Verbraucher:Briefe werden langsamer und wohl teurer

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Die Post kommt - doch von Januar an langsamer. Das neue Postgesetz erlaubt es, mehr Briefe später zuzustellen. (Foto: Sebastian Kahnert/picture alliance/dpa)

Die Deutsche Post will sich von Januar an mehr Zeit mit der Zustellung lassen - eine Reform der Bundesregierung macht es möglich. Pikanterweise könnte zum gleichen Zeitpunkt das Porto steigen.

Von Björn Finke, Bonn

Viele Briefe werden von Januar an langsamer zugestellt. Die Bundesregierung ändert gerade das Postgesetz und will die Deutsche Post entlasten. Bisher schreibt der Rechtsakt vor, dass 80 Prozent der Schreiben am nächsten Werktag abgeliefert werden müssen. Das fällt künftig weg. Stattdessen gilt, dass Briefe zu 95 Prozent am dritten und zu 99 Prozent am vierten Tag nach dem Einwurf beim Empfänger ankommen müssen - eine Lizenz zum Trödeln. Am Mittwoch sagte die zuständige Managerin Nikola Hagleitner, das Unternehmen plane die Umstellung auf das gemächlichere System zum 1. Januar 2025. Die Laufzeiten würden dann schrittweise verlängert.

Hagleitner betreut im Vorstand des Post-Mutterkonzerns DHL Group das deutsche Brief- und Paketgeschäft. DHL, der weltweit größte Logistiker mit fast 600 000 Beschäftigten, präsentierte in Bonn seine maue Jahresbilanz. Wegen der schlechten Konjunkturlage sank der Umsatz um 13 Prozent auf 82 Milliarden Euro, unter dem Strich blieb mit 3,7 Milliarden Euro nahezu ein Drittel weniger Gewinn hängen. Trotzdem will das Dax-Unternehmen unverändert 1,85 Euro pro Aktie als Dividende an die Anteilseigner ausschütten. Das sind insgesamt 2,2 Milliarden Euro.

Die Ampelregierung möchte der Post mehr Zeit geben, weil die Briefmengen schrumpfen. Bürger können immer mehr im Internet und per E-Mail erledigen, deshalb ist die Zahl der Briefe im vorigen Jahr um mehr als fünf Prozent gesunken. Der Trend hat sich beschleunigt, vorher hatte das Minus meist nur zwischen zwei und drei Prozent betragen. Die Kosten für das Zustellnetz verteilen sich daher auf immer weniger Sendungen. Die entspannteren Regeln sollen dabei helfen, diese Ausgaben zu verringern. Außerdem kann die Post dann darauf verzichten, Briefe nachts per Flugzeug zu transportieren - dies schadet dem Klima.

Ein weiteres Argument ist, dass Menschen wirklich dringende Nachrichten heutzutage ohnehin meist per E-Mail verschicken. Für jene Briefe, die doch unbedingt am Folgetag ankommen müssen, könnte die Post Premium-Briefmarken einführen, deren Kauf die schnelle Zustellung garantiert. Solche Zwei-Klassen-Modelle gibt es beispielsweise in Großbritannien, Österreich oder der Schweiz.

Die Reform sei "ein klarer Sieg" für DHL

Der Unternehmensberater Rico Back, früher Chef des Paketdienstes GLS sowie der britischen Royal Mail, nennt diese geplante Änderung des Postgesetzes "einen klaren Sieg" für DHL. "Damit spart der Konzern 250 bis 300 Millionen Euro im Jahr", sagte der deutsche Logistikmanager der Süddeutschen Zeitung.

Pikanterweise steht womöglich ausgerechnet im Januar 2025 auch die nächste Portoerhöhung an. Das Unternehmen hatte sogar beantragt, diese Erhöhung auf Anfang 2024 vorzuziehen, wegen gestiegener Energie- und Personalkosten, aber die Bundesnetzagentur lehnte das ab. Bei der bislang letzten Anhebung vor zwei Jahren verteuerte sich der Inlands-Standardbrief von 80 auf 85 Cent. Im europäischen Vergleich ist das immer noch recht günstig.

Für den weltweiten Logistiker DHL ist das deutsche Briefgeschäft freilich gar nicht so wichtig, es liefert weniger als acht der 82 Milliarden Euro Umsatz ab. Fast ein Drittel des Umsatzes stammt aus dem internationalen Expressgeschäft, die Sparte für Luft- und Seefracht und Lkw-Transporte steuert nahezu ein Viertel bei, etwas weniger kommt aus dem Bereich für Lieferketten-Dienstleistungen, etwa den Betrieb von Lagerhäusern.

Frachtflieger von DHL und Rivalen am Flughafen Köln-Bonn: DHL hat 300 eigene Jets. (Foto: Rolf Vennenbernd/picture alliance/dpa)

Das Unternehmen profitiert weiter vom Boom des Onlinehandels, die Zahl der zugestellten Pakete steigt. Doch bei der Express- und Frachtsparte sanken Umsatz und Gewinn im vergangenen Jahr deutlich. Es wurde weniger transportiert, und die Frachtpreise fielen - ein Resultat der gedämpften Konjunkturentwicklung: "Das Jahr 2023 stand im Zeichen einer schwachen Weltwirtschaft und vor allem eines schwachen Welthandels", sagte DHL-Vorstandschef Tobias Meyer.

Der 48-Jährige erwartet, dass die Weltwirtschaft auch 2024 "keine Kracher abliefern" werde. Erst in der zweiten Jahreshälfte könnte die globale Konjunktur und damit die Nachfrage nach den Diensten von DHL an Fahrt aufnehmen. Der Konzern spart deshalb, plant aber keinen Stellenabbau. Bei Rivalen wie Fedex und UPS schrumpfen ebenfalls die Umsätze, UPS streicht sogar 12000 Jobs.

Meyer führt den Bonner Logistiker seit zehn Monaten. Unter seinem Vorgänger Frank Appel erreichte DHL von 2019 bis 2022 viermal in Folge einen Rekord beim Betriebsgewinn vor Zinsen und Steuern. 2022 waren es 8,4 Milliarden Euro - im vergangenen Jahr lag der Wert mit 6,3 Milliarden Euro ein Viertel niedriger. Für das laufende Jahr peilt Meyer sechs bis 6,6 Milliarden Euro an; der Gewinn könnte also erneut fallen. Die Bestmarke von 8,4 Milliarden Euro soll frühestens 2026 übertroffen werden. Dieser Ausblick kam schlecht an: Viele Aktionäre verkauften ihre Papiere, der Kurs sank am Mittwoch um mehr als sechs Prozent.

DHL-Chef Tobias Meyer und sein Vorgänger Frank Appel auf der Hauptversammlung im vergangenen Mai: Appel ging mit Rekordgewinnen. (Foto: Oliver Berg/dpa)

Bei den Rekordgewinnen 2020 bis 2022 profitierte DHL allerdings auch von der Pandemie. Die ließ den Onlinehandel und damit die Menge an Paketen noch schneller wachsen als vorhergesehen. Und dass Fluggesellschaften wegen Covid ihre Passagierjets am Boden ließen, bedeutete, dass dort im Gepäckraum keine Fracht mitgenommen werden konnte. Die Preise für Luftfracht schossen hoch - und DHL kassierte kräftig ab, denn der Konzern hat 300 eigene Flieger.

Meyer übernahm die Führung dagegen, als die Konjunktur schwächer lief und die Preise wieder gefallen waren. Der frühere McKinsey-Berater verwies am Mittwoch darauf, dass Umsatz und Gewinn im vergangenen Jahr trotz widriger Umstände klar über den damaligen Rekordwerten von 2019 lagen, dem letzten Jahr vor der Pandemie.

Ein wichtiges Thema auf dem Logistikmarkt wird in diesem Jahr der Verkauf von Schenker sein. Die Deutsche Bahn will ihre Logistiktochter mit weltweit 70000 Beschäftigten für zwölf bis 15 Milliarden Euro losschlagen. DHL-Chef Meyer sagte allerdings, sein Konzern sei nicht interessiert. Doch Schenker sei ja "ein hübsches Kind, das jemand anderen finden wird".

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