Wenn dieser Deal nun wie geplant über die Bühne geht, dann dürfen bald fünf amerikanische Staatsbürger Iran verlassen und fünf Iraner die USA. Dann darf Iran sechs Milliarden Dollar aus Ölgeschäften von Banken entgegennehmen, die im Falle einer Zahlung bisher von US-Sanktionen betroffenen gewesen wären. Dann hätten sich Washington und Teheran zumindest in dieser Sache geeinigt.
Ein Gefangenenaustausch zwischen den beiden Ländern hatte sich spätestens angebahnt, seit jene fünf US-Iraner im August aus dem berüchtigten Gefängnis Evin in Hausarrest überführt worden waren. Natürlich werde man nicht ruhen, ehe sie alle zurück in den Vereinigten Staaten seien, sagte eine Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates damals, vor gut vier Wochen. Jetzt scheint es in Kürze so weit zu sein.
Öffentlich wird die Rochade kaum zufällig vor der UN-Generalversammlung kommende Woche in New York, an der auch die Präsidenten Joe Biden und Ebrahim Raisi teilnehmen werden. Der zerstrittene US-Kongress erfuhr am Montag davon, die Reaktionen sind naturgemäß geteilt. Für Michael McCaul aus Texas, den führenden Republikaner im Auswärtigen Ausschuss des Repräsentantenhauses, schafft das Manöver "einen direkten Anreiz für Amerikas Gegner, zukünftige Geiselnahmen durchzuführen". Besonders ungeheuerlich sei der Zeitpunkt vor dem 16. September, dem Jahrestag des Todes der 22 Jahre alten Jina Mahsa Amini, die im Gewahrsam der iranischen Sittenpolizei starb, gefolgt von einer Protestwelle im Land.
Die USA wollen, dass Iran die Milliarden nur nutzt, um die Krise im Land abzufedern
Auch in Europa wird gerade wieder über Irans Geiseldiplomatie diskutiert - gerade wurde öffentlich, dass Teheran den schwedischen EU-Beamten Johan Floderus seit eineinhalb Jahren gefangen hält. Den nun öffentlich gewordenen US-Deal mit Iran nennt der republikanische Senator Tom Cotton aus Arkansas "Lösegeld an den schlimmsten staatlichen Sponsor des Terrorismus der Welt". Auf X schrieb er: "Beschämend." Das US-Außenministerium verweist darauf, dass die Summe für Iran unter strengen Bedingungen freigegeben werde und der Zugriff auf die entsprechenden katarischen Konten eingeschränkt sei.
Außenminister Antony Blinken hat die Ausnahmeregelung am Freitag unterzeichnet. "Es ist seit Langem die Politik der USA, sicherzustellen, dass unsere Sanktionen nicht verhindern, dass Lebensmittel, Medikamente und andere humanitäre Güter und Dienstleistungen zu den Menschen fließen, egal wie verwerflich ihre Regierungen sind", heißt es in einer Erklärung des State Department. Das Geld soll die iranische Staatsführung demnach nur dafür verwenden, um die Krise im Land abzufedern.
Eingefroren worden waren diese iranischen Einnahmen 2019 in Südkorea, während der Amtszeit von Donald Trump. Seine Regierung hatte Seoul 2018 erst erlaubt, Öl aus Iran zu beziehen, ehe die Trump-Administration die Regeln verschärfen ließ. Auch unter Biden blieb das Verhältnis der zwei Staaten bisher schlecht, geprägt von gegenseitigem Misstrauen. Versuche, das von Trump 2015 aufgekündigte Atomabkommen aus der Ära von Barack Obama wiederzubeleben, sind vorläufig gescheitert.
Das US-Außenministerium sagt, der Deal bedeute kein Ende der Sanktionen
Zuletzt hatte die Kritik an Iran wegen der Lieferung von Drohnen an Russland noch zugenommen. Man müsse "den Menschenrechtsverletzungen des iranischen Regimes, seinen destabilisierenden Aktionen im Ausland, seiner Unterstützung des Terrorismus und seiner Unterstützung des russischen Krieges gegen die Ukraine entgegentreten", wird das State Department in mehreren US-Medien zitiert. Es handle sich um kein Ende der Sanktionen.
Dennoch haben sich die USA und Iran in der Causa der Häftlinge offenkundig verständigt. Blinken informierte den Kongress in einem Brief, dass die Überweisung des Geldes "die Beteiligung von Finanzinstituten aus Deutschland, Irland, Katar, der Republik Korea und der Schweiz" erfordere. Direkte Gespräche hatte die iranische Führung mehrfach abgelehnt, laut Washington Post war Katar entscheidend an der Annäherung beteiligt. Auch die Schweiz, Oman, die Vereinigten Arabischen Emirate und der Irak sollen geholfen haben.
Die Betroffenen US-Bürger verbrachten teilweise Jahre in Zellen, nach Urteilen wegen Spionage und der Zusammenarbeit mit einem feindlichen Staat. Der Geschäftsmann Siamak Namazi, 51, beispielsweise stammt aus einer Familie, die Iran nach der islamischen Revolution 1979 verlassen hatte. Aus seinem Wohnort Dubai flog er 2015 in sein Geburtsland, um Verwandte zu besuchen, und wurde verhaftet. Acht Jahre später geht wohl auch seine Leidenszeit zu Ende.