FC Bayern in der Champions League:Stoff für Thekendebatten

Lesezeit: 3 min

Verstärkung vom Zeugwart? Ohne acht gesperrte oder in Quarantäne befindliche Stammspieler muss der FC Bayern in Kiew antreten. Dass die Münchner um Leroy Sané (im Bild beim Abschlusstraining) an deren Stelle ein paar Plastikkameraden aufs Feld schieben, dürfte trotzdem auszuschließen sein. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Sportlich birgt das Champions-League-Spiel des FC Bayern bei Dynamo Kiew nicht die größte Herausforderung - die Münchner sind bereits für das Achtelfinale qualifiziert. Aber wie sehr beschäftigt die Mannschaft die Diskussion um fünf ungeimpfte Profis?

Von Sebastian Fischer, Kiew

Es gab in dieser Saison bereits nachvollziehbare Gründe für den FC Bayern, seinen Nationalspieler Leroy Sané vor unangenehmen Fragen zu schützen. Am zweiten Spieltag wurde er nach einer schwachen Leistung von ein paar Fans der Münchner ausgepfiffen, einige Wochen später wurde er nach einem starken Spiel von den meisten Anhängern bejubelt. Von seiner Form bis zu seiner Lieblingsposition wurde alles durchdiskutiert.

Inzwischen ist Sané, 25, in München und der Nationalelf als von links in die Mitte ziehender Flügelspieler wieder eine stabile Spitzenkraft. Und als er am Montagmittag aus Anlass des Champions-League-Spiels der Bayern bei Dynamo Kiew auf dem Pressepodium an der Säbener Straße saß, war er noch aus einem anderen Grund ein geeigneter Gesprächspartner für das Thema der Stunde: Sané wirbt als Testimonial für Bayerns Gesundheitsministerium fürs Impfen.

MeinungCorona im Spitzensport
:Der Fußball kann es selbst lösen

Wenn der Fußball wirklich will, dass alle Spieler geimpft sind, bieten sich ihm entsprechende Möglichkeiten - nicht nur Gehaltskürzungen wie bei Joshua Kimmich.

Kommentar von Johannes Aumüller

"Ich bin einer, der dafür steht", sagte er also darauf angesprochen, ob er auch in der Kabine Überzeugungsarbeit zu leisten versuche. Und auch wenn er jede Entscheidung respektiere: "Ich will, dass sie mit uns im Kader sind, auf dem Platz helfen können, es sind wichtige Spieler für uns, wir wollen sie gerne dabeihaben, das steht außer Frage." Sie, damit waren in dem Fall vor allem Joshua Kimmich und Serge Gnabry, aber auch Jamal Musiala, Eric Maxim Choupo-Moting und Michael Cuisance gemeint, die in Kiew alle fehlen, weil sie ungeimpft sind.

Der Trip des FC Bayern in die Ukraine ist keine ganz angenehme Europapokalreise, was eher weniger an der sportlichen Herausforderung liegt: Der deutsche Meister ist schon sicher eine Runde weiter, das Hinspiel endete mit einem 5:0-Sieg, ein Unentschieden würde gar schon den Gruppensieg einen Spieltag vor Ende der Vorrunde sichern. Doch die Partie steht aus Münchner Sicht im Zeichen von sieben Ausfällen wegen Corona-Quarantänen. Neben den Erwähnten, die wegen ihrer fehlenden Impfung als Kontaktpersonen einer mit Corona infizierten Person aus dem direkten Umfeld der Mannschaft gelten, fehlen auch die trotz Impfung positiv getesteten Niklas Süle (trotz Freitestung am Montag) und Josip Stanisic.

