Entscheidung der Unesco:Augsburger Wassersystem zählt zum Weltkulturerbe

Auch der Bergbau im Erzgebirge erhält den Titel. Eine weitere Bewerbung, an der Deutschland beteiligt ist, geht hingegen vorerst leer aus.

Von Katja Schnitzler

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Rathaus Augsburg

Quelle: dpa/dpaweb

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Ausgezeichnetes Augsburg

Die Unesco hat das Wassermanagement-System in Augsburg als Weltkulturerbe anerkannt. Das Komitee nahm das historische Wassersystem, das einst von den Römern gegründet wurde, am Samstag auf seiner Sitzung in Aserbaidschan in die Liste schützenswerten Erbes der Welt auf.

Das Augsburger Wassermanagement-System

Zugegeben, beim Titel des Augsburger Antrags muss man gegen Sekundenschlaf kämpfen. Bis man weiß, was dahintersteckt: Architektur, Kanäle und Brunnen, die das Lebensgefühl in der Stadt prägen, und das seit Jahrhunderten. Noch dazu hat das Wasser dazu beigetragen, Augsburg reich zu machen.

Die Römer waren so klug, die Siedlung am Zusammenfluss von Lech und Wertach zu bauen. Seit dieser Zeit profitieren die Einwohner von der Kraft des Wassers, mit immer ausgefeilteren Technologien.

Unesco entscheidet über Welterbe - Augsburger Wassersysteme

Quelle: dpa

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Das Wasser wurde aber nicht nur genutzt, sondern auch in Szene gesetzt: Nirgendwo sonst gibt es drei bronzene Prachtbrunnen wie den Herkules-, Merkur- und Augustusbrunnen so nah beeinander und öffentlich zugänglich im Stadtzentrum. Augsburg war eine der ersten deutschen Städte, die Ideen der italienischen Renaissance übernahm und stolz im Stadtbild zur Schau stellte.

Unesco entscheidet über Welterbe - Augsburger Wassersysteme

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Wo die vielen Kanäle heute vor allem Schau- und Erholungswert haben, waren sie bis vor nicht allzu langer Zeit essentiell für die Industrie: Das Wasser trieb Getreidemühlen und Hammerschmieden an, drehte Wasserräder, Turbinen und später Wasserkraftwerke.

Unesco entscheidet über Welterbe - Augsburger Wassersysteme

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Flöße fuhren auf den Wasserwegen, Stämme trieben zur weiteren Verwertung flussabwärts, Müll wurde auch gleich fortgeschwemmt, die Gerber, Färber und Papiermacher konnten an den Kanälen ihrem Handwerk nachgehen. Und die Kanäle kühlten beim "Stadtmetzg"-Gebäude, das Elias Holl 1609 errichtete, das Fleisch.

Im Bild: Am Schwallech dreht sich ein Wasserrad.

Unesco entscheidet über Welterbe - Augsburger Wassersysteme

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Wen es jetzt beim Gedanken an das Trinkwasser für die Bevölkerung schüttelt: Dieses stammte aus Waldquellen und wurde vom Nutzwasser getrennt geleitet (hier lesen Sie noch mehr über das Augsburger Wassersystem). Damit es überhaupt in das höher gelegene Stadtviertel kam, wurden Pumpstationen erbaut - sie funktionierten natürlich mit Wasserkraft, etwa am Roten Tor. Für all diese technischen Meisterleistungen, die immer wieder auf den Stand der Technik gebracht wurden, erhält Augsburg nun den Welterbe-Titel; im Antrag führt es 22 Objekte aus etwa 800 Jahren Geschichte an. Das neueste ist der Eiskanal, der eigens für die Olympischen Spiele 1972 gebaut wurde.

Hier finden Sie den Augsburger Antrag auf Englisch.

14-DE Travaux de liquidation de l''argent et du cuivre à Grünthal ; Unesco Antrag Welterbe Deutschland Erzgebirge Grünthal Bergbau Montanregion Erzgebirge

Quelle: J.Kugler/Unesco

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Ebenfalls dabei: das Erzgebirge

Die Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří (gemeinsamer Antrag mit der Tschechischen Republik)

Der Goldrausch in den USA ist legendär, der Silberrausch im Erzgebirge weniger - dabei war er nicht minder heftig: Im Mittelalter entdeckte man, dass die Bewohner auf einem Silberschatz lebten. Dies änderte das Leben im Erzgebirge, doch nur für die wenigsten wirklich zum Guten: Während die meisten in Stollen schufteten und früher starben als nötig, während das Holz der Buchenwälder (die durch schnell wachsende Fichten ersetzt wurden) in Schmelzöfen zu Asche zerfiel, profitierten meist nur Landeigner und Stollenbesitzer, die an der richten Stelle graben ließen, wirklich von dem neuen Reichtum.

