FC Bayern
Uli Hoeneß hatte sich das wahrscheinlich anders vorgestellt. Womöglich hatte er sogar vor, am Donnerstag daheim am Tegernsee den Fernseher einzuschalten und sich köstlich zu amüsieren. "Früher haben wir über diesen Deadline Day gelacht!", das hatte er jedenfalls gesagt, nachdem im vergangenen Sommer besagter letzter Tag der Transferperiode beim FC Bayern zu einem Durcheinander Day geraten war, an dem der Wechsel des Mittelfeldspielers Joao Palhinha vom FC Fulham an die Säbener Straße im letzten Moment scheiterte, obwohl der Portugiese schon im Münchner Klinikum Barmherzige Brüder zur Untersuchung erschienen war. Hoeneß formulierte daraufhin die Vorgabe: "Von Ausnahmefällen abgesehen, sollten wir in Zukunft am letzten Transfertag nicht mehr mitten im Geschehen sein."
Aber wie es halt manchmal so ist: Am letzten Tag dieser Wintertransferperiode war der FC Bayern wieder mitten im Geschehen. Es kam nicht nur von AIK Solna der erst 16 Jahre alte, aber bereits 1,96 Meter große schwedische Mittelstürmer Jonah Kusi-Asare, der zunächst für den Bayern-Nachwuchs eingeplant ist. Es wechselte auch schon ein halbes Jahr früher als geplant der 1,64 Meter kleine Bryan Zaragoza, 22, vom FC Granada nach München. Wie es sich für die TV-Transfershows (Hoeneß: "Ein Käfig voller Narren") gehört, war alles gut dokumentiert: die Landung des Spaniers auf dem Sonderflughafen in Oberpfaffenhofen sowie seine Ankunft an der Säbener Straße in einem selbstverständlich roten Sportwagen.
FC Bayern verpflichtet Flügelspieler:Ein Running Fix für Tuchel
Der FC Bayern holt sich Verstärkung für eine Position, auf der die Not am kleinsten ist: Flügelflitzer Bryan Zaragoza kommt im Sommer 2024 aus Granada. Erstmals trägt ein Transfer zu 100 Prozent die Handschrift von Sportdirektor Freund.
Der Grund, warum Ehrenpräsident Hoeneß und der Aufsichtsrat keine entscheidenden Einwände gegen das hektische Treiben gehabt haben dürften, war die Verletzung von Kingsley Coman am vergangenen Wochenende in Augsburg. Hatte der Kader bis dahin vor allem in der Defensive Ergänzungen gebraucht, weshalb Innenverteidiger Eric Dier und Rechtsverteidiger Sacha Boey nach München wechselten, war nun plötzlich genauso im Ressort Angriff die Not groß, zumal auch Nationalspieler Serge Gnabry weiterhin ausfällt. Da passte es hervorragend, dass Sportdirektor Christoph Freund bereits im vergangenen Dezember - damals eher überraschend - die Verpflichtung des flinken Flügelangreifers Zaragoza vom FC Granada für den kommenden Sommer organisiert hatte, die sich nun mit ein paar weiteren Verhandlungsrunden in den Winter vorziehen ließ. Zu den damals kolportierten 13 Millionen Euro Ablöse kommen angeblich noch mal etwa vier Millionen hinzu.
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Am Nachmittag bestätigte der FC Bayern den Transfer. Zaragozas Vertrag, der an eine Leihe bis zum Saisonende anschließt, läuft bis zum 30. Juni 2029. "Im Fußball muss man immer flexibel sein, und so haben wir aufgrund der aktuellen Situation noch einmal reagiert", sagte Freund. Was der Österreicher grundsätzlich über den Spanier zu sagen hatte, stand praktischerweise schon im Archiv auf der Bayern-Webseite: "Bryan Zaragoza ist ein antrittsstarker, sehr schneller und extrem wendiger Flügelspieler, der auf beiden Seiten einsetzbar ist. Er ist unberechenbar, torgefährlich und sehr gut in Eins-gegen-eins-Situationen." Statt im Abstiegskampf in Spaniens erster Liga muss er das jetzt bloß etwas schneller als gedacht auf Champions-League-Niveau hinbekommen.