Nach dem 1:2 in Augsburg war Nagelsmann "den ersten Tag als Bayern-Trainer richtig sauer"

Trainer Julian Nagelsmann war schon am vergangenen Donnerstag genervt von der Thematik gewesen, noch vor dem 1:2 am Freitag in Augsburg und vor der Bekanntgabe der vielen Ausfälle am Sonntag. Schon als nur Kimmich, Stanisic und Süle gefehlt hatten, beklagte er in der Pressekonferenz: "Keiner fragt etwas zu Augsburg, wir reden nur über die Pandemie." Die anschließende Niederlage, bereits die zweite der Saison und die zweite gegen ein Team aus der unteren Tabellenhälfte, hatte Nagelsmann mit der Unruhe durch sportferne Themen und Kimmichs Fehlen zwar nicht begründen wollen. Seine Laune hatte sich durch das Ergebnis verständlicherweise trotzdem noch mal verschlechtert. Er sei "den ersten Tag als Bayern-Trainer richtig sauer", sagte er am Freitag. Am Samstag setzte er eine außerplanmäßige Videoanalyse an.

Am Montag wirkte Nagelsmann schon wieder etwas besser gelaunt. "Es ist nicht so, dass wir mit einer Thekentruppe anreisen", sagte er über die ersatzgeschwächte Mannschaft. Er erklärte zum wiederholten Mal, was er sich im Gegensatz zur Leistung in Augsburg unter geschlossenem Verteidigen vorstellt, nämlich schon im eigenen Ballbesitz das "Was wäre, wenn?" mitzudenken, einen möglichen Ballverlust. In Augsburg waren die Bayern zwei Mal nach ähnlichem Muster ausgekontert worden, seiner Analyse zufolge, weil die Spieler auf der sogenannten "ballfernen Seite" nicht auf einen Konter vorbereitet waren. Doch abseits vom taktischen Verbesserungspotenzial sprach Nagelsmann natürlich auch wieder über Corona.

Ob das Thema die Mannschaft beschäftigt, zumal nach dem Bekanntwerden von Gehaltskürzungen für Ungeimpfte in Quarantäne? Ob in der Kabine über fehlende Impfungen gesprochen wird - und wie sie den Erfolg gefährden können? Das war bislang nur Gegenstand von Spekulationen, wenn auch sehr plausiblen. Nun sagte Nagelsmann, es werde "kontrovers" diskutiert. Er glaube aber nicht, dass die Mannschaft daran zerbreche. Und er sagte: "Wir dürfen nicht den Fehler machen, die Themen drumherum auf das Sportliche zu projizieren."

Allerdings betraf das Drumherum das Sportliche ja schon in Augsburg: Auf der Sechserposition, wo Kimmich fehlte, spielte neben Leon Goretzka Sommerzugang Marcel Sabitzer. Der Österreicher bot eine enttäuschende Leistung, verlor unter anderem vor dem 0:2 den Ball und fiel kaum mit gewinnbringenden Pässen auf. Nun sagte Nagelsmann: "So grottenschlecht, wie überall geschrieben wird, war er nicht."

Sabitzer dürfte in Kiew dem Vernehmen wegen Achillessehnen- und Wadenproblemen nach wohl eher nicht noch mal die Gelegenheit bekommen, sein erstes wirklich überzeugendes Spiel für die Bayern seit seinem Wechsel von RB Leipzig zu machen; Corentin Tolisso wäre die andere Alternative. In der Abwehr könnte Tanguy Nianzou eine weitere Chance zur Bewährung bekommen, Dayot Upamecano fehlt gelbgesperrt.

Leroy Sané stand bislang in jedem Champions-League-Spiel seit dem Sommer in der Startelf. Er sprach auch über seine persönliche Entwicklung in München. "Ich musste ja irgendwann mal wieder zeigen, dass ich Fußball spielen kann", sagte er. Es sollte wahrscheinlich bewusst ein bisschen einfacher klingen, als es war.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusCorona beim FC Bayern
:Der Impfstatus coacht mit

Zweite Liga-Niederlage, sieben Spieler in Corona-Quarantäne: Der FC Bayern wird derart wuchtig von der vierten Welle der Pandemie getroffen, dass sich die fehlenden Impfungen des Personals stark aufs Tagesgeschäft auswirken - und der Klub reagiert.

Von Sebastian Fischer

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: