Amnesty International Report 2011:Mit Facebook zur Freiheit

Moderne Technik macht den Kampf für Menschenrechte leichter: Die Organisation Amnesty International lobt in ihrem Jahresbericht Twitter, Facebook und Wikileaks. Trotzdem beklagt sie Menschenrechtsverletzungen in 157 Ländern.

Julia Berger

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(Foto: action press)

Moderne Technik macht den Kampf für Menschenrechte leichter: Die Organisation Amnesty International lobt in ihrem Report 2011 Twitter, Facebook und Wikileaks. Trotzdem beklagt sie Menschenrechtsverletzungen in 157 Ländern weltweit. Ein Überblick in Bildern. Fehlende Meinungsfreiheit, Folter und Misshandlungen sind auch 50 Jahre nach der Gründung von Amnesty International zentrales Thema im Jahresbericht der Organisation. Eine Neuerung gibt es allerdings: Im Kampf für die Menschenrechte, aber auch bei deren Unterdrückung, spielen das Internet und soziale Medien eine immer bedeutendere Rolle. Vor allem in der arabischen Welt setzen Blogger, Journalisten und Menschenrechtaktivisten verstärkt auf neue Technologien, um politische Reformen und die Einhaltung der Menschenrechte einzufordern.  Regierungen schlagen mit Zensur, Internetblockaden und Verhaftungen zurück.

Amnesty International Report 2011

Tunesien: Startschuss für die Revolution 2.0

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(Foto: dpa)

Tunesische Regierungskritiker wurden lange schikaniert, bedroht und inhaftiert. Amnesty International spricht von Folterungen und Misshandlungen auf Polizeiwachen und in Gefängnissen. Ende 2010 und Anfang 2011 protestierten zahlreiche Demonstranten gegen das repressive Regime und drängten Präsident Zine el-Abidine Ben Ali zum Rückzug. Die Kanäle der Organisatoren waren Plattformen wie Twitter und Facebook: Dort wurden die Aufrufe gepostet, die Slogans der Demonstrationen verbreitet und die Versammlungsorte verabredet. Am 14. Januar 2011 dann die Wende: Nach andauernden Massenprotesten verlässt Präsident Ben Ali fluchtartig das Land. Die Menschen feiern das Ende einer mehr als 20 Jahre währenden undemokratischen Herrschaft.

Amnesty International Report 2011

Ägypten: "Mission Accomplished"

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(Foto: dpa)

Inspiriert durch die Revolution in Tunesien, protestierten auch die Ägypter gegen das bestehende Regime des ehemaligen Präsidenten Hosni Mubarak, dem Korruption und Amtsmissbrauch vorgeworfen werden. Auch in Ägypten standen Folter und Misshandlungen 2010 an der Tagesordnung. Journalisten und andere Regierungskritiker waren unter der Anklage der Verleumdung strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt, berichtet Amnesty International. Am 11. Februar 2011 trat Mubarak nach tagelangen Protesten - hier auf dem Tahrir-Platz in Kairo - zurück. Die Nachricht führte zu einer volksfestartigen Stimmung, der bekannte Blogger Ägyptens Wael Ghonim twitterte: "Revolution 2.0: Mission Accomplished".

Amnesty International Report 2011

Libyen: Flucht vor dem Bürgerkrieg

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(Foto: dapd)

Auch in Libyen war das Recht auf Meinungsäußerung sowie Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit 2010 stark eingeschränkt. Die Behörden unterdrückten abweichende politische Meinungen, Hunderte Gefangene blieben willkürlich inhaftiert. Im Gegensatz zu Tunesien und Ägypten fanden die Proteste gegen Machthaber Muammar al-Gaddafi Anfang 2011 keinen schnellen Erfolg. Der Konflikt eskalierte zu einer militärischen Auseinandersetzung zwischen Regierungstruppen und Rebellen. Seit Beginn der Unruhen sind mehr als 800.000 Menschen - Einheimische und Gastarbeiter - aus Libyen geflohen, wie hier bei dem Grenzübergang Ras Ajdir.

Amnesty International Report 2011

Syrien: Gewaltsame Unterdrückung

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(Foto: AP)

Die syrische Regierung duldete auch 2010 weiterhin keine abweichende Meinung. Regierungskritikern drohten Festnahmen oder nach unfairen Gerichtsverfahren Reiseverbote ins Ausland. Folter und Misshandlungen durch die Polizei waren nach wie vor präsent und wurden nicht geahndet. Auch die syrische Protestbewegung kam nach den Aufständen in den anderen arabischen Ländern ins Rollen. Demonstranten riefen zu Kundgebungen gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad auf, dessen Familie den Staat in Vorderasien seit nunmehr fast 40 Jahren regiert. Auf der Facebook-Seite "Syrische Revolution 2011" stellte nun die Protestbewegung erstmals Bedingungen an Präsident Assad: "Die Lösung ist einfach: Hören Sie auf, auf Demonstranten zu schießen und lassen Sie friedliche Demonstrationen zu." Zudem werden die Freilassung politischer Gefangener, politischer Pluralismus sowie freie und demokratische Wahlen innerhalb von sechs Monaten gefordert.

Amnesty International Report 2011

USA: Todesstrafe

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(Foto: Reuters)

Auch in anderem Zusammenhang spielten neue Medien 2010 eine große Rolle für die Menschenrechte: Die Internetplattform Wikileaks veröffentlichte im Juli 2010 fast 100.000 Dokumente zum Krieg in Afghanistan, drei Monate später noch einmal 40.000 Dokumente zum Irakkrieg. Diese Dokumente bestätigen Menschenrechtsverletzungen, über die zwar zuvor bereits berichtet wurde, die jedoch von der afghanischen Regierung, der US-Regierung und seitens der Nato immer bestritten worden. Wie schon in den vergangenen Jahren kritisierte Amnesty International auch, dass in den Vereinigten Staaten weiterhin die Todesstrafe vollstreckt wird. Im Jahr 2010 wurden 46 Menschen hingerichtet. Außerdem hat US-Präsident Barack Obama seine Zusage, das Militärgefängnis Guantánamo (Bild) binnen eines Jahres schließen zu lassen, nicht eingehalten. Nach wie vor sind dort zahlreiche Menschen ohne Chance auf ein faires Gerichtsverfahren inhaftiert.

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China: Zensur

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(Foto: AFP)

Seit Jahren hindern die chinesischen Behörden Regimegegner, Umweltaktivisten und Journalisten daran, politisch brisante Themen anzusprechen oder darüber zu berichten. Seit 19. Februar 2011 wurden mehr als 100 Aktivisten festgenommen oder unter Arrest gestellt, unter anderem der Künster Ai Weiwei. Mehr als tausend Menschen protestieren - wie hier in Hongkong - und fordern die Freilassung des chinesischen Künstlers. Auch in sozialen Netzwerken wurde zur weltweiten Aktion aufgerufen, für die sofortige Freilassung Ai Weiweis zu demonstrieren.

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Russland: Justizwillkür

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(Foto: dpa)

Auch in Russland wird die Meinungsfreiheit oft nicht respektiert. Hier werden unabhängige Journalisten, Kritiker und Menschenrechtsaktivisten weiterhin schikaniert, bedroht und tätlich angegriffen. Außerdem protestierte Amnesty International im Dezember 2010 gegen die Verurteilung des inhaftierten Kremlkritikers Michail Chodorkowskij. Das Urteil und das gesamte Verfahren zeigten, wie weit Russland von einem Rechtsstaat entfernt sei, erklärte die Menschenrechtsorganisation.

Amnesty International Report 2011

Sudan: Folter und Misshandlung

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(Foto: AP)

In Darfur und im Südsudan leiden Hunderttausende noch immer unter den Auswirkungen des Krieges und fehlender humanitärer Hilfe. Kritiker der Regierung, die ihre Rechte auf freie Meinungsäußerung sowie auf Versammlungsfreiheit wahrnehmen wollen, werden festgenommen, gefoltert oder in anderer Weise misshandelt. Im islamisch geprägten Norden des Landes werden Frauen, junge Mädchen und Männer zum Teil wegen ihrer "Kleidung" oder wegen ihres "Benehmens" festgenommen und öffentlich ausgepeitscht.

Amnesty International Report 2011

Mexiko: Drogenkrieg

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(Foto: dpa)

Kriminelle Banden entführten und töteten im vergangenen Jahr mehr als 11.000 Menschen und nahmen dabei insbesondere Journalisten ins Visier, die über Verbrechen berichtet haben. Die meisten Mordfälle standen in Zusammenhang mit Auseinandersetzungen zwischen Drogenkartellen und anderen kriminellen Banden, berichtet Amnesty International. Bei Demonstrationen, wie hier am 8. Mai in Mexiko-Stadt, haben mehr als 85.000 Menschen gegen den blutigen Drogenkrieg in ihrem Land protestiert. Sie kritisieren die heftige Gewalt der mächtigen Drogenkartelle und den aus ihrer Sicht gescheiterten Anti-Drogen-Einsatz der Armee.

Amnesty International Report 2011

Europa: Flüchtlingspolitik

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(Foto: dpa)

Auch Europa kommt im Menschenrechts-Report 2011 nicht ungeschoren davon. Der Streit um die Verteilung der etwa 30.000 "Bootsflüchtlinge" aus Nordafrika zeige, dass das Verteilungssystem innerhalb der EU nicht funktioniere. Amnesty International kritisiert, dass die verschärften Grenzkontrollen und das Abfangen von Asylsuchenden auf hoher See ohne Überprüfung ihrer Fluchtgründe gegen das internationale Flüchtlingsrecht und die Menschenrechte verstoßen würden. Außerdem appelliert die Menschenrechtsorganisation an die deutsche Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass Flüchtlinge aus Somalia, Eritrea und Äthiopien, die von Libyen nach Ägypten und Tunesien geflohen sind, aufgenommen werden.

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