Bundesregierung:Wie die Bundesregierung mehr Wohnraum schaffen will

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In Deutschland wird zu wenig gebaut. 14 Vorschläge, wie sich das ändern kann, stellt die Bundesregierung an diesem Montag vor. (Foto: Frank Hoermann/Sven Simon /Imago)

Zum Gipfel an diesem Montag legt die Bundesregierung ein 14-Punkte-Papier vor. Günstigerer Wohnraum, schnelleres Bauen, einfachere Planung, das sind die Kernpunkte. Was im Einzelnen im Beschlusspapier steht.

Von Julia Hippert

Die Bundesregierung bezeichnet die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum als "eine der drängendsten sozialen Fragen unserer Zeit." Um die Krise am Wohnungsmarkt in den Griff zu bekommen, präsentiert sie nun ein Papier mit 14 Lösungsvorschlägen, das an diesem Montag auf dem Wohnbaugipfel im Kanzleramt diskutiert werden soll. Das Papier liegt der SZ vor.

Am im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Ziel - 400 000 neue Wohnungen pro Jahr, davon 100 000 Sozialwohnungen - will Bauministerin Klara Geywitz (SPD) unbedingt festhalten, obwohl Fachleute es als zunehmend unrealistisch ansehen. Um doch noch irgendwie an die 400 000 heranzukommen, schlägt die Ampel folgende Maßnahmen vor:

Neuer Effizienzstandard wird nicht verbindlich

Eigentlich wollte die Bundesregierung noch in dieser Legislaturperiode die für Neubauten geforderten Energieeffizienzstandards verschärfen. Davon sieht sie nun ab. Geplant war ursprünglich, den Energieeffizienzstandard EH 40 einzuführen. Häuser, die nach diesem Standard gebaut sind, brauchen nur 40 Prozent der Primärenergie im Vergleich zu einem Haus, das gerade noch den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Stattdessen soll es weiterhin beim Standard EH 55 belieben. Nach diesem, ebenfalls recht energieeffizienten, aber etwas weniger strengen Standard wurden bis Ende Januar 2022 die meisten Neubauten in Deutschland errichtet und auch staatlich gefördert. Sanierungen um einen Energieeffizienzstandart EH 55 zu erreichen werden weiterhin unterstützt.

Dass die Bundesregierung jetzt nicht mehr auf die Pflicht zu EH 40, sondern nur noch auf EH 55 setzt, begründet sie mit drei Argumenten. Erstens sollen Bauvorhaben für Bauträger nicht noch zusätzlich verteuert werden. Zweitens arbeitet auch die EU an neuen Energieeffizienzvorgaben, daher, so Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne), sei eine zusätzliche Regelung auf nationaler Ebene nicht nötig. Und drittens sei durch andere Maßnahmen sichergestellt, dass der Klimaschutz in Gebäuden vorankomme. Die Ampelregierung führt hier das neue Heizungsgesetz an. Damit will sie am 1. Januar 2024 den Einbau neuer, klimafreundlicher Heizungen bezuschussen.

Hauseigentümer sollen in diesem Fall - abhängig von der Höhe ihres Einkommens - 30 bis 75 Prozent der Sanierungskosten erstattet bekommen. Die bisherigen Sanierungssätze von 15 Prozent als Zuschuss und 20 Prozent als steuerliche Abschreibung sollen jeweils auf 30 Prozent angehoben werden, heißt es in dem Papier.

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Vor dem Gipfel rückt der Wirtschaftsminister von geplanten Klimaschutzvorgaben ab. Zudem sollen mehr Familien zinsgünstige Baukredite bekommen.

Bessere Kreditbedingungen für Familien

Weil die Bauzinsen kräftig gestiegen sind und die Hausfinanzierung gerade für Familien zunehmend unerschwinglich wird, will die Bundesregierung Entlastung schaffen. Das Förderprogramm "Wohneigentum für Familien", das es über die öffentlich-rechtliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) schon bisher gibt, wird dafür besser ausgestattet. So sollen die Kredithöchstbeträge um 30 000 Euro steigen. Außerdem soll die Grenze des zu versteuernden Einkommens von 60 000 Euro im Jahr auf 90 000 Euro im Jahr angehoben werden. So können noch mehr Familien das Programm in Anspruch nehmen.

