Wolfsburg schlägt Bayern 6:0:Klatsche im Titelkampf

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Da war das Spitzenspiel im Prinzip schon vorbei: Tabea Waßmuth jubelt nach dem zwischenzeitlichen 3:0 für den VfL Wolfsburg gegen den FC Bayern. (Foto: Swen Pförtner/dpa)

Die Fußballerinnen des VfL Wolfsburg überrennen den FC Bayern mit 6:0 - womit die Liga wohl entschieden ist. Den Münchnerinnen fehlt nach zwei intensiven und von Corona geprägten Wochen die Kraft zum Widerstand.

Von Anna Dreher, Wolfsburg/München

War das die Entscheidung, in diesem Spiel - und in der deutschen Meisterschaft? 39 Minuten waren vorbei, im Versuch, den FC Bayern voranzutreiben, schoss die Münchner Innenverteidigerin Glódís Viggósdóttir den Ball energisch aus dem Torraum, blöderweise direkt auf Wolfsburgs Lena Oberdorf. Die gab ihn gedankenschnell weiter. Und dann hatte Bayerns Torhüterin Janina Leitzig keine Chance. Tabea Waßmuth, von keiner bewacht, weil sich alle schon in die andere Richtung orientiert hatten, traf mühelos zum 3:0 für den VfL. Die Szene stand exemplarisch für die Dominanz auf der einen und glücklose Mühen auf der anderen Seite. Eine Halbzeit später stand fest: Dem FC Bayern war keine Befreiung mehr gelungen, Wolfsburg gewann überraschend deutlich und verdient 6:0 (3:0).

"Das war ein Spiegelbild der vergangenen Wochen, auch von der Art und Weise, wie die Mädels das auf die Platte bringen", sagte VfL-Trainer Tommy Stroot. "Heute war unsere Top-Performance. Wir waren genau zum richtigen Zeitpunkt da." Bayerns Coach Jens Scheuer befand wenige Minuten nach Spielschluss: "Uns haben viele individuelle Fehler das Spiel gekostet."

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Von Anna Dreher

Der Tag hatte für den FC Bayern schon mit einer schlechten Nachricht begonnen. Sydney Lohmann war am Morgen positiv auf Corona getestet worden. Ausgerechnet jene Fußballerin, die zuletzt mit so viel Dynamik aufgefallen war. Das Virus hatte es dem Team bereits zuvor erschwert, herausfordernde Aufgaben erfolgreich zu bewältigen. Gleich sieben Spielerinnen mussten sich zuletzt isolieren. Sarah Zadrazil, Jovana Damnjanovic und Viggósdóttir kehrten immerhin aus der Quarantäne in die Startaufstellung am Sonntag zurück.

Doch das reichte nicht aus, um eine Vorentscheidung in der Meisterschaft zu verhindern. Nur ein Punkt trennte Tabellenführer Wolfsburg und Titelverteidiger Bayern vor dem Anpfiff. Das Hinspiel im November hatte der VfL 1:0 gewonnen, die bessere Bilanz erarbeiteten sich im weiteren Saisonverlauf dann die Münchnerinnen: Kein Team hatte vor diesem 19. Spieltag mehr Tore geschossen (66) und so wenige kassiert (12) wie sie. Angesichts eines leichteren Restprogramms dürfte sich der VfL den neuen Vorsprung von vier Zählern kaum mehr nehmen lassen. Der FC Bayern muss auf einen Patzer hoffen - dass die Wahrscheinlichkeit dafür äußerst gering ist, hatte Scheuer schon zuvor klar gemacht: Er sprach von einem "Endspiel". Wie deutlich dieses nun ausgefallen ist, dürfte jedoch auch ihn erstaunt haben.

