Außenseiter bei der Basketball-WM:Kleine Länder, große Herzen

Lesezeit: 2 min

Edy Tavares (Mitte) und seine Kollegen von den Kapverdischen Inseln sind nicht unbedingt das, was man bei einer WM im Basketball erwarten würde - aber auch sie hatten ihren Moment. (Foto: Issei Kato/Reuters)

Das Teilnehmerfeld bei der WM mag verwundern, doch gibt es Gründe, warum Nationen wie Südsudan oder die Kapverden mitspielen. Der Weltverband schaut derweil in andere Regionen.

Von Jonas Beckenkamp

Vielleicht erinnert sich noch jemand an Manute Bol, den baumlangen Basketballer aus einem Land, das heute Südsudan heißt. 2,31 Meter lang, Schuhgröße sechzehneinhalb, spindeldürre Beine und Arme, in den 1980ern und 1990ern Jahren ein NBA-Profi, der leider viel zu früh an Nierenversagen verstarb.

Auf Fotos wirkte Bol manchmal fast doppelt so groß wie seine Gegenspieler - ein sanfter, zerbrechlicher Riese unter Muskelmännern. Aber bei einer Weltmeisterschaft sah man ihn nie spielen. Auch nicht Luol Deng, einen anderen Südsudanesen, der als Basketballer unter anderem bei den Chicago Bulls zu Weltruhm kam.

Manute Bol spielte in der NBA unter anderem für die Golden State Warriors, er starb 2010. (Foto: Usa Today/Imago)

Deng, 38, ist heute Präsident des südsudanesischen Basketballverbandes, und in dieser Funktion hat er kurz vor der laufenden WM eine eindrückliche Geschichte erzählt: Er sei sich ziemlich sicher, dass es in seinem von Bürgerkrieg und Konflikten gebeutelten Land keine einzige Basketball-Halle gebe - es gebe nicht mal ein Feld mit den korrekten Ausmaßen des Weltverbandes Fiba.

Und trotzdem ist Südsudan nun erstmals WM-Teilnehmer, nachdem die Auswahl in der Afrika-Qualifikation von zwölf Spielen elf gewonnen hatte. Es ist ein kleines Basketballwunder, das der jüngste Staat der Welt (Südsudan ist erst seit 2011 unabhängig) vollbrachte. Der Umstand, dass es im Volk der Dinka womöglich sehr viele talentierte, hoch aufgeschossene Athleten gibt, reicht als Teil der Erklärung nicht aus. Auch Bol und Deng (2,06 Meter), der das WM-Projekt mit Nachwuchscamps in seiner Heimat nachhaltig gefördert hat, gehören der größten ethnischen Gruppe des Landes an.

SZ PlusFranz und Moritz Wagner im Gespräch
:"Das macht er schon gut, der Kollege"

Zwei Spieler aus Berlin, die das deutsche Nationalteam erobern: Die Wagner-Brüder sprechen im Zuge der WM über den Basketball-IQ, einen Gänsehautmoment und die Debatte um Maxi Kleber.

Interview von Jonas Beckenkamp

Zum zweiten Mal wird das Turnier mit 32 Teams ausgetragen, und für manche Nationen wird es nun zur großen Bühne - auch wenn längst nicht alle vollends konkurrenzfähig sind. Jordanien oder Libanon etwa kassierten wie Iran und die Elfenbeinküste hohe Niederlagen in der Vorrunde. Im Feld der eher seltenen WM-Gäste sind neben Südsudan noch die Kapverden (das bevölkerungsärmste Teilnehmerland jemals), Venezuela oder die Dominikanische Republik zu nennen. Wobei die Dominikaner ohnehin kaum zu den sogenannten Außenseitern zu zählen sind: Sie zogen nun mit drei Siegen in die Zwischenrunde ein (und warfen bei der vorigen WM sogar Deutschland aus dem Turnier).

Und auch bei weitgehend unbekannten kapverdischen Basketballern herrschte nach dem 85:79 gegen Venezuela im zweiten Gruppenspiel Glückseligkeit. "Mir fehlen die Worte", sagte Flügelspieler Will Tavares, der sich nach seinem 20-Punkte-Auftritt "wie in einem Traum" fühlte. "Wir sind das kleinste Land hier, aber wir haben das größte Herz." Und mit Real-Madrid-Profi Edy Tavares (2,21 Meter) den längsten Centerspieler des Tableaus.

Möglich gemacht hat den kurzzeitigen Wirbel der kleinen Basketball-Nationen auch der Weltverband Fiba, der längst die finanziellen Möglichkeiten und die Zuschauergunst in noch nicht gänzlich erschlossenen Regionen im Blick hat. Das Spiel soll weltumspannend werden, vor allem Asien gilt als mächtiger Markt mit Millionen Fans aus China oder von den basketballverrückten Philippinen. Deshalb wird kräftig expandiert.

Die WM 2027 findet in Katar statt

Zum neuen Präsidenten wählte der Fiba-Kongress erst kürzlich den katarischen Scheich Saud Ali al-Thani, sein Antrittsversprechen lautete: "Basketball ist ein globaler Sport, und das ist unsere größte Stärke." Logisch, dass die WM 2027 in Katar und damit erneut in Asien stattfindet, so wie bereits die WM 2019 in China und auch das aktuelle Turnier, das in Indonesien, Philippinen und Japan ausgetragen wird. Die Tatsache, dass zwischen den Spielorten teils bis zu zehn Flugstunden liegen und Co-Gastgeber Indonesien nicht einmal eine WM-Mannschaft hat, scheint da nachrangig zu sein.

Hauptsache, größer und mehr - so will die Fiba die Welt mit Basketball missionieren. Es passte ins Konzept, dass die Veranstalter nahe Manila zum Auftakt einen Zuschauerrekord bei Weltmeisterschaften auf die Beine stellten: Die Vorrundenpartie der Filipinos gegen die Dominikanische Republik sahen am vergangenen Freitag 38 115 Besucher. Am Verpassen der Hauptrunde der Philippinen (sowie Japans und Chinas) änderte das freilich nichts.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusDirk Nowitzki in der Hall of Fame
:Ein Ehrenplatz in der Ruhmeshalle

Dirk Nowitzki wird in die Basketball-Hall-of-Fame aufgenommen. Typisch für ihn: Er lobt in diesem Moment nicht sich selbst, sondern andere. Über einen, der vor allem auch als Mensch seinen Sport geprägt hat.

Von Jürgen Schmieder

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: