FC Bayern:Zwei Impfungen vor der Sprechstunde

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In neun Champions-League-Spielen in Serie hat er nun getroffen. Doch beim FC Bayern stehen derzeit andere Dinge im Vordergrund als Traumtore von Robert Lewandowski (Mitte). (Foto: Efrem Lukatsky/dpa)

Der FC Bayern freut sich in Kiew über die Nachricht, dass Serge Gnabry und Jamal Musiala geimpft wurden, Joshua Kimmich will sich ihnen offenbar bald anschließen. Vor der Jahreshauptversammlung bleiben trotzdem viele kontroverse Themen.

Von Sebastian Fischer, Kiew

Lange gefeiert haben sie nicht, die Fußballer des FC Bayern, als sie nach getaner Arbeit noch vor der Fankurve standen. Sie hatten 2:1 gewonnen, ungeschlagen und vorzeitig neben dem Weiterkommen auch noch den Gruppensieg in der Champions-League-Vorrunde gesichert. Doch es war nicht das allergemütlichste Ambiente in Kiew, hinter ihnen türmte sich auf der blauen Tartanbahn noch der vom Rasen geräumte Schnee. Ein kurzes "Olé, FC Bayern" sangen die Fans, dann verabschiedeten sich die Spieler. Man sieht sich ja schon sehr bald in offiziellem Rahmen wieder. Und dann gibt es nicht nur angenehme Themen zu besprechen.

Wenig später am Abend, in den Katakomben des Olimpijskyi-Stadions, die diesen Namen tatsächlich verdienen, weil man sich in ihnen geradezu verirren kann, hat auch Julian Nagelsmann über dieses Wiedersehen gesprochen: die Jahreshauptversammlung des FC Bayern am Donnerstag. Der Trainer saß in einem turnhallengroßen Raum bei der Pressekonferenz und sagte, es sei immer ein schönes Erlebnis, den Mitgliedern gegenüberzutreten: "Ich habe jetzt keine Angst oder mega Respekt davor."

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Dass es allerdings ein Thema gibt, das er gerade gar nicht mag, dafür war sein Auftritt in Kiew trotz guter Laune der nächste Beleg. Eine Wortmeldung gab es am Ende noch. Und Nagelsmann fragte nach dem Thema, bevor er eine Antwort ablehnte, lachte und aufstand, ohne die Frage anzuhören: "Corona? Dann gehen wir!"

Nagelsmann wollte die Impfungen von Gnabry und Musiala noch nicht bestätigen

Die vierte Welle der Pandemie, die fehlenden Impfungen von mehreren Profis und demzufolge Quarantänemaßnahmen, dieser Komplex beschäftigt den deutschen Rekordmeister nun schon seit Wochen. Am Dienstag gab es erstmals erfreuliche Nachrichten in der Sache aus Sicht des Vereins: Wie während des Spiels zunächst der kicker berichtete, haben sich Serge Gnabry und Jamal Musiala erstmals impfen lassen. Und was die verbliebenden drei Ungeimpften im Bayern-Kader angeht - Joshua Kimmich, Eric Maxim Choupo-Moting und Michael Cuisance - gab es am Mittwoch die nächsten Nachrichten.

Zunächst vermeldete der FC Bayern, dass Choupo-Moting nun positiv getestet wurde. Dem Stürmer, 32, gehe es "den Umständen entsprechend gut", teilte der FC Bayern am Mittwoch mit. Er muss sich nun weiter häuslich isolieren. Doch als das gerade die Freude über die Nachrichten vom Dienstag in den Hintergrund zu rücken drohte, meldete sich Bundestrainer Hansi Flick bei einem DFB-Termin in Frankfurt zu Wort: Er habe mit Kimmich gesprochen, sagte Flick: "Ich denke, dass es in die Richtung geht, dass er sich impfen lässt. Es war ein sehr gutes Gespräch, ich sehe eine Tendenz."

Die Impfungen von Gnabry und Musiala hatte Nagelsmann in Kiew noch nicht bestätigt, aber doch so darüber gesprochen, dass kein Zweifel blieb: "Wenn das der Fall sein sollte, freue ich mich drüber, weil es ein erster Schritt ist. Bei Serge wäre es gut, weil er schon genesen ist und deshalb vollständigen Impfschutz hätte, bei Jamal würde es noch etwas dauern."

Während Kimmichs inzwischen berühmte Zweifel wegen fehlender sogenannter Langzeitstudien vielfach und vielmals widerlegt wurden, war das Warten auf die Impfung bei Gnabry und Musiala offenbar plausibler zu begründen. Gnabry infizierte sich im April mit dem Virus und galt deshalb sechs Monate lang als genesen. Musiala ist erst 18 und damit nicht viel älter als die Gruppe der Zwölf- bis 17-Jährigen, für die es von der Ständigen Impfkommission (Stiko) erst seit August eine Impfempfehlung gibt. Und einen geeigneten Impftermin im eng getakteten Fußballterminkalender zu finden, ist wohl gar nicht so einfach. Am Mittwoch versuchte Bundestrainer Flick auch Kimmich zu verteidigen: Es sei falsch, Kimmich "an den Pranger zu stellen" - dies lenke davon ab, dass in Deutschland "vieles besser laufen müsste".

Gehören nun wohl zum geimpften Teil der Bevölkerung: Jamal Musiala (links) und Serge Gnabry. (Foto: Christof Stache/AFP)

Für den FC Bayern ist das Problem deshalb nun noch nicht gelöst. Gnabry gilt nach Genesung und Impfung zwar unmittelbar als vollständig geimpft. Aber Choupo-Moting kann sich nun vorerst nicht impfen lassen. Und die übrigen drei haben wohl mindestens bis zur Winterpause, in der im Fall von Musiala angeblich die zweite Impfung erfolgen soll, noch keinen vollständigen Schutz vor dem Virus. Und außerdem ist die Sorge vor quarantänebedingten Ausfällen in wichtigen Spielen - wie etwa gegen Borussia Dortmund am übernächsten Wochenende - gegenwärtig nur eines von ein paar nicht ganz unproblematischen Themen im Klub.

"Das sind zu viele Dinge, die nach außen getragen werden", sagt Trainer Nagelsmann

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Es gehört auch zur ganzen Geschichte, dass die von Nagelsmann am Dienstag abgewehrte Corona-Frage von der Bild kam - jener Zeitung also, in der zunächst die Meldung über Kimmichs fehlende Impfung stand und am Sonntag dann auch die Meldung über Gehaltskürzungen für die ungeimpften Profis während ihrer Quarantäne. Zumindest letztere Information musste man so lesen, als sei sie direkt aus dem Verein gekommen - "aus dem Mannschaftskreis" lautete die breit interpretierbare Formulierung.

Dass Themen nach außen dringen, ist wahrlich nichts Einzigartiges in der Historie des FC Bayern. Auch in der turbulenten vergangenen Saison war das der Fall. Unter anderem wurde ein Streit zwischen Sportvorstand Hasan Salihamidzic und Trainer Flick im Mannschaftsbus publik. Die Runde endete bekanntlich mit dem Zerwürfnis der beiden und der Trennung von Flick. Man wolle eine "1a-reine Kommunikation im Klub" haben, sagte Salihamidzic dann zum Start dieser Saison.

Nagelsmann sagte noch in München vor der Partie in Kiew zu diesem Thema: "Das sind zu viele Dinge, die nach außen getragen werden." Das gefährde seiner Meinung nach zwar nicht den sportlichen Erfolg: "Aber es wäre schön, wenn es etwas verschlossener wäre. Es ist Teil des Business, aber nicht der schöne Teil des Business." Eher nicht ganz 1a-Kommunikation also.

Lewandowski liefert das nächste Argument für seine Wahl zum Weltfußballer

Über Sportfachliches hat der Trainer übrigens auch gesprochen in Kiew. Das Spiel der ersatzgeschwächten Münchner Elf hatte zwar ein paar kuriose Fehler auf rutschigem Rasen und einige Ausgleichschancen für die Gastgeber gegen Ende geboten. Aber eben auch ein Traumtor von Robert Lewandowski per Fallrückzieher zum 1:0; in neun Champions-League-Spielen in Serie hat er nun getroffen - das nächste Argument für seine nächste Wahl zum Weltfußballer. Und Nagelsmann hatte auch wenigstens in ein paar Szenen ein besseres Verteidigungsverhalten "auf der ballfernen Seite" gesehen. Dies - knapp erklärt eine fehlende Aktivität der gesamten Mannschaft bei der Konterverhinderung - hatte er jüngst bei der 1:2-Niederlage beim FC Augsburg explizit bemängelt.

Ob die Mitglieder Julian Nagelsmann am Donnerstag den Gefallen tun, sich vor allem mit Beiträgen über das ballferne Verteidigen zu Wort zu melden, darf bezweifelt werden. Es dürfte auch um die Pandemie gehen, das zeigen schon die Maßnahmen: Voraussichtlich 25 Prozent des Fassungsvermögens der Basketballarena des FC Bayern dürfen ausgelastet werden. Und ein großes Thema könnte das umstrittene Sponsoring durch Qatar Airways werden, das der Rechtsreferendar Michael Ott mit einem Antrag in Zukunft verhindern will. Bislang hat der FC Bayern den Antrag nicht angenommen.

Eine Beschwerde, den Antrag zuzulassen, liegt beim Landgericht. Der FC Bayern habe bis Mittwoch Gelegenheit, sich dazu zu äußern, teilte eine Gerichtssprecherin mit. Eine Entscheidung solle rechtzeitig vor der Versammlung getroffen werden.

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