Diese Begegnung bildet für beide Teams den Abschluss zweier ereignisreicher Wochen

Die Wolfsburgerinnen begannen höchst konzentriert und engagiert. In der 8. Minute dribbelte Svenja Huth in den Strafraum, Giulia Gwinn begleitete sie mehr, als dass sie sich ihr in den Weg stellte. Huth zog ab. Es war der erste gefährliche Abschluss - und direkt ein Treffer. Die Bayern bemühten sich um den Ausgleich, waren auf den letzten Metern aber entweder nicht entschlossen genug oder wurden entscheidend gestört und hatten wiederum Probleme, die Angriffe des VfL souverän zu verteidigen. Es war dann Joelle Wedemeyer, die per Kopf zum 2:0 traf (33. Minute).

Den Münchnerinnen war mit zunehmender Spieldauer anzumerken, dass sie zuletzt mehr Kraft gelassen hatten als ihre Gegnerinnen. Es gelang ihnen nicht, die Spielkontrolle zu erlangen, im Gegenteil, mit jeder Minute wuchs die Dominanz der Wolfsburgerinnen. "Wolfsburg war brutal effektiv", sagte Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg während der Pause im NDR: "Die Bayern-Leistung ist natürlich erklärbar. Ihnen fehlt körperlich und mental die Frische. Das ist sehr unglücklich für die Bayern."

Enttäuschte Münchnerinnen: Bayern-Trainer Jens Scheuer tröstet Karolina Vilhjalmsdottir nach der Klatsche gegen Wolfsburg. (Foto: Martin Rose/Getty Images)

Diese Begegnung bildete für beide Teams den Abschluss zweier ereignisreicher Wochen. In der Champions League hatte Wolfsburg gegen Arsenal das Halbfinale erreicht, während der FC Bayern - mit nur zwei Feldspielerinnen auf der Bank - knapp gegen Paris Saint-Germain ausschied. Teil von Erfolgsgeschichten waren beide. Zum Hinspiel in der Allianz Arena waren 13 000 Zuschauer gekommen, ein neuer Heimspiel-Rekord. Auch der VfL zog für die Königsklasse um in die Volkswagen Arena und stellte eine Bestmarke von 11 293 Zuschauern auf. Und unabhängig davon zeigten sich die Fußballerinnen beider Klubs begeistert davon, dass der FC Barcelona gegen Real Madrid mit 91 553 Zuschauern einen neuen Weltrekord aufstellte, der große Aufmerksamkeit erzeugte.

Nun, im Alltag, sahen 3037 Zuschauer im AOK-Stadion, wie die Wolfsburgerinnen nach der Pause weitermachten, wo sie zuvor aufgehört hatten. Bayern wechselte überraschend die erst 18-jährige Cecilía Rán Rúnarsdóttir im Tor ein. Die Isländerin gab ihr Bundesligadebüt und war - wie zuvor Leitzig - permanent gefordert. In der 77. Minute blieb sie chancenlos, als ihre Mitspielerinnen nach einer Ecke Alexandra Popp sträflich unbewacht ließen, die per Kopf das 4:0 erzielte. Wieder nach einer Ecke boxte Rúnarsdóttir den Ball Oberdorf zum 5:0 in die Füße (82.) und zuletzt durfte sich, erneut nach einer Ecke, auch noch Ewa Pajor (90.+1) in die Liste der Torschützinnen eintragen. Standards hatten den FC Bayern schon gegen Paris das Weiterkommen in der Champions League gekostet.

"Am Ende hört sich 6:0 sehr deutlich an, aber das mussten wir uns auch hart erarbeiten", sagte Huth. "Wir hatten nicht mit so einem Ergebnis gerechnet, aber das ist der Lohn für die harte Arbeit." Die Rivalität zwischen dem VfL Wolfsburg und dem FC Bayern wird während der bevorstehenden Länderspielpause mit WM-Qualifikationsspielen der DFB-Frauen gegen Portugal (9. April, 16.10 Uhr, ARD) und auswärts gegen Serbien (12. April, 16 Uhr, ZDF) für ein paar Tage ruhen. Aber schon unmittelbar danach steht am Ostersonntag das nächste Wiedersehen an. Diesmal im Halbfinale des DFB-Pokals.

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