Ebenfalls über das KfW-Förderprogramm laufen soll die Initiative "Jung kauft Alt". Darüber sollen in den kommenden beiden Jahren Anreize geschaffen werden für den Kauf von sanierungsbedürftigen Bestandsgebäuden, die dann energieeffizient umgebaut werden.

Von der Gewerbe- zur Wohnimmobile

Seit der Corona-Pandemie stehen viele Gewerbeimmobilien in innenstädtischer Bestlage leer. Hier sieht die Bundesregierung Potenzial für 235 000 neue Wohneinheiten. Eine Umwidmung von Büros und Ladengeschäften wäre zudem kosten- und ressourcensparender als Neubauten zu errichten. Deshalb will die Bundesregierung in den kommenden zwei Jahren ein zusätzliches KfW-Förderprogramm in Höhe von 480 Millionen Euro auflegen. Mit den Mitteln soll "der klimafreundliche Umbau gefördert und Leerstand beseitigt werden".

Geringere Grunderwerbsteuer

Damit mehr Menschen selbst in ihrer gekauften Immobilie wohnen können, schlägt die Bundesregierung eine "flexiblere Gestaltung" der Grunderwerbsteuer vor, etwa durch höhere Freibeträge. Die Idee: Die Nebenkosten beim Hauskauf reduzieren, die sich leicht auf Zehntausende Euro summieren können. Der Haken: Nicht die Bundesregierung bestimmt Ausgestaltung und Höhe der Grunderwerbsteuer, sondern die Länder. Und die lehnen die vorgeschlagenen Änderungen bisher mehrheitlich ab.

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Einfachere Planungs- und Genehmigungsverfahren

Die Planung und Genehmigung von Bauvorhaben dauert viel zu lange, da sind sich fast alle Fachleute einig. Auch die Bundesregierung sieht hier einen wichtigen Hebel. Daher befassen sich gleich fünf der im Papier aufgeführten 14 Punkte mit einer Erleichterung oder Vereinfachung von Planungs- und Genehmigungsverfahren.

Das Ziel: Gerade in Städten und Kommunen mit angespannten Wohnungsmärkten soll bezahlbarer Wohnraum schneller als bisher geschaffen werden können. Eine wichtige Aufgabe fällt dabei den Bundesländern zu: Sie beabsichtigen, ihre Landesbauordnungen zu modernisieren. Künftig sollen "Spielräume für innovative Planung" eröffnet und ein "Abweichen von kostenintensiven Standards" einfacher möglich sein. Die Änderungen sollen sicherstellen, dass "vereinfachtes Bauen rechtssicher gelingen kann".

Eine Rolle spielt auch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), die Grundstücke und Gebäude verwaltet, die dem Bund gehören. Ihr soll auch künftig die Möglichkeit eingeräumt werden, eigene Grundstücke vergünstigt für den sozialen Wohnungsbau abzugeben. Das konnte sie zwar auch bisher, allerdings war die entsprechende Ausnahmeregelung bis Ende 2024 befristet. Nun soll sie um weitere fünf Jahre verlängert werden.

Weitere Maßnahmen

Die Bundesregierung plant die leichte Abschreibung von Immobilieninvestitionen. Jährlich sechs Prozent sollen die Bauherren steuerlich geltend machen können. Dabei gibt es zwei Bedingungen: Das Gebäude muss "Wohnzwecken dienen" wie es in dem Papier heißt. Und der Baubeginn muss zwischen dem 30. September 2023 und dem 1. Oktober 2029 liegen.

Außerdem will der Bund den Ländern bis 2027 mehr als 15 Milliarden Euro für den Bau günstiger Sozialwohnungen zur Verfügung stellen. Zusammen mit den Mitteln der Länder stünden so etwa 45 Milliarden Euro zur Verfügung.

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