Fernsehen:Pro Sieben Sat 1: Der Showdown ist Ende April

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Heidi Klum moderiert eine der wichtigsten Sendungen von Pro Sieben Sat 1: Germany's Next Topmodel. (Foto: Richard Shotwell/dpa)

Vorstand und Aufsichtsrat sind schockiert über die Zerschlagungspläne des italienischen Großaktionärs. Wie sind die Erfolgsaussichten? Und droht jetzt die Übernahme?

Von Caspar Busse

Überraschung und Ärger waren groß in der Zentrale von Pro Sieben Sat 1. Der Großaktionär aus Italien, Media for Europe (MFE, ehemals Mediaset), hatte am frühen Donnerstag vergangener Woche eine Mitteilung verschickt, die es in sich hatte - und die bei dem Münchner Fernsehsender mit seinen 7200 Mitarbeitenden als eine eindeutige Kampfansage gegen den Vorstand von Pro Sieben Sat 1 unter Bert Habets und gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden Andreas Wiele verstanden wurde.

Es geht um die - neben RTL - größte Privatsender-Gruppe in Deutschland. Chefaufseher Wiele war just einen Tag zuvor auf die Italiener zugegangenen und hatte im SZ-Interview signalisiert, dass man, wie von MFE gefordert, die Veräußerung von Beteiligungen angehen werde. "Sie können davon ausgehen, dass wir in diesem Jahr intensive Verkaufsanstrengungen unternehmen werden", kündigte er an. Die Italiener fordern nun aber, dass die Aktionäre auf der kommenden Hauptversammlung am 30. April über eine Zerschlagung abstimmen sollen. Das ist dann der Showdown.

"Ziel des Beschlussvorschlags ist es, die Trennung der Geschäftsaktivitäten und die Fokussierung auf das Kerngeschäft zu beschleunigen", ließ MFE-Chef Pier Silvio Berlusconi mitteilen, der Sohn des ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, der im Juni 2023 verstorben ist. Zu Pro Sieben Sat 1 gehören neben den Sendern und der Plattform Joyn unter anderem Flaconi, Parship, Billiger-Mietwagen.de, Jochen Schweizer, Mydays oder das Vergleichsportal Verivox.

Die Frage ist, ob der andere Großaktionär die Pläne auch unterstützt

Kommen die Italiener damit durch, würden zwei börsennotierte Unternehmen entstehen. Dafür wäre in der Hauptversammlung eine Mehrheit von 75 Prozent der Stimmen der anwesenden Stimmberechtigten notwendig. MFE verfügt über knapp 30 Prozent der Anteile. Der zweite große Investor, die tschechische Beteiligungsfirma PPF, hält eigenen Angaben zufolge inzwischen mehr als 15 Prozent. "Wir haben den Vorschlag von MFE gesehen und werden ihn studieren", teilte PPF mit. Sollten die Tschechen auch dafür stimmen, kämen die beiden auf zusammen 45 Prozent der Anteile. Unklar ist aber, wie hoch der Anteil an den Stimmrechten am Ende wirklich ist. Sollte die Präsenz, also die anwesenden Aktionärsstimmen, bei der Hauptversammlung bei weniger als 60 Prozent liegen, hätte der Antrag vielleicht Aussicht auf Erfolg.

Er macht Druck: Pier Silvio Berlusconi, Chef von Media for Europe und Sohn des ehemaligen italienischen rechtspopulistischen Politikers Silvio Berlusconi. (Foto: Italy Photo Press/imago images)

Streit gibt es auch um die Besetzung des Aufsichtsrats: PPF stellt sich hier wie MFE gegen die Vorschläge von Chefaufseher Wiele und schlägt Christoph Mainusch, der unter anderem für RTL 2 und RTL Kroatien gearbeitet hat, als unabhängigen Aufsichtsrat von Pro Sieben Sat 1 vor. Auch die Italiener kündigten an, zwei eigene Kandidaten für den Pro-Sieben-Sat-1-Aufsichtsrat zu nominieren. Außerdem solle der frühere Wirtschaftsprüfer und Corporate-Governance-Experte Rolf Nonnenmacher abgewählt und durch einen anderen Wirtschaftsprüfer ersetzt werden, fordert MFE. Nonnenmacher ist stellvertretender Aufsichtsratschef. MFE stellt mit der Deutschland-Statthalterin Katharina Behrends schon eine Aufsichtsrätin. Ein weiterer Aufseher, Thomas Ingelfinger, wird den Italienern zugerechnet. Auch PPF ist bereits mit Klára Brachtlová im Aufsichtsgremium vertreten.

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Interview von Caspar Busse

Bei Pro Sieben Sat 1 wird nun fieberhaft an einer Antwort und an einer Abwehrstrategie gearbeitet. In dieser Woche werden voraussichtlich die Gegenanträge für die Hauptversammlung offiziell veröffentlicht, dann wird Pro Sieben Sat 1 dazu ausführlich Stellung nehmen müssen. Es wird erwartet, dass das Fernsehunternehmen weiter seinen geplanten Weg gehen will: Habets und Finanzvorstand Martin Mildner möchten sich schrittweise und nicht unter Wert von den Digitalbeteiligungen trennen. Diese sind in einer eigenen Holding gebündelt, an der auch der Finanzinvestor General Atlantic beteiligt ist.

Deutlich mehr als die Hälfte des Umsatzes von Pro Sieben Sat 1 entfällt auf das Fernseh- und Streaminggeschäft. Im Konzern wird aber auf die bestehenden Synergieeffekte zwischen beiden Bereichen hingewiesen, so werden auf den Sendern Werbespots für die Digitalmarken ausgestrahlt. Allerdings betonte Wiele im SZ-Interview auch: "Ein Mischkonzern, der in vielen Bereichen tätig ist, hat noch nie funktioniert, vor allem nicht im Mediengeschäft."

Heidi Klum moderiert eine der wichtigsten Sendungen von Pro Sieben Sat 1: Germany's Next Topmodel. (Foto: Richard Shotwell/dpa)

Spekuliert wird, dass MFE nach einer Aufspaltung ein Übernahmeangebot für das Fernsehgeschäft unterbreiten könnte, also für den Bereich, an dem die Italiener eigentlich interessiert sind. Auf die Frage, ob MFE eine solche Offerte plane, signalisierte Firmenchef Berlusconi gegenüber dem Corriere della Sera, dies sei nur möglich, wenn Pro Sieben Sat 1 die nicht zum Kerngeschäft gehörenden Aktivitäten ausgliedere. "Ein Übernahmeangebot, das sich auch auf Firmen erstreckt, über die wir wenig wissen? Und die wenig mit unserem Kerngeschäft zu tun haben?", fragte er rhetorisch.

Der frühere Pro-Sieben-Sat 1-Chef Thomas Ebeling hatte das Digitalgeschäft aufgebaut, um sich unabhängiger von schwankenden Werbeerlösen zu machen. Zunächst wurden auf den Konzernsendern Werbespots geschaltet, im Gegenzug erhielt Pro Sieben Sat 1 Beteiligungen an den Firmen. Dann wurde gezielt hinzugekauft. Pro Sieben Sat 1 gehörte mal zu den 30 wertvollsten Dax-Unternehmen, inzwischen notiert die Aktie im Kleinwerteindex SDax. Die Firma ist insgesamt derzeit nur noch gut 1,4 Milliarden Euro wert.

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