Unesco-Titel für Augsburg:Wasser für die Welt

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Auch das Wasserwerk am Hochablass gehört zum Weltkulturerbe.

(Foto: Ruth Plössel)

Augsburgs historisches System bringt Bayern den achten Welterbe-Titel. Der Donaulimes scheitert.

Von Florian Fuchs, Augsburg

Am Ende fiel die Entscheidung innerhalb von ein paar Minuten: Um 15.13 Uhr hatte die Unesco-Kommission bei ihrer Tagung in Baku, Aserbaidschan, das Augsburger Wassermanagement-System als Bewerber für den Welterbe-Titel aufgerufen, um 15.24 Uhr war alles erledigt. Augsburg hat nun die achte Welterbestätte Bayerns, und eigentlich hätte am Samstag mit dem Donaulimes noch eine neunte hinzukommen sollen: Den gemeinsamen Antrag mit Ungarn, Österreich und der Slowakei stellte die Kommission wegen eines kurzfristigen Änderungsantrags aus Budapest jedoch zurück.

"Wasser ist der genetische Code unserer Stadt, der das Leben zwischen Lech und Wertach seit nun mehr als zweitausend Jahren prägt. Wasser ist ein Thema, mit dem jeder etwas anfangen kann", sagte der Augsburger Welterbe-Koordinator Ulrich Müllegger in Baku. Der seit Jahrhunderten nachhaltige Umgang mit der Ressource, die in vielen Regionen der Welt knapp ist, war ein entscheidender Grund dafür, warum es bei der Unesco kaum Diskussionen gab, das Augsburger Wassermanagement-System auszuzeichnen. Augsburgs Umgang mit Wasser, speziell mit Trinkwasser, da waren sich Bewerber und Kommission einig, könne beispielgebend sein. "Noch lange bevor die Medizin belegen konnte, wie wichtig Hygiene für unsere Gesundheit ist, gab es in Augsburg seit 1545 eine strikte Trennung von Brauch- und Trinkwasser", sagte Maria Böhmer, Präsidentin der Deutschen Unesco-Kommission.

Das Wassersystem der Stadt wird in historischen Schriften erstmals 1276 erwähnt. Siebzig Jahre später entstand die erste Stauanlage der Stadt, das Stauwehr am Hochablass. Es ist dokumentiert, dass das Wasserwerk am Roten Tor das älteste bestehende Bauwerk dieser Art in Deutschlands ist, wahrscheinlich sogar in Mitteleuropa. Ab 1416 versorgte es die Menschen in der Stadt mit Trinkwasser aus den Bächen des Stadtwaldes.

Mit einer zu jener Zeit äußerst fortschrittlichen Hydraulik-Methode pumpten Ingenieure das Wasser in Wassertürme und leiteten es von dort aus weiter. Diese Kunst der Wasserhebung brachten Augsburger Konstrukteure später auch in anderen Städten zum Einsatz, etwa in Wien, Brüssel und München. Die Trennung von Trink- und Brauchwasser war 1545 wohl weltweit einmalig. Auch das Wasserwerk am Hochablass, 1879 gebaut, galt als Vorbild und Ursprung der heutigen, modernen Wasserversorgung.

Das Wasser aus Lech und Wertach machten Augsburg reich. "Ihre gesamte wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung hat Augsburg dem Wasser beider Flüsse wie auch den reichlichen Trinkwasservorkommen im Stadtwald zu verdanken", sagte Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) nach der Entscheidung. Der Welterbe-Titel soll Augsburg nun natürlich auch etwas reicher machen, das Label lässt sich gut vermarkten. "Unesco-Welterbestätten sind touristische Schwergewichte", sagte Tourismuschef Götz Beck. Die Stadt will einen Wasserladen einrichten, für Informationen über die verschiedenen Welterbe-Stationen. Der Titel ist aber auch Pflicht, die Unesco verlangt, dass die ausgezeichneten Denkmäler besonders geschützt werden müssen. Augsburg bereitet nun die Sanierung des Kastenturms am Roten Tor vor.

Welterbe-Antrag zum Donaulimes droht überraschend zu scheitern

Das Römerkastell Abusina an der Donau bei Eining schied aus.

(Foto: dpa)

Das Wassermanagement-System umfasst 22 Stationen in und um Augsburg herum, darunter 190 Kilometer Lechkanäle sowie drei Prachtbrunnen in der Innenstadt und den Eiskanal, 1972 für die Olympischen Spiele als erste künstlich angelegte Wildwasserstrecke der Welt gebaut. Eine "systemische Bewerbung" mit mehreren Stationen und "einer Mischung aus Technikgeschichte und Kunsthistorik", wie es Kulturreferent Thomas Weitzel vor seiner Abreise nach Baku ausgedrückt hatte, steht für eine neue Kultur bei der Ernennung von Welterbestätten.

Wo früher einzelne Bauwerke ausgezeichnet wurden, werden heute immer mehr Bewerbungen von Regionen und Ensembles eingereicht und in die Liste aufgenommen. Wie die Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří. Die einst größte Silbererzquelle Europas erhielt als länderübergreifender Antrag der Bundesrepublik und der Tschechischen Republik am Wochenende ebenfalls den Welterbe-Titel. Deutschland hat damit 46 Welterbestätten, weltweit gibt es mehr als 1100. In Bayern zählen neben Augsburg bislang die Residenz Würzburg, die Wieskirche, die Altstadt von Bamberg, der Obergermanisch-Rätische Limes, die Altstadt von Regensburg, die prähistorischen Pfahlbauten rund um die Alpen und das Markgräfliche Opernhaus in Bayreuth dazu.

Ob auch der sogenannte Donaulimes einmal zu dieser Liste gehören wird, ist unklar. Er erstreckt sich in Bayern von Bad Gögging im Landkreis Kelheim über Regensburg und Straubing bis nach Passau und führt dann weiter über Österreich und die Slowakei bis nach Ungarn. Der Weltdenkmalrat hatte die Bewerbung im Vorfeld positiv bewertet. Die Chancen für eine Eintragung standen gut. Kurz vor der Sitzung des Komitees hatte Ungarn allerdings ein Teilstück der Stätte im Norden Budapests, den Statthalterpalast in der archäologisch erhaltenen römischen Stadt Aquincum, aus der Nominierung gestrichen.

Eine solch kurzfristige Änderung ist unüblich, Bewerbungen dürfen eigentlich nicht mehr verändert werden. Das Komitee vertagte daraufhin die Entscheidung. Die Länder müssen den Antrag überarbeiten. "Dieser Verlauf ist ausgesprochen schade", kritisierte Bayerns Kunstminister Bernd Sibler (CSU) Ungarns Verhalten. Man müsse nun mit den Partnern in Ungarn, Österreich und der Slowakei sowie den Gutachtern analysieren, wie man darauf konstruktiv reagieren könne, um dann einen neuen Anlauf zu starten.

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