VfB Stuttgart
Mitten im Deadline-Day-Geschehen war auch der VfB Stuttgart, allerdings nur zum Teil freiwillig: Seit Mittwoch fehlt einer der stärksten Mannschaften der Saison ein Stammspieler auf einer der wichtigsten Positionen: Innenverteidiger Dan-Axel Zagadou zog sich im Training eine Außenbandverletzung und einen Anriss des Kreuzbands im rechten Knie zu und fällt für die restliche Saison aus.
Theoretisch wäre noch ein Tag Zeit gewesen, um Ersatz zu beschaffen, doch das planten die Verantwortlichen offenbar nicht. Sportdirektor Fabian Wohlgemuth sagte: "Bei allem Schock wird das bei uns aber zu noch größerer Geschlossenheit und zu einer Reaktion führen." Am Donnerstag hatte die Mannschaft beim Training Zagadous Trikot für ein Foto dabei. Einer der Spieler, die das Trikot hielten, war Mahmoud Dahoud. Und das war der erfreulichere Teil des Transfertages für den VfB.
Der frühere deutsche Nationalspieler Dahoud kehrt für ein halbes Jahr zur Leihe von Brighton & Hove Albion zurück in die Bundesliga. In der Premier League hat der 28-Jährige seit seinem Wechsel von Borussia Dortmund im Sommer 2023 zwar nur sechsmal von Anfang an gespielt, aber unter Roberto de Zerbi trainiert - jenem in der Branche viel bewunderten Coach, den VfB-Trainer Sebastian Hoeneß als einflussreich auf seine taktischen Ideen beschreibt, und bei dem er im vergangenen Frühjahr noch im Training hospitierte. Den Gegner im Spielaufbau geduldig anlocken, die entstehenden Lücken schnell und präzise ausspielen, das soll Dahoud auch beim VfB machen. Neben Deniz Undav ist er schon der zweite Stuttgarter, der vorher in Brighton spielte.
Eintracht Frankfurt
Im Sommer war es ein Frankfurter Stürmer, der im letzten Moment nach Paris wechselte, nun wechselt ein Pariser Stürmer im letzten Moment nach Frankfurt. Sportvorstand Markus Krösche hätte sich den "Tausch" bestimmt auch in einem Transferfenster vorstellen können, aber nun ist Kolo Muani bei Paris Saint-Germain und Hugo Ekitike bei den Hessen. Der 21-Jährige wird bis Ende der Saison ausgeliehen, die Kaufoption der Eintracht soll laut Sky bei 30 Millionen Euro liegen.
FSV Mainz 05
14 Tore hat der Tabellen-Vorletzte Mainz 05 in dieser Saison bislang geschossen. Nur der Drittletzte, der 1. FC Köln (12 Treffer), ist noch harmloser vor dem gegnerischen Tor. Während die Kölner den mit Sicherheit langweiligsten letzten Wechselperiodentag ihrer Vereinsgeschichte erlebten, weil sie bekanntlich von der Fifa mit einer Transfersperre belegt worden sind, war in Mainz richtig was los: Der FSV verpflichtete den ehemaligen deutschen Nationalspieler Nadiem Amiri, 27, von Tabellenführer Bayer Leverkusen und - zur Leihe für ein halbes Jahr - den ehemaligen U21-Nationalspieler Jessic Ngankam, 23, von Eintracht Frankfurt. Amiri ist offensiver Mittelfeldspieler, Ngankam Stürmer. Dass sie in dieser Saison bislang beide noch kein Bundesligator geschossen haben, soll sich nun aus Mainzer Sicht schnell ändern.