotor. Als Grund für die Preissenkung nennt der Hersteller Synergieeffekte - in diesem Fall kommen sie zustande, weil der im Oktober erscheinende Cayenne S E-Hybrid den gleichen Antriebsstrang nutzt.
Vergleichbar funktioniert es bei Toyota: Der Yaris Hybrid teilt sich die Technik sowohl mit dem kompakten, in den USA angebotenen Prius C, als auch mit dem Aqua, einem Kleinwagen für den japanischen Markt. Dadurch sinkt der Preis, und das kann beim Kunden den entscheidenden Kaufimpuls auslösen. Als Toyota in den USA die Preise für den mit extern aufladbarer Batterie ausgerüsteten Prius Plug-In-Hybrid senkte, stieg die Nachfrage. In Deutschland kostet der normale Prius mit Hybridantrieb aktuell mindestens 26 850 Euro. Die Plug-In-Version ist fast 10 000 Euro teurer und deshalb unbeliebt. Gut möglich, dass ein geringerer Preis auch hier mehr Kunden für den Prius-Plug-In begeistern könnte.
Der Kampf gegen die Fertigungskosten ist langwierig. Gerade bei kleineren Modellen, die sich in einem besonders preissensitiven Segment bewegen, sind Einsparungen dringend nötig, um Geld zu verdienen. Toyota optimiert hier schon seit drei Hybrid-Generationen. "Die Produktionskosten konnten um ein Drittel gesenkt werden und das bei 30 Prozent mehr Leistung und 25 Prozent weniger Kraftstoffverbrauch", sagt Tom Fux, Präsident der Toyota Deutschland GmbH, über den Antrieb des aktuellen Prius. Toyota ist in den volumenstarken Segmenten unterhalb der Oberklasse damit der einzige Hersteller, der aktuell mit seinen Hybridmodellen Geld verdient.
Ein anderer Weg, möglichst schnell in die Gewinnzone zu kommen, ist, die Investitionen möglichst gering zu halten. Aus diesem Grund montiert Volkswagen den Golf GTE Plug-in-Hybrid auf der gleichen Fertigungslinie wie das konventionelle Modell. Das reduziert die Kosten für neue Produktionsanlagen, da viele Gleichteile verwendet werden können. Dazu kommen technische Zwillinge wie der Audi A3 e-tron oder der 2015 erscheinende Passat Plug-In-Hybrid, die die Synergieeffekte weiter vergrößern. Bis die Kosten für die Entwicklung und die Produktion eines neuen E-Modells eingenommen sind, dauert es trotz allem eine ganze Weile. "Das ist auch der Grund, warum Toyota so lange gewartet hat, von Nickel-Metallhydrid- auf Lithium-Ionen-Batterien umzusteigen", weiß Roland-Berger-Experte Schlick.
E-Autos im Alltag:Elektrische Erfahrungen
Die Vorbehalte gegen Elektroautos sind groß. Der Alltagstest des BMW i3 und Toyota Prius Plug-in-Hybrid zeigt, dass es auch ohne Sprit geht. Allerdings müssen die Voraussetzungen stimmen, sonst überlagert Reichweitenangst den Fahrspaß.
Wenig Werbung für die Zukunft des Automobils
Wie stark der Kostendruck ist, zeigt sich auch beim Marketing. Audi Q5, Mercedes E-Klasse, Porsche Cayenne oder BMW 3er sind Autos, die sich allesamt regelmäßig in internationalen Werbeformaten wiederfinden. Doch für deren Hybridversionen wollen die Autobauer angesichts ohnehin geringer Absatzprognosen nicht auch noch in teure Marketing-Kampagnen investieren. Ein Audi Q5 Hybrid oder ein BMW 3er Active Hybrid taucht nach einer ersten Imagekampagne zum Marktstart daher nur selten in einer Werbebotschaft oder gar als Vorführwagen beim Händler auf.
Die Autobauer sitzen in der Zwickmühle: Machen sie ihre sauberen Modelle nicht bekannt, kennt und kauft sie keiner. Sparen sie an der Entwicklung, beispielsweise bei den Akkus, nehmen sie den Elektro- und Hybridautos das wichtigste Kaufargument. Kleine Batterien senken zwar die Kosten, aber auch die Reichweite - und damit zwangsläufig das Interesse potenzieller Kunden.
Somit werden die Stückzahlen mittelfristig überschaubar bleiben. Nach Einschätzungen der verschiedenen Automotive-Berater werden im Jahr 2020 etwa sieben Prozent der zugelassenen Autos in Deutschland Plug-in-Hybride sein. Gemessen am aktuellen Kfz-Bestand wären das etwa 3,7 Millionen Fahrzeuge. Die reinen Elektromobile bringen es laut dieser Prognose gerade mal auf etwas mehr als eine Million - genau die Marke, die die Bundesregierung einst für das Jahr 2020 anvisierte. Ob das reicht, damit die Industrie mit den alternativen Antrieben auch Geld verdient, muss jedoch bezweifelt werden.