Nicht nur die Grabungen, auch Abraumhalden veränderten die Landschaften. Doch genau diese Historie macht die Erzbauregion in Sachsen und Tschechien unverwechselbar, sind sich die Antragsteller sicher. Diese hatten das Dokument auf Empfehlung des Weltdenkmalrats Icomos im Jahr 2014 zurückzogen und nochmals überarbeitet. Nun tragen 17 Denkmäler, Kultur- und Naturlandschaften auf sächsischer sowie fünf auf tschechischer Seite gemeinsam den Unesco-Titel.

Wie im 16. Jahrhundert das Silber aus Kupfererz gelöst wurde - nämlich durch sogenanntes Saigern, das Herauslösen mit Blei aus dem geschmolzenen Erz - sieht man in der Saigerhütte Grünthal (im Bild): Heute eine Schauanlage, damals bereits eine selbstständige Gemeinde mit eigener Gerichtsbarkeit.

Montanregion Erzgebirge

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Der Erfindungsreichtum bei der Gewinnung und Verarbeitung der Metalle war enorm - unter anderem zu bewundern im historischen Hammerwerk "Frohnauer Hammer" in Annaberg-Buchholz. Dieses älteste Schmiedemuseum Deutschlands (seit 1910) war im Mittelalter noch eine Getreidemühle, die im Silberrausch 1621 aber zum Hammerwerk umgebaut wurde. Noch bis 1904 wurden hier Werkzeuge für den Bergbau und die Landwirtschaft gefertigt.

Im Jahr 2014 erhielt das Werk eine neue Hammerwelle, die neun Meter lang ist und aus einem 270 Jahre alten und mehr als zehn Tonnen schweren Eichenstamm gefertigt wurde. Die sich drehende, achteckige Hammerwelle drückt die riesigen "Holzgriffe" der Hämmer (links im Bild) nach unten, die Hammerköpfe heben sich - und fallen wuchtig hinunter, sobald eine der acht Kanten der Welle weiterdreht.

Die Unesco-Kommission war vom Ideenreichtum der Silberschürfer und Handwerker im Erzgebirge überzeugt, deshalb zählt nun auch der "Frohnauer Hammer" zum Welterbe der Menschheit.

Unesco Welterbestätten in Deutschland Karte Ausschnitt

Quelle: SZ

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Alle 46 Welterbestätten in Deutschland finden Sie hier auf der interaktiven Übersichtskarte - von der bayerischen Wieskirche bis zum Nationalpark Jasmund auf Rügen.

Unesco Welterbe Donaulimes Kastell Eining Modell

Quelle: Dede2/gemeinfrei

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Der Limes geht vorerst leer aus

Die Grenzen des Römischen Reiches: der Donau-Limes (westlicher Abschnitt, gemeinsamer Antrag mit Österreich, der Slowakei und Ungarn)

Die Römer waren ja nicht nur in Feldzügen lange Zeit kluge Strategen, sie wussten auch, ihre eroberten Gebiete zu verteidigen und zu nutzen. So war der Limes nicht überall ein Grenzwall wie der steinerne Hadrianswall, noch wurden auf jedem Kilometer Palisaden aufgestellt und Gräben ausgehoben. Oft dienten nur Wachtürme, Kastelle und Lager dazu, vor allem den Handel zu gewährleisten - und Zölle auf die Waren einzutreiben.

Der Antrag, den Deutschland, Österreich, die Slowakei und Ungarn gemeinsam gestellt hatten, scheiterte, weil ihn Ungarn kurzfristig verändert hatte. Die ungarische Regierung will einen Teil des Limes in Budapest vom Welterbe-Status ausgenommen wissen, hieß es. Das Welterbekomitee vertagte daher die Entscheidung, sie könnte nun im nächsten Jahr fallen. Der ungarische Delegierte sagte bei der Sitzung in Baku, dass jede Regierung das Recht auf Änderung habe. Er bedauere, dass die anderen Staaten die Leidtragenden seien.

Im Bild: Modell des Kastells Eining bzw. Abusina im archäologischen Museum der Stadt Kelheim

Unesco entscheidet über Welterbe - Donaulimes

Quelle: dpa

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Dann könnte es 2020 doch noch etwas werden mit dem Titel für den Donau-Limes. Da die Römer ihr Weltreich nicht auf Dummheit errichteten, ließen sie sich natürliche Gelegenheiten wie den breiten Fluss für ihre Grenzziehung nicht entgehen. Für diesen westlichen Abschnitt des Donau-Limes hatten vier Länder gemeinsam einen Welterbe-Titel beantragt. In Bayern führt er von Eining bei Kelheim nach Regensburg und Straubing bis nach Passau. Der Obergermanisch-Raetische Limes, der sich von Eining aus in die andere Richtung bis nach Bad Hönningen am Rhein zieht, trägt bereits wie der Hadrianswall in Großbritannien den Unesco-Titel.

Im Bild: Mühlhamer Schleife der Donau

© SZ.de/edi, kit
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