Teams aus Miami im US-Sport:Es geht nur um Sport - noch

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Miami Heats Anführer Jimmy Butler (re.) repräsentiert die Außenseitertruppe vortrefflich. (Foto: Matthew Stockman/USA Today Sports/Reuters)

Miami hat eine historische Chance: Die Titel im amerikanischen Profibasketball und im Eishockey könnten in der Stadt landen. Die beiden republikanischen Präsidentschafts-Kandidaten Ron DeSantis und Donald Trump könnten das für sich nutzen.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Man kann Ron DeSantis, Gouverneur von Florida und mittlerweile Bewerber um die US-Präsidentschaft, viele Dinge vorwerfen, eines aber nicht: mangelhaftes Timing. Am 17. Januar beschloss er, sich mit der NHL anzulegen. Die nordamerikanische Eishockeyliga hatte aufgrund einer Studie, der zufolge knapp 90 Prozent der Spieler und mehr als 83 Prozent der Angestellten weiß sind, die Initiative "Hockey Is For Everyone" gestartet und vor allem People of Color, Frauen (knapp zwei Drittel aller Angestellten sind Männer), LGBTQIA+-Personen und Leute mit Behinderungen aufgefordert, sich auf offene Stellen bei einer Jobbörse in Florida zu bewerben. DeSantis' Logik: Die NHL diskriminiere beim Versuch, unbedingt inklusiv zu sein, eine "derzeit unbeliebte Zielgruppe": weiße Männer.

Das Timing, sagten Strategen der Republikaner damals, sei nicht nur deshalb famos gewesen, weil selbst Linksliberale den Versuch der NHL für fehlgeleitet hielten, aus anderen Gründen als DeSantis freilich - sondern auch, weil es für einen Politiker aus Florida keine Aussicht gab, sich in näherer Zukunft in einem sportlichen Glanz sonnen zu können. Die Footballvereine aus Miami und Tampa Bay waren gerade in den Playoffs gescheitert, der aus Jacksonville folgte vier Tage später.

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Keiner der Basketball- oder Eishockeyvereine war zu diesem Zeitpunkt Titelkandidat, schlimmer noch: Der NHL-Klub Florida Panthers lag außerhalb der Playoff-Plätze, die Miami Heat nur auf einem für Playoffquali-Spiele in der Basketballliga NBA. Die sportliche Stimmung in Florida: mies. Ein perfekter Zeitpunkt, um draufzuhauen. Das hatte DeSantis' Vorbild und mittlerweile Nemesis Donald Trump 2017 auch getan: auf die Footballliga NFL draufhauen, als die Einschaltquoten mies waren.

Fünf Monate später jedoch haben die beiden Vereine aus dem Süden Floridas eine historische Chance: Noch nie in der Geschichte hat eine Stadt die Titelträger in Basketball und Eishockey gleichzeitig beheimatet. Fünf Mal hatten es Klubs einer Stadt in die Finals geschafft: Boston 1957 und 1974, Chicago 1992, New York 1994 und New Jersey 2003. Nun haben die Panthers (gegen die Vegas Golden Knights) und Heat (gegen die Denver Nuggets) die Chance, und sie schreiben als jeweils letztes Team der Playoff-Setzliste eine Wohlfühlgeschichte, die sich politisch wunderbar ausschlachten ließe; für DeSantis und Trump, der im eine Autostunde nördlich von Miami gelegenen Mar-a-Lago wohnt und die Panthers in den 1990ern sogar kaufen wollte.

Zuerst die Panthers: Die schockten die NHL im Sommer mit einem Tauschgeschäft: Sie schickten Urgestein Jonathan Huberdeau und ihren besten Verteidiger, MacKenzie Weegar, zu den Calgary Flames, dafür kam der damals 24 Jahre alte Angreifer Matthew Tkachuk - den sie für 9,5 Millionen Dollar pro Jahr bis 2030 banden. Das ist, als würde der FC Bayern Thomas Müller und Joshua Kimmich tauschen gegen ein zugegebenermaßen großes Sturm-Talent - mit dem Unterschied, dass die Panthers noch nie etwas gewonnen haben.

Und zunächst sah es so aus, als würde sich daran nichts ändern. Doch die Panthers qualifizierten sich gerade noch für die Playoffs - seitdem legen sie einen Lauf hin. Die Figur dabei: Tkachuck mit neun Toren und zwölf Assists in 17 Partien. Im Halbfinale gegen die Carolina Hurricanes erzielte er drei Mal den entscheidenden Treffer, zwei Mal in der Verlängerung. Beim vierten Sieg lieferte er die Vorlage zum Siegtreffer. In der Runde davor, gegen die Boston Bruins, die in der regulären Saison den Rekord für die meisten Siege aufgestellt hatten: Treffer in der Verlängerung von Spiel fünf. Im entscheidenden siebten Spiel gelang ihm die Vorlage zum Siegtor.

Miami Heat schreibt eine ganz andere Geschichte - die besser zu Trump passt

Nun schwärmen alle von diesem Tausch, der den Mut erfordert habe, auch mal geliebte Urgesteine loszuwerden für künftigen Erfolg. Man muss kein Marketing-Genie sein, um darin eine Gelegenheit zu sehen für DeSantis, der bei den Vorwahlen das "Urgestein" Trump besiegen will. Noch hält sich DeSantis zurück; die ersten beiden Partien der Serie finden in Las Vegas statt, die erste gewannen die Golden Knights mit 5:2. Es heißt, dass DeSantis zum ersten Spiel in Miami in die Halle kommen könnte.

Die Basketballer der Heat dagegen erzählen die Geschichte der Totgesagten, die länger leben: Top-Spieler wie LeBron James oder Kevin Durant sind aus dem Titelrennen verschwunden, unter anderem der unterschätzte Jimmy Butler ist noch dabei. Butler, 33, ist einer der wenigen, der kein Jugendstar gewesen ist: Seine Zusage an die Uni Marquette schickte er einst per Fax von einer Mc-Donald's-Filiale aus, ohne je den Campus besucht zu haben; kurz nach der Ankunft wollte er schon wieder aufgeben. Doch er blieb und schaffte es von außerhalb des US-Jugend-Basketball-Systems in die NBA. 2020 führte er Miami in der Covid-Bubble überraschend ins Finale, das gegen die Los Angeles Lakers verloren ging. Nun will er triumphieren.

Donald Trumps Tochter Ivanka hat sich schon sehen lassen in den Playoff-Finals. (Foto: Sam Navarro/USA Today Network/Imago)

Auch in diesem Fall muss man kein Genie sein, um Parallelen zu Trump zu erkennen. Der war bei den US-Wahlen 2020 unterlegen und will nächstes Jahr triumphieren. Bislang war in den Playoffs aber nur Tochter Ivanka am Spielfeldrand zu sehen. Das könnte sich bei den Heimspielen der Heat von Mittwoch an ändern. Die erste Partie in Denver entschieden die Nuggets deutlich für sich, die zweite am Sonntagabend gewann überraschend Miami mit 111:108. Das könnte ein Grund für Trump sein, sich nun persönlich blicken zu lassen, denn wenn der ehemalige US-Präsident für eines bekannt ist, dann dafür, dass er die Nähe zu erfolgreichen Personen oder Klubs sucht, um sich den Glanz irgendwie anzueignen.

Es wäre abseits dieser historischen Chance für die Vereine in Miami überzogen, weitere gesellschaftliche Parallelen zu ziehen - also: das schillernde Vegas oder das liberale Colorado gegen das doch sehr konservative Florida. In den Serien geht es um Sport. Noch. Die NHL nahm damals jedenfalls ihre Aufforderung zur Job-Bewerbung nach der Kritik von DeSantis zurück.

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